Donnerstag, 16. Mai 2024

Liebe Mit-Fans!

Wie ging es Euch in der Nacht von Samstag auf Sonntag so gegen ein Uhr? Wenn es Euch so ging wie mir, wart Ihr restlos erschöpft und ausgelaugt. Und das legt sich zumindest bei mir auch erst so langsam wieder.

Was war das aber auch für ein Ritt dieses Jahr. Vieles lief anders als sonst, und allein die Tatsache, dass wir uns im Moment NICHT hauptsächlich darüber auslassen, dass mal wieder der Sieger des Televotings das Nachsehen hatte, zeigt schon, dass es eine spezielle Saison war (das Wort "besondere" möchte ich an dieser Stelle nicht verwenden, da positiv besetzt - passt hier nun wirklich nicht).

Was ist denn eigentlich passiert? Die Welt, auch die ESC-Welt, hat sich seit dem 7. Oktober 2023 bekanntlich verändert. Ein Angriff, ein Vergeltungskrieg, Wirren, Wirren, Wirren, keiner blickt mehr durch, jeder hat eine Meinung. Darf man haben. Ich hab auch eine. Ich werde sie hier aber nicht kundtun, erstens ist meine Meinung vollkommen irrelevant und tut nichts zur Sache, und zweitens habe ich sowieso längst die Übersicht verloren.

An dieses Vorgehen hielt und hält sich aber längst nicht jeder, wie im letzten halben Jahr leider überall zu sehen und zu lesen war. Es ist kein Problem, eine Meinung zu haben und die auch rauszuposaunen. Problematisch wird es dann, wenn man in seiner Meinung so schwarzweißdenkend ist, dass jeder, der eine andere Meinung vertritt, sofort verunglimpft wird. Dort, wo ich mich ESC-diskutierenderweise aufhalte, kommt es vor, ist aber inzwischen die Ausnahme (das war nicht immer so), und falls da jemand doch in dieses Muster fällt, wird ersiees sofort in die Schranken verwiesen.

Leider ist das nicht überall so. Wie wir wissen, sollte Käärijä Spokesperson für Finnland werden. Es kursiert ein Video, in dem er gerade mal acht Sekunden lang mit Eden Golan tanzt. Für dieses Video ist er dermaßen angegangen worden, dass er sich schlussendlich gezwungen gesehen hat, sich davon zu distanzieren und auch sein Amt als Spokesperson niederzulegen. Natürlich wäre es besser gewesen, da Zivilcourage zu zeigen und das auszuhalten. Aber: Wer von uns sicher ist, dass er unter dem Druck anders gehandelt hätte, der werfe den ersten Stein. Ich werfe keinen. Ich kann Käärijä da (so denn diese Lesart auch tatsächlich richtig ist) absolut verstehen und finde es einfach nur schlimm, dass es so weit gekommen ist. 

Gestern gegen Mittag stellte ich unter einem ESC-kompakt-Beitrag die Frage, ob man denn wohl mit Dana International genauso umgesprungen wäre, selbstverständlich in der Erwartung, dass einer verdiente Größe wie Dana doch sicher auch in dieser Situation eine andere Art Wertschätzung entgegengebracht würde als der Newcomerin Eden. Denkste. Die Antwort kam in Form eines Hinweises auf diesen Tweet, und als ich da reingeschaut und die Kommentare gelesen habe, ist mir das Mittagessen wieder hochgekommen. Deshalb wiederhole ich das alles hier auch nicht, wenn es Euch interessiert, schaut selbst. 

Wer solche Weltanschauungen verbreitet, und zwar egal ob es gegen Menschen geht, die aus einem Land kommen, das einem nicht passt, oder gegen queere Menschen oder überhaupt gegen irgendeine Gruppe von Menschen auf diese Weise agitiert, der hat nicht nur den ESC nicht verstanden, sondern handelt im höchsten Maße verabscheuenswürdig. Sexismus, Rassismus, Queerophobie - es ist alles derselbe Sumpf.

Ich denke, wir als Fans dürfen solchen Leuten die Deutungshoheit über den ESC nicht überlassen! Wir sollten uns die ganz dringend wieder zurückholen! Der ESC soll Menschen verschiedenster Länder im friedlichen Wettstreit verbinden, lassen wir nicht zu, dass solche Idioten das für alle kaputtmachen. Wer Leute diskriminiert, weil sie queer sind oder weil sie aus einem Land kommen, das einem nicht passt, ist einfach nur ein Idiot. Wollen wir zulassen, dass die uns dieses fantastische Event kaputtmachen? Man kann solcherlei Mist einfach immer nur wieder entschlossen entgegentreten. Gerade in den sozialen Medien, aber auch in einigen Fanmedien herrscht da ein Ton, der nicht zum Geist des ESC passt. Darauf sollten wir immer wieder hinweisen und uns das vor allem nicht gefallen lassen. Ich will nicht, dass Hatari (ja, ausgerechnet!) Recht behalten und es am Ende dann doch heißt "Hatrið mun sigra".

Glücklicherweise gibt es ja nicht nur solche Leute. Ich habe mit großen Vergnügen die Berichte von Johannes Floehr auf ESC kompakt sowie den von meinem Leser Zwelfbungt - Lucas in den Kommentaren zum Artikel Nachlese hier auf dem Blog gelesen. Die haben nicht nur Spaß und gute Laune beim Lesen gemacht, sondern geben auch jede Menge Anlass zur Hoffnung. Zumindest bei den Fans in Malmö war die Stimmung gut, man ist vielen anderen Fans aus anderen Ländern begegnet und es war ein fantastisches Erlebnis - und genau das soll der ESC ja auch sein. Das macht mir sehr viel Mut fürs nächste Jahr. Danke, dass Ihr Eure Erlebnisse mit uns geteilt habt!

Ich werde mich nun aus der ESC-2024-Saison verabschieden (ich brauche DRINGEND Abstand!) und möchte das gern mit einer versöhnlichen Note tun. Was eignet sich besser dafür, als ein paar Dankeschöns loszuwerden:

Zuallererst und zuallerwichtigst an das wunderbare Team von ESC kompakt. Ihr seid ja schon in normalen Jahren ganz groß - dieses Jahr war es übergroß. Wie immer habt Ihr ausgewogen, kompetent und sachlich über alles berichtet, was es so zu berichten gab. Aber in diesem Jahr gab es noch mehr: Ihr habt in Eigenregie die Songchecks organisiert und durchgeführt -  und was für welche! Wer sie nicht kennt, schaut Euch das unbedingt an. Hier geht's lang. Aber auch Eure Berichterstattung während der Krisenstunden zwischen dem zweiten Semi und dem Finale war großartig. Ihr wart uns auch hier zuverlässige Begleiter*innen, seid Euch nie in Spekulationen ergangen und habt uns trotzdem über das wesentliche immer auf dem Laufenden gehalten. Danke, danke, danke, wenn es Euch nicht gäbe, würden die ESC-Fans in Deutschland wohl am Stock gehen.

Außerdem ein Dankeschön an das großartige Alles-Eurovision-Team. Es war mir ein Fest. Schönste Überraschung von allen: Dass am Sonntag beim Katerfrühstück auf einmal Stefan wieder in Eurer Mitte weilte. Aber auch Alina und Consi alleine als Gespann (plus Marcel) sind einfach großartig. Was ich in diesem Jahr besonders und besonders toll fand, war Eure Nahbarkeit. Es war interessant zu sehen, wie Ihr Euch da in Eurem Airbnb Euer improvisiertes Studio gebaut und uns Einblicke gewährt habt, wie es hinter den Kulissen aussieht. Auch dass man immer mal wieder die Mitarbeiter*innen hinter den Kameras gehört hat und Ihr mit denen Quatsch gemacht habt, war einfach toll. Wie jedes Jahr hab ich Euren Content weggesuchtet und war am Ende jedes Videos traurig, dass es schon zu Ende war. Ich hoffe, Ihr bleibt uns erhalten!

