Samstag, 20. März 2010

Griechenland: Γιώργος Αλκαίος (Giorgos Alkaios) – Ώπα! (Opa!)


Griechenland stieß im legendären ABBA-Jahr 1974 zur Eurovision mit einem harmlosen Schlagerchen, der von Wein, Weib und Gesang aus weiblicher Sicht handelte. Weniger harmlos war hingegen damals das Verhältnis zur Türkei, deren Erscheinen die Griechen gleich im Jahr darauf aussetzen und wiederum ein Jahr später mit einem hochpolitischen Lied (das in der englischen Version auch noch höchst eindeutig „Der Tod Zyperns“ benannt wurde) wiederkehren ließ, das wiederum die Türken aus dem Bewerb trieb.
Heutzutage ist das Verhältnis zwischen beiden Ländern weitaus entspannter, und dennoch treiben die Griechen mit ihren Beiträgen gerne mal jemanden hinaus. Zwar nicht andere Länder aus dem Wettbewerb, aber doch Zuschauer aus dem Raum, weil sie in der Regel gar so grauslig singen. Schaltet man aber den Ton ab, ist es ganz unterhaltsam zuzusehen, wie sich der Grieche nicht nur musikalisch, sondern vor allem körperlich verrenkt um des Erfolges willen.
Zumindest das fällt heuer weg: Der gerade mal 38jährige Giorgos Alkaios gebärdet sich auf der Bühne so quirlig wie ein Jørgen Olsen ohne Gitarre. Daß auch er nicht singen kann, fällt nicht weiter ins Gewicht, denn das sind wir schließlich von den Griechen gewohnt. Ungewohnt ist jedoch, daß er es dieses Mal auf Griechisch tut, wovon die Hellenen schon seit 2002 abließen. Und gerade der Text läßt mich einmal mehr fordern, daß alle Fernsehsender Übersetzungen des gerade Gesungenen einblenden (oder zumindest via Videotext anbieten) müßten, wie es auch Finnen und Esten tun. Angenehmer Nebeneffekt: Man sähe auch gleich, was für einen Stuß heuer die meisten Ex-Sowjets und die Polen in ihren Liedern mit dem Bauklötzchen-Englisch verzapfen.
Alkaios ist übrigens auch für einen großen Hit der Gruppe Antique (wir erinnern uns: Griechenland beim ESC 2001) verantwortlich, der da „Ώπα Ώπα“ (Opa, Opa) hieß, und was wäre angesichts der aktuellen finanziellen Situation seines Landes passender, als eine Sparversion mit nur noch einem „Ώπα!“ (Heißa! Juchhe! Oder in LML-Diktion: Verdammte Scheiße!) zu erstellen? Die genau so klingt, wie so ziemlich alle griechischen Beiträge seit 2004, weil man dann kostengünstiger komponieren kann? Und dazu dann die „Choreographie“ von Michalis Rakintzis zu stampfen, weil die schon damals so billig war? (Nur halt ohne diese Roboterkostüme, denn die sind zu teuer.) Und dabei dann zu singen, daß man das Alte hinter sich lassen wolle, das Gestern vergessen, nachdem man sich schließlich seiner Schulden entledigt habe? Und nach all den Demütigungen einfach wieder nur zu singen, zu springen (na gut, der Alki-Schorsch weniger) und heißa/juchhe/verdammte Scheiße zu juchzen?
Der heurige griechische Beitrag ist in all seiner gewohnten Klischeehaftigkeit dann doch wieder so anders als die vorangegangenen, gerade weil er alle diese Klischees absichtlich nutzt und sich darüber belustigt (was schon mal ein Riesenschritt für die Griechen ist, wenn man bedenkt, wie ernsthaft sie letztes Jahr sogar diesen selbstverliebten, storchengleich-staksenden Sakis auf der Abschußrampe gemeint haben). Endlich mal wieder Kunst statt Künstlichkeit aus dem Lande, das für sich reklamiert, Wiege von Demokratie und Arschfick zu sein.
Daß dieser Beitrag im Finale landen wird, darüber besteht kein Zweifel. Ob allerdings der Rest Europas diese Selbstironie versteht, mag bezweifelt werden. Aber eh wurscht: Endlich mal ein griechischer Beitrag (der erste übrigens seit 1993), den ich gutheißen kann. Daher:


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