Und, last but not least, ein großes, großes Dankeschön an (so ziemlich) alle meine Mitkommenator*innen auf ESC kompakt. Das Motto "united by music" ist leider ja auch bei vielen ESC-Fans längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Ich weiß von Kommentarspalten aus anderen Ländern, wo teilweise so weit unter der Gürtellinie diskutiert wird, dass eine echte Diskussion überhaupt nicht mehr möglich ist. Ich kommentiere ESC-bezüglich ausschließlich bei ESC kompakt (mehr braucht der deutsche ESC-Fan auch nicht, um allerbestens informiert zu sein!), aber ich weiß von Euch, dass es anderswo so zugeht. Bei ESC kompakt in der Regel nicht. Hier geht es auch sehr oft hoch her, und wir gehen uns auch gern mal an die Gurgel, aber es ist meiner Wahrnehmung nach nur sehr selten so, dass eine Diskussion überhaupt nicht mehr möglich ist. Wenn Beiträge kommen, die nicht tolerabel sind, wird sofort reagiert und die betreffende Person in ihre Schranken verwiesen. Dieses Verhalten hat es möglich gemacht, auch diese Chaos-Saison einigermaßen zu überstehen. Einige von Euch kenne ich ja auch persönlich, die meisten kenne ich "nur" virtuell, viele davon aber schon seit vielen Jahren. Schön, dass es Euch gibt, schön, dass wir Saison für Saison den ESC zusammen begleiten können!

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine schöne Zeit, bis es wieder losgeht, hoffentlich nur mit ganz wenig Post-Eurovisions-Depression. Bleibt mir gewogen, ich bleib Euch umgekehrt ebenfalls gewogen. Freuen wir uns auf die nächste Saison, wo es dann hoffentlich wieder heißt: "United by music" und dieses Motto auch genau wieder die Bedeutung hat, die wir uns davon erwarten! Bis dahin grüße ich Euch mit einem Beitrag, der schon etwas älter und vielleicht ein bisschen kitschig geraten ist, aber genau diese Idee trefflich zusammenfasst:





Lieber Isaak, lieber NDR!

Jetzt kann ich endlich mal über etwas sehr Erfreuliches schreiben, auch wenn ich diesen Brief damit anfange, mich vor Euch auf den Boden zu werfen und um Vergebung zu bitten. Ja, ich hab nicht dran geglaubt, dass dieses Ergebnis mit diesem Beitrag möglich ist. Ich hatte in der VE fünf Kandidaten, die ich als geeigneter eingeschätzt habe, Deutschland beim ESC zu vertreten. Keiner von denen ist es geworden, sondern Isaak, Du hast sie mit Deiner Stimmgewalt alle weggefegt. Ich war anfangs extrem geknickt, weil mein Lieblingsbeitrag, den ich mit vielen, vielen anderen Fans geteilt habe, es nicht geschafft hat, habe Dir aber dennoch zunächst die Stange gehalten. Dann kamen ein paar aus meiner Sicht ziemlich missglückte Interviews / Auftritte und auch noch ein paar andere Dinge, nach denen ich dann leider von dieser Stange abgerutscht bin. 

Jetzt muss man natürlich auch sagen, dass das "Rohmaterial", was wir nach der Vorentscheidung hatten, nicht viel Grund zum Optimismus bot. Die Stimme war und ist super, keine Frage, der Song hatte zwar eine gute Hook, war aber ansonsten mal wieder radiofreundlich (wie wir wissen, inzwischen ein Unwort in der deutschen ESC-Bubble), und was das Staging angeht, gaben die Erfahrungen der letzten Jahre bekanntlich wenig Grund zum Optimismus. Also alles wie immer, sollte man meinen.

Eigentlich hätte man es besser wissen müssen, immerhin sah die EuroJury ja Deutschland auch schon viel weiter vorne, als wir das alle taten. Aber die hatten dafür einige andere Verwerfungen drin, lieber mal pessimistisch sein, inzwischen ist eh schon alles egal, mitfiebern unnötig, man wird eh nur enttäuscht. Kennen wir doch alles, und der Deutsche per se ist ja aus Prinzip ein pessimistischer Meckermeister. Ich bin Deutsche, und ja, ich bin auch eine pessimistische Meckermeisterin.

Aber ich habe Dich und Euch unterschätzt. Als die Bilder von der ersten Probe kamen, dachte ich schon: "Habemus STAGING!" Das sah, auch wenn das viele anders sehen, wirklich nicht schlecht aus. Auch der 30-Sekunden-Clip hat mich überzeugt. Dann kam das erste Semi. Ich hab den Auftritt gesehen und dachte: "Sch****, das wird wieder nix." Mein Hauptproblem war, dass Du, lieber Isaak, zwar völlig bei Dir warst, aber Du warst so sehr bei Dir, dass Du kaum mal in die Kamera geguckt hast. Prompt kam die pessimistische Meckermeisterin wieder durch, zumal das auch nicht die beste Gesangsleistung war, die ich von Dir gehört habe. 

Aber was ein echter Westfale ist, der ist geerdet, weiß was er will und wo er steht und LIEFERT, wenns drauf ankommt. Und geliefert hast Du im Finale, aber hallo! Das war der mit Abstand beste Auftritt, den ich von Dir überhaupt gesehen habe. Du hast um Dein Leben gesungen, und Du hast uns damit abgeholt. Nach dem Auftritt haben wir uns alle angeschaut und gesagt: "Das war richtig gut. Damit wird er auf keine Fall Letzter." Und dann kam die Punktevergabe, und wir trauten unseren Augen kaum, dass nicht nur Germany fast durchgehend auf der linken Seite zu finden war, sondern auch nach der Hälfte der Jurywertung mehr Punkte hatte als die vier Beiträge davor zusammen. Am Ende standen 117 Punkte zu Buche, davon 99 aus der Jurywertung und 18 vom Televoting. Und obwohl die 18 vom Televoting nicht so viel sind, ist es mehr, als jeder der vier Beiträge davor einkassiert hat. Um die 117 nochmal in eine andere Beziehung zu setzen: Die Beiträge von 2013-17 sowie 2019-23 (insgesamt 9 Beiträge) haben zusammen 125 Punkte erzielt. Da sind Deine 117 schon wirklich eine tolle Hausnummer. Für uns Fans hat sich dieser 12. Platz angefühlt wie eine Erlösung nach Jahren der Durststrecke. Und dafür kann man nicht genug dankbar sein.

Natürlich heißt das jetzt nicht, dass man sich darauf ausruhen sollte. Die 18 Punkte im Televoting sind sicherlich noch ausbaufähig, aber immerhin hat man dieses Jahr augenscheinlich schon mal einiges richtig gemacht, auch wenn das viele aus der deutschen Bubble nicht für möglich gehalten haben. Vor allem hat man in einem Bereich die von Thomas Mohr geforderte Exzellenz präsentiert, und das war: Die Stimme. Es gab in diesem Jahrgang so einige sehr gute Stimmen, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, sind die zumindest im Finale auch alle belohnt worden. So darf es gern weitergehen. Das heißt: Gutes beibehalten, das andere verbessern, dann läuft die Sache.

Isaak, man konnte Dir während Deiner Zeit in Malmö dabei zugucken, wie Du an Deiner Aufgabe gewachsen bist. Was ich da wirklich toll finde: Du hast Dich in nichts reinziehen lassen. Du hast einfach Dein Ding gemacht, in Dir geruht und hast Dich bzgl. Israel nach allem was ich weiß komplett neutral und korrekt verhalten. Das kann man Dir gar nicht hoch genug anrechnen. Den Lerneffekt hat man auch im Interview nach dem Finale gemerkt, wo Du Dich gefreut hast wie ein Plätzchen, dann aber auch die Frage nach der politischen Stimmung in der Halle und ob Dich das beeinflusst hat höflich aber bestimmt mit "da möchte ich nichts zu sagen" zurückgewiesen hast. Alles richtig gemacht. Du hast in den zwei Wochen in Malmö eine tolle Entwicklung gemacht. Hut ab dafür.

(Wobei ich sagen muss, dass die Frage "Haben die Lack gesoffen" aus dem Heute-Interview im Rückblick auf die Ereignisse eigentlich genau zutreffend war. Aber das nur nebenbei.) 

Es tut mir wirklich, wirklich leid und ich möchte Euch, lieber NDR, und Dich, lieber Isaak, in aller Form um Verzeihung bitten, dass ich an der Möglichkeit dieser Platzierung gezweifelt habe. In all dem Mist des diesjährigen Jahrgangs war das zumindest für uns eine tolle Überraschung, die uns mit allem auch wieder ein bisschen versöhnt hat.

Und dafür kann ich Euch nur von Herzen danken.

Lieber Marko (Baby Lasagna)!

Es ist ja eine überstrapazierte Formel, und sie passt auch nicht in jeden Kontext, aber: Für mich bist Du der Sieger der Herzen. Nicht nur, weil Du das Televoting gewonnen hast, und weil ich auch eine erkleckliche Anzahl SMSe für Dich rausgeballert habe, sondern auch aufgrund Deines Verhaltens in den beiden Eurovisionswochen. Nach allem, was uns bekannt ist, hast Du Dich an den Mobbing- und Ausgrenzungsaktionen gegen Eden Golan nicht beteiligt. Und das ist wahre Siegermentalität und entspricht dem Geist der Eurovision mehr als das Verhalten vieler Deiner Mitstreiter.

Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als ich gesehen habe, was Zagreb Dir für einen tollen Empfang bereitet hat. Den hast Du mehr als verdient.

Für mich wärst Du ein überaus würdiger Sieger gewesen. Es hat nicht sollen sein.

Aber mein Herz hast Du auf jeden Fall gewonnen!

Hallo Nemo!

Falls sich einer fragen sollte, welcher der offenen Briefe hier für mich am schwierigsten zu schreiben ist: Dieser hier. Ich ringe immer noch um Worte und hoffe, ich kriege es einigermaßen hin. Denn dieser Brief ist der ambivalenteste von allen, die ich hier zu schreiben gedenke.

Nemo, erst auch nochmal innerhalb des Briefes hier herzlichen Glückwunsch zu Deinem Sieg. Du hast eine 1a Performance abgeliefert und gesungen wie von einem anderen Stern. Der Song war ein wilder Mix aus allen möglichen Stilen und hat Deine persönliche Geschichte erzählt. Daher geht der Sieg auf jeden Fall absolut in Ordnung. Für die Schweiz freut es mich besonders, nicht nur, weil ich es nach Zürich nicht so arg weit hätte, sondern auch, weil Ihr seit 1988 schon viele, viele gute Beiträge abgeliefert habt, die leider ein wenig unter Wert geschlagen wurden. Umso schöner, dass es jetzt geklappt hat.

Noch schöner, dass es eine nonbinäre Person geschafft hat. Das wird vielen, vielen jungen Menschen, die an ihrer geschlechtlichen Identität zweifeln, helfen, ihren Weg zu finden. Daran ändern auch die leider überall aus dem Boden schießenden Hasskommentare in den sozialen Medien nichts. Leider zieht sowas immer die allergrößten Trolle an. Nein, Klaus-Günter, Deine Meinung zu Nemos Non-Binarität ist völlig ohne Belang. Es geht Dich nichts an, behalt es einfach für Dich und nutze deine Zeit zur Abwechslung mal sinnvoll. Nur weil Du ein Problem damit hast, dass andere Leute nicht genauso sind wie Du, kannst Du ruhig mal versuchen, die Welt ein bisschen besser zu machen und Deine wie gesagt absolut irrelevante und niemanden interessierende Meinung für Dich behalten. Die Welt hätte wohl eher ein Problem, wenn alle so wären wie Du.

Aber zurück zu Dir, Nemo. Ich hoffe, dass Du Deinen Weg weitergehst und Dich von den ganzen Hasskommentaren im Netz nicht beirren lässt. Und dass Du nächstes Jahr ein würdiger Teil des Gastgeberteams sein wird.

Allein: Wie wird man eigentlich ein würdiger Gastgeber?

Auf jeden Fall mal: Indem man JEDEN seiner Gäste empfängt wie einen König. Hättest Du dieses Jahr alle Gäste, die auf der Eurovisionsparty hätten sein sollen, empfangen wie einen König? Oder wie eine Königin? Auch wenn sie aus einem Land kommen, mit dessen Politik Du nicht einverstanden bist? Konntest Du das trennen? Es schwirren derzeit jede Menge Dinge diesbezüglich durchs Netz, so richtig weiß ich noch nicht, was ich davon halten soll. Fest steht allerdings: Du bist auf jeden Fall ziemlich dicke mit einer weiteren nonbinären am ESC 2024 teilgenommen habenden Person, die seit Tagen ungeniert ihren Hass gegen dieses Land und gegen die Teilnehmerin dieses Landes auslebt. Und mit einer anderen bisexuellen Person, für die es traumatisch war, nach "diesem Land" aufzutreten (der Lord Voldemort unter den Ländern, oder was? Da fallen mir aber vorher noch andere Kandidaten ein!). Habt Ihr über das Thema gesprochen? Wie habt Ihr über das Thema gesprochen? Gab es irgendjemanden unter Euch, der vielleicht dann doch mal einen Funken Mitgefühl für Eden Golan entwickelt hat? Es wäre schön, wenn das so wäre. Und es hätte Größe, wenn Du dazu in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft mal Stellung beziehen würdest.

Viele von Euch Teilnehmer*innen in diesem Jahr haben einen queeren Hintergrund und sind deshalb bestens vertraut mit den Anfeindungen, die damit einhergehen. Ich habe selbst jetzt keinen, aber ich bewege mich seit über 20 Jahren in ESC-Kreisen und kriege da schon so einiges mit. Bis es keine Rolle mehr spielt, wen man liebt oder welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt, wird es sicher noch dauern. Wir brauchen hier viel mehr Akzeptanz (und nicht nur Toleranz, siehe dazu auch meinen Artikel von vor zehn Jahren zum Thema), so dass es schlussendlich bestenfalls eine Randnotiz ist, ob jemand hetero, homo, bi, transsexuell ist oder Männlein, Weiblein, beides, gar nix. Es sollte einfach keine Rolle spielen, Mensch ist Mensch, fertig, aus. Genauso wenig sollte es eine Rolle spielen, aus welchem Land jemand kommt und ob man das Land mag oder nicht, weil es diesen oder jenen Dreck am Stecken hat. Die von mir gewünschte Akzeptanz gilt nämlich nicht nur für eine bestimmte Gruppe von Leuten, sondern für ALLE. Egal wo sie herkommen, egal wie sie aussehen, egal wen sie lieben, egal welches Geschlecht, egal, egal, egal. 

Wenn sich die Person als Idiot erweist, darf man ihr das gern sagen. Sie ist aber nicht von vornherein eine Persona non Grata, weil sie eine bestimmte Herkunft / Sexualität /Geschlechteridentität / Hautfarbe hat. Akzeptanz ist keine Einbahnstraße! 

Ich hoffe, nächstes Jahr bei Euch werden wir in Sachen Akzeptanz für ALLE schon ein gutes Stück weiter sein. Wenn uns dieses Jahr was lehren kann, dann das. Wenn wir selbst Akzeptanz wollen, müssen wir unsere Gegenüber ebenfalls akzeptieren. In diesem Sinne hoffe ich, dass es nächstes Jahr für ALLE Teilnehmer*innen heißt: Eurovisionland zu Gast bei Freunden!


PS: Schönen Gruß ans Schlägerbambie: Demjenigen, der die Einladung verteilt, das Recht abzusprechen, solches zu tun, und ihm dann noch verbal auf den gedeckten Kaffeetisch zu kacken ist auch irgendwie nicht akzeptant. Und die Nummer mit der Dornenkrone auf Deinem Haupt (WTF?!) war zum Fremdschämen. Was hast Du eigentlich mit dem Ding gemacht?

Mittwoch, 15. Mai 2024

Eurovisionsklasse 2024,

das hier geht, wie das in der Schule üblich ist, an Euch alle, auch wenn ich weiß, dass es nicht alle betrifft. Es betrifft aber genügend und auch viele, von denen ich es nicht explizit weiß, so dass ich die ganze Klasse anspreche. Einige Personen könnte ich hier ausnehmen, drei davon bekommen aber ihren eigenen Brief. Die anderen werden wissen, dass sie nicht gemeint sind, aber es bleibt dann immer noch ein sehr hässlicher Rest übrig.

Es gibt ein berühmtes Zitat von Rosa Luxemburg, das besagt: "Die Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden". Hier gibt es keine Einschränkung über "aber nur die, der auch gut anders denkt" oder "nur, der richtig anders denkt" oder "nur meine, weil ich anders denke". Dieses Zitat gilt universell. Auch, wenn das manchmal vor Grenzen stößt, weil es Andersdenkende gibt, die ihr Andersdenken genau dafür benutzen wollen, einem diese Freiheit zu nehmen. An dieser Grenze sind wir hier aber nicht.

Es gab einige von Euch, die sich im Vorfeld gegen die Teilnahme von Israel ausgesprochen haben. Das ist völlig legitim und zu akzeptieren. Wenn Ihr das tut, dann müsst Ihr Euch aber auch überlegen, wie Ihr damit umgeht, wenn es dann heißt, Israel darf teilnehmen. Wenn Euch die Nichtteilnahme aus Prinzip so wichtig ist, dann sagt im Vorfeld, dass Ihr nicht am ESC teilnehmen wollt, zieht zurück, gut ist. Wenn Ihr das aber nicht tut, weil der ESC so eine geile Gelegenheit ist, seine eigene Musik zu vermarkten, dann habt Ihr Euch verdammt nochmal an die Regeln zu halten und Euch so zu verhalten, dass Ihr das Event nicht in Misskredit bringt! Was zum Geier ist eigentlich so schwer daran, sein Ego für zwei verdammte Wochen einfach mal zurückzufahren und sich auf das zu konzentrieren, worum es geht, nämlich die Musik und die Begegnung mit Menschen aus anderen Ländern - aus ALLEN teilnehmenden Ländern? 

Ihr fühlt Euch so wahnsinnig gut, weil Ihr glaubt, das Richtige zu vertreten. Ihr seid ja mehr. Dabei habt Ihr Euch aber aufgeführt wie beschissene kleine Schulhofmobber und einer Teilnehmerin, die es ohnehin schon schwerer hatte als Ihr alle zusammen, das Leben zusätzlich noch schwer gemacht. Mega Leistung, richtig geil. Im Ernst: Zum Kotzen. 

Es hätte so ein starkes Statement sein können, wenn Ihr Euch alle zusammen mit Eden hingestellt und gesagt hättet : "Wir verurteilen, was in Gaza passiert. Dennoch ist Eden nicht ihre Regierung, sie ist eine Künstlerin wie wir auch, wir sind wirklich united by music." Diese Chance habt Ihr leider verpasst.

Mehr noch: Ihr habt durch Euer Verhalten und Eure Egos und Eure Selbstgerechtigkeit die Idee der Eurovision mit Füßen getreten. Dass Teilnehmer*innen eine andere teilnehmende Künstlerin in dieser Weise mobben, hat es noch nie gegeben und wird es hoffentlich auch nie wieder geben. Ihr hättet ein starkes Zeichen der Solidarität setzen können. Ihr habt es nicht gesetzt.

Wir hatten in diesem Jahr den queersten Jahrgang der ESC-Geschichte. Leider ist Toleranz und Akzeptanz für Queerness nach wie vor alles Andere als eine Selbstverständlichkeit, und die Kommentare unter so ziemlich jedem Artikel über Nemo zeigen, dass da noch ein gigantischer Weg zu gehen ist, bis wir da aus der Hassschleife raus sind. Ich weiß, dass auch derdiedas eine oder andere von Euch in Kindheit und Jugend selbst Ausgrenzung erlebt hat. Aber dann selbst intolerant, inakzeptant und hassend gegenüber einer anderen Person aufzutreten, nur weil sie aus einem Land stammt, dessen Politik einem nicht passt, hat nichts mit künstlerischer Freiheit oder der richtigen politischen Position zu tun, sondern ist das, was es immer war: Ein Arschloch-Move.

An dieser Stelle eine virtuelle Umarmung für alle, die dabei nicht mitgemacht haben und versucht haben, das Motto des ESC 2024 wirklich zu leben. Zum Glück gab es dann doch einige von Euch. Euch gehört dieses Jahr mein Herz, unabhängig von Euren Songs.

Und ich hoffe, nächstes Jahr kann ich genau diesen Satz auch wieder zur gesamten Eurovisionsklasse sagen.


Liebe Eden Golan!

Ich habe gestern das Video von Deiner Ankunft zuhause gesehen, und ich muss gestehen, mir sind die Tränen gekommen. Dass Du da so zusammengebrochen bist, war vermutlich nur folgerichtig nach dem, was Du hinter Dir hast. 

Bestimmt hast Du Dich gefreut, als Du Eure Casting-Show im Februar gewonnen hast und damit auserwählt wurdest, Israel beim Eurovision Song Contest 2024 zu vertreten. Ich hab damals bei ESC kompakt bei der Ankündigung Eures Finales in die Kommentare geschrieben: "Die arme Socke, die das Rennen machen wird, tut mir jetzt schon leid. Ich hoffe, sie (die Socke) hat eine gute Zeit in Malmö!" Diese Hoffnung ist, wie wir inzwischen wissen, leider nicht in Erfüllung gegangen.

Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie es sich angefühlt haben muss, während der gesamten Zeit in Malmö im Hotelzimmer festzusitzen, wenn Du nicht gerade eine Probe oder einen Auftritt in der Halle hattest. Dort musstest Du immer mit einer Hundertschaft Security gefahren werden, weil sonst nicht sichergestellt werden konnte, dass Du an Leib und Leben unversehrt in der Halle bzw danach wieder im Hotelzimmer ankommst. Du wurdest nicht nur von der kompletten Party, die Teilnehmer und Gäste in Malmö gefeiert haben, ausgeschlossen, sondern hast auch mitbekommen, wie vor Deinem Hotel gegen Deine Teilnahme demonstriert hat. Und von den Morddrohungen gegen Dich haben wir noch gar nicht gesprochen.

Und wenn Du dann doch mal in Erscheinung getreten bist, wurde es nicht besser. Jeder Deiner Auftritte auf der Eurovisionsbühne wurde mit Buhrufen begleitet. Und so richtig nett waren die Künstler*innen aus den anderen Ländern im Regelfall auch nicht zu Dir. Wenn sie dann doch mal nett waren, konnte es passieren, dass der Druck von außen so groß wurde, dass sie von der Nettigkeit wieder Abstand nehmen mussten (hallo Käärijä!)

Unter diesen Umständen und mit all diesem Hass auf Dein Land im Gepäck noch so souverän und exzellent aufzutreten, ist eine Leistung, die man gar nicht genug würdigen kann. Dass Dich die Buhrufe nicht angefochten haben und dass Du Dein wirklich wunderschönes Lied zumindest im Semi makellos performt hast, ist enorm. Im Finale am Anfang hat man Dir den Druck am Anfang etwas angemerkt, Du hast Dich aber schnell wieder gefangen und bravourös abgeliefert. Wie ein so junger und vermutlich auch ziemlich öffentlichkeits-unerfahrener Mensch unter diesem Druck noch so performen kann, geht über meinen Verstand. 

Du bist schlussendlich Fünfte geworden mit sehr vielen Punkten aus dem Televoting und sehr wenigen Punkten aus dem Juryvoting. Die Platzierung finde ich leistungsgerecht, aber wenn wir ehrlich sind, hattest Du auf eine faire Bewertung schon in dem Moment keine Chance mehr, als klar war, dass Du für Israel antrittst.

Ich hoffe, dass Dich diese Erfahrung nicht zu sehr traumatisiert hat und dass Du Menschen um Dich herum hast, die das mit Dir aufarbeiten können. Du bist eine unglaublich starke und wunderbare junge Frau, ich hoffe, diese Stärke trägt Dich weiter.

Fühl Dich von hier aus in den Arm genommen und geherzt. 

Joost,

 Du Armer! Du warst so überfordert mit allem, dass Du ausgerastet bist. Man muss es doch verstehen, dass Du nicht fotografiert werden willst und dass Du dann auch schon mal ein wenig deutlicher wirst, wenn das jemand missachtet. Da steht nun ein Vorwurf im Raum, wegen dem Du ausgeschlossen wurdest. Du Armer! Wissen die da denn nicht, dass Du ein ganz labiler traumatisierter Kerl bist? Da hat man doch bitte Rücksicht drauf zu nehmen! 

Und dass diese, diese diese da aus diesem Land da einfach so eine Frage nicht beantworten muss und Du musst alles beantworten, also, das geht doch nicht! Wissen die denn nicht, dass Du traumatisiert bist und dass Du deshalb auch keine Fragen beantworten kannst? Das ist doch voll unfair! Da kann man doch ruhig mal dazwischengrätschen! Die hat gefälligst alles genau so zu beantworten wie Du! Überhaupt, diese, diese, diese da aus diesem bösen Land, dass die überhaupt neben Dir gesessen hat, das ist doch echt eine Zumutung, oder? Und dann darf man an dieser Dingsda auch seinen Frust ablassen. Die kommt ja aus diesem bösen Land, ist also per se eine Persona non Grata, die man wie den letzten Dreck behandeln darf. In Deinem Lied singst Du ja über das vereinigte Europa, aber das böse Land ist ja sowieso in Asien, also, scheißegal.

Zum Glück hast Du ja nach der Disqualifikation ganz viel Unterstützung bekommen. Als ich am Samstagabend etwas verfrüht den youtube-Stream aufgemacht habe, war jeder zweite Kommentar #freejoost oder #justiceforjoost oder #joostice. Ist doch schön, wenn man so viele Sympathisant*innen hat, und dieses #freejoost suggeriert mir, dass Du mindestens im Knast sitzen musst. Warum sollte man Dich sonst befreien wollen? Es ist alles so schlimm und so ungerecht, oder? Voll ungerecht. Und an allem ist nur dieses, dieses, dieses LAND schuld. Wenn das Land nicht zugelassen worden wäre, hätten Du und andere nicht solch einen Stress und so traumatische Erfahrungen gehabt. Also, die Dingsda, die da bei der PK neben Dir gesessen hat, die ist schuld! Und Du bist nur ein armes, armes Lämmchen.

Mal ernsthaft, Joost, glaubst Du wirklich, dass Dein Vater ob Deines Verhaltens stolz auf Dich wäre?

Liebe EBU!

Ich bezweifle, dass dieser Brief Euch erreicht - nicht nur, weil dieser Blog ein nur winziges Lichtpünktlein im großen ESC-Kosmos ist, sondern auch, weil Ihr hoffentlich seit der Nacht von Samstag auf Sonntag auf einer Klausurtagung seid und überlegt, wie es jetzt weitergeht. So einen ESC wie diesen habt Ihr, haben wir alle wohl noch nie erlebt, und aus meiner Sicht ist alles dafür zu tun, dass sich ein Jahr wie dieses hier nicht wiederholt. Ihr habt leider mit Eurer völligen Fehleinschätzung der Situation und Eurem unzureichenden Krisenmanagement dazu beigetragen, dass sich die Dinge so entwickelt haben, wie sie sich entwickelt haben. Allerdings war mit einigen Eskalationen wirklich nicht zu rechnen, und deshalb habt Ihr wahrscheinlich auch keinen Notfallplan in der Schublade gehabt.

Der ESC 2024 war in vielerlei Hinsichten eine Zäsur, und es ist sicher dringend angezeigt, die eine oder andere Entscheidung mal zu überdenken und sich auch Gedanken darüber zu machen, wie man mit bestimmten Auswüchsen umgeht. Die Welt dreht sich nämlich auch beim ESC immer schneller, und vieles, was sich in der Welt ändert, ändert sich auch 1:1 beim ESC. Eine solche Eskalation hätte dennoch niemals passieren dürfen. Aber sie ist nun passiert, und nun muss man schauen, welche Lehren man daraus zieht.

Zunächst ein paar Gedanken zur Aussage: "Der ESC ist unpolitisch". Das ist er nicht, das war er nie, und man sollte dringend aufhören, dieses Märchen weiterzuspinnen. Der ESC war schon immer hochpolitisch. Kann auch gar nicht anders sein, wenn sich Künstler aus Ländern in ganz Europa zu einem friedlichen Wettstreit treffen. Jeder hat seine Meinung zu Dingen, jeder hat seine Sichtweise zu Dingen. Und wir hatten schon Unmengen politischer Songs im Wettbewerb, nur war es augenscheinlich so, dass hier die "richtige" Politik vertreten wurde. Oder wie hab ich das zu verstehen?

Allerspätestens mit der ersten Teilnahme Aserbaidschans wusste man, dass das Motto "Piep piep piep, wir haben uns alle lieb" nicht mehr gilt. 2008 war es "nur" der Unmut der Aserbaidschaner darüber, dass Armenien besser abgeschnitten hat. 2009 gab es ein paar Leute in Aserbaidschan, die für Armenien angerufen haben. Folge: Besuch von den Behörden. Leider habt Ihr den Aserbaidschanern dafür nur eine Geldstrafe aufgebrummt, die die vermutlich aus der Portokasse zahlen. Seit der Wiedereinführung der Jurys waren Armenien und Aserbaidschan bei der jeweils anderen Jury immer auf dem letzten Platz, und zwar normalerweise bei jedem einzelnen Jurymitglied. Bisher habt Ihr die Augen davor verschlossen, dennoch ist es symptomatisch für eine Entwicklung, die der ESC seitdem nimmt.

 Inzwischen ist es beim ach so unpolitischen ESC so weit gekommen, dass eine junge Künstlerin, die das Pech hat, ein Land zu vertreten, das einem Haufen anderer Leute nicht passt, gnadenlos ausgebuht wird und, schlimmer noch, von einigen ihren Mitstreiter*innen behandelt wird wie eine Aussätzige. Es ist so weit gekommen, dass die Startreihenfolge erkennbar so hinmanipuliert wird, dass Länder, die vielleicht bei der Austragung etwas "schwieriger" sind, möglichst nicht gewinnen. Es ist so weit gekommen, dass ein Land so umstritten ist, dass es keine Chance auf eine faire Bewertung hat und von einer Wertungsgruppe genauso tief runtergewertet wird, wie es im Televoting hochgewertet wird. Das alles wollen wir beim ESC nicht sehen! Habt Ihr Euch überlegt, was man bei einem Gewinn von Israel oder der Ukraine hätte machen wollen? Wenn ein Land teilnimmt, dann muss man sich auch überlegen, was man tut, wenn es gewinnt! Das muss man sich auch dann überlegen, wenn die Lage im Land sich innerhalb einer ESC-Periode ändert!

Es scheint mir auch angezeigt, die Verhaltensregeln nochmal deutlich zu verschärfen. In der immer weiter eskalierenden Lage zwischen dem zweiten Semi und dem Finale hatte ich spätestens am Samstagnachmittag das Gefühl, dass der ESC kurz vor dem Abbruch stand. Nach allem, was wir wissen, habt Ihr zumindest zwischen Donnerstag Nacht und Samstag Abend einige Krisensitzungen gehabt. Gerade heute kam auch wieder die Meldung, dass Euch verschiedene Delegationen um eine Unterredung gebeten haben. Es wäre wichtig, diese Vorfälle aufzuarbeiten (egal, was von wem ausging) und auch klar zu benennen und zu kommunizieren, wer sich wo falsch verhalten hat. Die Gerüchteküche kocht immer weiter, und der Eintopf wird immer giftiger. Es ist höchste Zeit, da mal ein Stopsignal zu senden. 

Was auch wichtig wäre: Wer in irgendeiner Weise in diesen Contest involviert ist, hat sich gefälligst an die Regeln zu halten, egal ob Künstler*in, Delegationsmitglied, Mitarbeiter oder Journalist oder wer, den ich hier vergessen habe. Dazu gehört: Die geltenden Regeln zu achten (und das zur Not nochmal in die Birne gebimst bekommen), sich zu benehmen und vielleicht die eigene Eitelkeit mal zurückzustellen. Wer das nicht kann: Raus! Wir sind doch nicht im Kindergarten - wobei jeder Kindergarten besser mit solchen Krisen umgeht als in der letzten Woche beim ESC damit umgegangen wurde. Versucht doch bitte nicht, alle ESC-internen Konflikte unter den Teppich zu kehren, sondern greift durch, wo es nötig ist, damit sich nicht alles komplett auflädt und es zu einer solchen Eskalation kommt. Die ESC-Welt hat in der letzten Woche viel größere Beschädigungen bekommen, als wenn man die Dinge, die nicht gut gelaufen sind, direkt benannt hätte. Natürlich ist nicht alles eine Meldung wert. Aber wenn wenige Stunden vor Finalbeginn der Eindruck entsteht, das Event stehe auf der Kippe, weil sich so viele Delegationen zurückziehen wollen, dann ist es dringend angezeigt, auch mal Klartext zu reden und nicht so zu tun, als wäre alles Friede, Freude, Köttbullar. 

Das heißt: Gebt Euch klare Regeln für den ESC, auch Verhaltensregeln, und setzt sie durch! Wer zickt, fliegt, und da hat sich auch jeder dran zu halten!

Was ich mir außerdem für 2025 noch wünsche: 

- Weg mit den Backings vom Band! Das wurde 2021 aufgrund der Pandemie eingeführt, jetzt haben wir aber keine mehr. Ein Alleinstellungsmerkmal des ESC war es immer, dass live gesungen wurde. Durch die Backings vom Band haben wir hübsche Tanzperformances, die Schraube geht aber immer weiter weg vom Song.

- Weg mit der Doppelmoral! Isaak darf nicht "shit" singen, aber den nackten Hintern des Finnen muss ich mir angucken? Und nein, die Stringbändel zählen nicht!

- Weg mit der handgeklöppelten Startreihenfolge! Die taugt schon seit Jahren nicht, aber wenn man sie dazu missbraucht, Beiträge aus der Wertung zu schießen, gehört sie wirklich ganz dringend weg. Von oben aufoktroyierte Wettbewerbsverzerrung ist das letzte, was ein Wettbewerb braucht. Wer an einem Wettbewerb teilnehmen darf, muss auch siegen dürfen. Wenn er das nicht darf, darf man ihn nicht zulassen.

- Voten nach dem letzten Beitrag und alle Schnelldurchläufe grundsätzlich in umgekehrter Reihenfolge!

- Big 5 und Gastgeber nicht zwischen den Semi-Beiträgen auftreten lassen - es zerstört den Fluss komplett!

- Andere Gewichtung Juryvotes und Televote! Nachdem zum zweiten Mal der Televotingsieger trotz mehr als 100 Punkten Vorsprung nicht gewonnen hat, sollte man über eine stärkere Gewichtung zugunsten des Televotings nachdenken. 60% Televoting, 40% Jury wäre doch schon mal nett, 70-30 noch besser.

- Den Schweden ein für alle Mal verbieten, ständig den ESC zu verschlimmbessern und zu melloisieren. Da ist bisher noch selten was Gutes dabei rausgekommen. Was funktioniert hat, darf auch funktionierend bleiben, da muss nicht ständig dran rumgeschraubt werden.

Der ESC in seiner idealen Form ist größer als die Summe seiner Teile und als die Egos Einzelner. Ich hoffe, in den nächsten Jahren kommen wir alle wieder zu dem zurück, was diesen Wettbewerb eigentlich ausmacht: United by Music! In einer Form, dass dieser Slogan nicht wieder zu einer zynischen Persiflage verkommt!

In diesem Sinne: Ihr habt viel Arbeit vor Euch - viel Erfolg!

Dienstag, 14. Mai 2024

Nachlese 2024

 Der ESC 2024 liegt hinter uns, und normalerweise würde ich jetzt hier jeden einzelnen Beitrag sezieren und gucken, was gut war und was nicht. In diesem Jahr möchte ich gern davon Abstand nehmen. Zu viel ist drumherum passiert, über das wir reden sollten. 

Ich möchte mich hiermit bei allen entschuldigen, denen meine Blitznachlese vom zweiten Semi zu halbherzig geraten ist. Das liegt daran, dass sie auch halbherzig geschrieben wurde. Zu dem Zeitpunkt ist die Situation bereits munter eskaliert, und in den Stunden danach bis zum Finale hat sich auch nichts beruhigt. Ich saß hier vor diesem Blog und fragte mich, was ich da eigentlich gerade mache.

So gesehen war es ein Wunder, dass das Finale bis auf die Buhrufe gegen Israel (und gegen Martin Österdahl) dann doch halbwegs friedlich über die Bühne gegangen ist. Davon war in den 48 Stunden davor nicht unbedingt auszugehen. Jetzt muss man gucken, wie es weitergeht.

Statt einer Nachlese möchte ich hier ein paar offene Briefe schreiben, die ich im Laufe der Woche hier veröffentlichen werde.

Sonntag, 12. Mai 2024

 Herzlichen Glückwunsch, liebe Schweiz und liebe*r Nemo! Das war großartig und ist völlig verdient!

Freitag, 10. Mai 2024

Blitznachlese Semi 2

 So, da haben wir sie alle, unsere Finalisten! Das war doch ein feines Semi, war es nicht? Gehen wir es mal kurz durch:

Angenehm sehr kurzes Opening, da kann und wird man sich ja sicher im Finale noch austoben. Ausgetobt hat man sich aber in den Pausenacts, die waren klasse und haben Spaß gemacht. Mein Highlight war, dass sie Käärijä eingeladen haben, das hatte wirklich Größe. Vielleicht ist das ja das schwedische Erfolgsrezept: Sich dennoch bei aller Professionalität nicht zuuu ernst zu nehmen. Egal, ich hab mich amüsiert.

Weniger amüsiert hab ich mich über meinen Weiterkommertipp. 8 von 10. Obwohl ich noch Schlimmeres befürchtet habe, ist die Quote nur so mittelgut (und der Herr Sixtus hat SCHON WIEDER einen Treffer mehr als ich!!)

Bei Malta war ich ziemlich enttäuscht. Mir wurde drei Minuten sportliche Höchstleistung versprochen, aber das waren gar keine drei Minuten. Höchstens eine. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das nicht weitergetippt, zumal der Song einfach ist, was er ist, nämlich: Wenig.

Albanien hat mir wenigstens nicht meinen Semi-Tipp versaut, aber das war auch nicht abzusehen. Dazu war das Gesamtpaket am Ende dann doch zu schwach.

Was an Griechenland so super sein soll, erschließt sich mir nach wie vor mit, zumal sie das mit dem One-Camera-Shot auch letztlich nicht umgesetzt haben. Der Finaleinzug war aber klar. Startet am Samstag in Hälfte 1.

Dass die Schweiz locker ins Finale kommt, hat wohl niemand bezweifelt. Gesanglich war das natürlich wie vom anderen Stern, aber Gewinner-Vibes hab ich dennoch keine verspürt. Mir war die Performance mit dieser Scheibe dann doch ein bisschen zu sehr drüber. Wird vom Producer platziert.

Tschechien war auch hier gegenüber der Vorentscheidung deutlich verbessert, aber: Was bitte war das denn für eine Kameraführung? Fast nur Totalen? Wer hat das angeordnet? Warum?

Puh, Kaleen, Kaleen. Wir haben Dich eigentlich nach den ersten Takten schon sicher draußen gesehen, gesanglich war das nämlich eher nicht so gut. Aber Dein Song hat genügend Leute angesprochen. Startet am Samstag in Hälfte 2.

Dänemark hätte eigentlich von Kaleens suboptimaler Gesangsleistung profitieren und dann durch eigenen guten Gesang umso mehr strahlen können. Leider konnte Saba aber nicht so strahlen, wie es nötig gewesen wäre, um zwischen Österreich und Armenien zu bestehen.

Armenien war drei Minuten Spaß am Stück, und natürlich kam das ins Finale, wenn auch erst als Letztes. Wird vom Producer platziert.

Und dann kam die Riesenüberraschung (hätte man diesen Finalisten nicht als Zehntes verkünden können?). Dons sang sich die Seele aus dem Leib, der Auftritt war auch etwas dynamischer, als der Probenschnipsel vermuten ließ, aber Finale?! Ich bin positiv überrascht. Den hatte vermutlich kaum jemand auf dem Zettel. Wird vom Producer platziert.

Genau wie bei Malta hätte ich mir auch bei San Marino mehr erwartet. War gesanglich nicht sonderlich gut, und die Inszenierung gefällt mir nach wie vor nicht. Ich krieg jetzt bestimmt Haue vom Herrn Sixtus, aber meiner Meinung nach zu Recht raus.

Georgien hat genau wie Lettland die Durststrecke seit 2016 beendet. Fürs Land freuts mich. Fürs Lied nicht. Sie wird ebenfalls vom Producer platziert, und ich fänds cool, wenn sie direkt nach Deutschland platziert wird. Isaak fackelt sein Haus ab, Nutsa löschts. Hätte doch was.

Belgien hat wohl dann offiziell den Titel FFF einkassiert. Der Schluss war gut, der Ausschnitt im Schnelldurchlauf auch, leider haben die ersten beiden Minuten nicht funktioniert. Leider.

Das Weiterkommen der Esten ist aufgrund der unterirdischen Gesangsleistung schon sehr schmeichelhaft. Ich mag den Song sehr, aber die erste Strophe war ganz schlimm. Es wurde später besser, aber nach der Leistung habe ich sie eigentlich draußen gesehen. So dürfen sie sich vom Producer für Samstag eine Nummer zuweisen lassen.

Und dann Israel. Der umstrittenste Beitrag, an den ich mich in 44 ESC-Fanjahren erinnern kann. Makellos performt. Gut gesungen. Nicht gestört worden. Wir haben uns danach nur angeschaut und gesagt: Wenn die Umstände nicht wären, wäre das ein sehr ernsthafter Siegeskandidat. Scheint sich aber auch so dazu zu entwickeln, steht bei den Bookies inzwischen auf Platz 2, Tendenz steigend. Mal sehen, was der Producer mit ihnen macht.

Norwegen war ebenfalls makellos, der Finaleinzug war nie in Gefahr, auch wenn der Song die Geister scheidet. Startet am Samstag in Hälfte 2.

Die Mondlandung war es zwar dann doch nicht, dennoch fanden wir Joosts Auftritt sehr stark. Erstaunlich war allerdings, dass man den Schluss sowohl für den Schnelldurchlauf als auch für die Reprise ausgewählt wurde. Egal, er wird vom Producer platziert.

Dann warten wir mal auf die Startreihenfolge. 

Ach ja, fixe Finalisten gabs ja auch noch:

Slimane hat natürlich makellos gesungen, dennoch war das alles schon recht dick aufgetragen. Wird (hoffentlich) seine Liebhaber finden, aber ich glaube, Jurysieger wird er dennoch nicht.

Nebulosa waren viel besser als gedacht. Ich würde noch nicht auf einen letzten Platz für Spanien wetten. Das war ein Burner in der Halle!

Angelina Mango hatte heute doch das Outfit aus der ersten Probe an. Damit geht sie leider auf der Bühne speziell vor ihrem gewählten Backdrop etwas unter. Ein Sieger war das für mich eh nie, aber diese Meinung hatte ich ja ziemlich exklusiv. Vielleicht zieht sie beim Finale ja doch noch das andere Outfit an, wäre besser. 

Bis später.



Donnerstag, 9. Mai 2024

Semi 2, Serviette des Todes

Eine Serviette, sie zu knechten, sie alle zu schinden, um endlich dann zehn Finalisten zu finden ...

Hab ich gesagt, Semi 1 wäre schwierig gewesen? Wieso hab ich das gesagt? Ich finde Semi 2 gerade viel schlimmer. Könnte eventuell daran liegen, dass Semi 1 schon durch ist und Semi 2 erst noch getippt werden muss.

Ich habe zwar dieses Mal einige sichere Weiterkommer, aber keinen einzigen sicheren Ausscheider. Gucken wir mal rein:

Sicher weiter sehe ich nach jetzigem Stand die Schweiz, Armenien, Norwegen und die Niederlande. Diese vier werden wohl nur dann nicht weiterkommen, wenn sie nicht auftreten.

Griechenland wird es wohl auch schaffen. Der Song hat extrem viele Fans, auch wenn mir noch nicht klar ist, wo gegenüber Malta, Albanien, Österreich und Georgien nun die Besonderheit liegt. Über die vier Anderen sprechen wir gleich.

Unter normalen Umständen wäre auch Israel bei der Gruppe der sicheren Weiterkommer, aber wir haben ja bekanntlich keine normalen Umstände. Inwieweit die sich aufs Voting auswirken, kann ich absolut nicht einschätzen. Die Halle hatte Eden gestern nach dem Bericht von OnEurope so sehr gegen sich, dass wieder Applaus aus der Konserve eingespielt werden musste. Hoffentlich geht das alles gut heute Abend. Ich denke mal, dass es reichen wird fürs Finale.

Tschechien hat sich gegenüber dem Vorentscheid stark verbessert (schlechter ging auch nicht mehr), aber ich glaube, dass sie sich allein schon durch ihre Outfitwahl alles kaputtgemacht hat. Solche Dinge spielen im Televoting durchaus eine Rolle!

Auch für Lettland wird die Non-Quali-Strähne wohl leider weitergehen, obwohl der Song echt gut ist. Aber auch hier haben wir ein kleines Outfit-Thema, und Dons' Auftritt ist leider so statisch, dass das nix werden wird.

Dänemark dürfte zwischen Österreich und Armenien wohl leider untergehen.

Belgien ist ja so ein bisschen ein Sorgenkind, der Song (vor allem die letzte Minute) ist fantastisch, aber die bisherigen Auftritte lassen nicht soooo viel Gutes erahnen. Ich sage jetzt trotzdem mal, dass er es schafft.

Estland müsste eigentlich auch durchrutschen. Da ist natürlich meinerseits auch eine Menge Wunschdenken dabei, aber der Song hat so viel Instant Appeal, dass das klappen könnte.

Bleiben die vier Girlbops aus Malta, Albanien, Österreich und Georgien sowie die Rocknummer aus San Marino. Und hier bin ich jetzt komplett verloren. Malta hat einen schwachen Song, zeigt aber drei Minuten Hochleistungssport. Albanien wäre für jedes andere Land klar raus, aber bekanntlich ist das ja Tamisemitippkaputtmachland Nummer 1. Über Österreichs Gesangsleistungen hab ich nicht allzu viel Gutes gelesen, und dass sie direkt nach Frankreich dran sind, ist hier ein Riesennachteil. Der Song müsste es aber eigentlich rausreißen. Georgien sieht jeder weiter, nur ich nicht. Und San Marino hat sich wohl so stark verbessert, dass man es auf dem Zettel haben muss.

Uff. Helft mir doch mal!

Gerade noch mit Kind 1 beraten. Malta und Österreich

That makes folgende Weiterkommer in order of appearance:

Malta
Griechenland
Schweiz
Österreich
Armenien
Belgien
Estland
Israel
Norwegen
Niederlande

Da bin ich dann echt gespannt auf meine Trefferquote ... uff...

Auf jeden Fall wünsche ich uns allen heute Abend ein großartiges zweites Halbfinale!

Mittwoch, 8. Mai 2024

S 1 (2024)

Ave, werte Leser und Innen!

Die Sendung war im großen und ganzen gut inszeniert. Ich habe aber auch nichts anderes erwartet als solides Handwerk.

Rein Gesangstechnisch war ich mehr als positiv überrascht (Ausnahmen: Luna und Olly).

Bei Zypern hatte ich sofort ein Finale-Gefühl. Sie hat das mittelprächtige Lied überzeugend in Szene gesetzt.

Serbien hat mich nie erreicht, aber man erkennt einen passablen Auftritt, wenn man ihn sieht.

Litauen Auftritt war solide, den Hype um das Lied kann ich auch nach Monaten nicht verstehen.

Irland ist natürlich 'Hü oder Hot(t)'. Bei der irischen VE war ich noch verwirrt, aber über die Zeit erschloss sich mir die Genialität dieses Liedes(?). Und der Auftritt gestern war sowieso perfekt.

Ukraine, noch so ein Lied das kein Ohrwurm werden will. Ich hab's in meinem Ranking sehr weit hinten. Der Auftritt wusste aber zu gefallen und es ist eben die Ukraine.

Luna hat mir leid getan. Sie war so hyper im Green Room und wurde dann so bitter enttäuscht. Gesang und sie werden wohl keine Freunde mehr, das Lied an und für sich hätte den Finaleinzug verdient, aber irgendwie stimmte da gar nichts.

Ja, Tami, buche jetzt schon Dein Zimmer in Zagreb bevor die Preise in astronomische Höhen schnalzen. Ich persönlich hab es ja nicht sonderlich weit von der slowenischen Grenze 'runter' nach Agram, da benötige ich glücklicherweise keine Unterkunft ;-)
Auftritt? Die Reaktion aus der Halle sagt alles.

Heras ist halt eine Erscheinung. Sie adelt auch mittelprächtige Lieder. Ich hab beinahe mit einem Finaleinzug geliebäugelt.

So gerne ich die beiden letzten slowenischen Beiträge höre, dieses 'Veronika' raubt mir den letzten Nerv. Raiven ist natürlich eine großartige Sängerin, da steht außer Frage.

Es tut mir wirklich leid, dass ich manchmal so undiplomatisch bin. Auf die Frage meiner slowenischen Arbeitskollegin, wie mir das Lied gefällt, habe ich schlicht mit "sie singt gut, aber das Lied ist Bullshit" geantwortet. Das wirft sie mir seither immer vor. Zurecht!

Mit dem finnischen Beitrag wurde ich peu à peu warm. Anfangs fand ich ihn schlimm, aber irgendwann zündete er doch. Der Auftritt gestern war zwar keine Überraschung, aber hat mich gut unterhalten. 

Moldau hat das einzige Lied, das mich 2024 nie überzeugen konnte. Erst die Probenbilder stimmten mich einigermaßen versöhnlich.
Zumindest kann man Natalia gesanglich nichts vorwerfen. Und ich finde auch nicht, dass sie ihre Geigerinnen auf der Bühne gebraucht hätte, wie viele schrieben. Wenigstens hat die Anreise somit weniger Geld gekostet.

Aserbaidschans Lied ist auch nicht so meins, aber ich anerkenne die folkloristischen Elemente, die Landessprache und den interessanten Backdrop.
War nie in 'Gefahr' sich zu qualifizieren.

Australien kam überraschend gut rüber im Fernsehen. Zum ersten Mal sah ich einen Funken Hoffnung für eine Finalqualifikation. Aber letztlich war alles ein wenig zu billig inszeniert.

Sperrig, um deine Worte aufzugreifen, finde ich das Lied noch immer. Die Umsetzung auf die ESC-Bühne gelang sehr gut. Man musste sich keine Sorge bezüglich eines vorzeitigen Ausscheidens machen.

Luxemburg 'wollte' ich einfach aus Prinzip im Finale und ich hab ganz schön gezittert, als nur mehr ein Slot für das Finale offen war.

Ich fand den Auftritt sehr sympathisch, das Lied ist ohnehin recht gefällig.  Wäre doch schade nach 31 Jahren wieder anzutreten um dann gleich wieder heimzufahren.

UK: schöner Gedanke, aber alles etwas 'verwirrend'. Olly auch nicht ganz auf der Höhe. Das wird am Samstag mit Sicherheit ganz unten im Tableau landen.

Nicht jedoch Deutschland. Wirklich nett anzusehen, Isaak mit kraftvoller Stimme.  Ich bin positiv 'schockiert'. Einen 'Schulte' wird er nicht machen, aber da geht so einiges.

Schweden liefert auf 'Home Soil' natürlich brav ab. An dem Song gibt es aber irgendwie nichts Sympathisches. Auch die beiden Burschen nicht. Mehr als Mittelfeld sehe ich nicht im Finale.

Stolz bin ich auf mein Tipp-Ergebnis: 10/10
Nennt mich Nostraeuropiamus.

Zumindest bis Donnerstag, wo ich Kaleen auf Gedeih und Verderb auf ein Weiterkommen tippe (obwohl sie gesanglich... naja, lassen wir das).

Bussi, ba!

Blitznachlese Semi 1

 Kinners, wo sin mei Droppe? Ich muss erstmal tief durchatmen. Das war ja mal ein Parforceritt!

Wie hats Euch gefallen? Ich fand es gut, dass hier ein doch sehr starker Fokus auf den ESC war, die ganzen Reminiszenzen auf frühere Jahre haben zumindest mir sehr gut gefallen. Petra (und Malin) war dieses Mal angenehm zurückgenommen, das hatten wir auch schon anders.

Die Pausenacts waren gut ausgewählt, die Eröffnung ging eher so, da hatte Chanel nicht nur die aufwendigste Choreo, sondern auch den besten Gesang. Ich muss zugeben, das ist auch alles ein bisschen an mir vorbeigerauscht, ich hab mich mehr auf die Acts konzentriert.

Gehn wir sie mal durch:

Zypern war ein richtig cooler Opener, sie hat viel besser gesungen, als ich ihr das jemals zugetraut habe. Startet am Samstag in Hälfte 2.

Serbien ist und bleibt wunderschön, allerdings hat mich der Song nicht ganz so erreicht, wie ich gehofft habe. Aber natürlich bin ich superhappy, dass sie im Finale ist. Wird am Samstag von den Produzenten auf eine Starthälfte bzw. einen Startplatz gesetzt.

Silvester, Silvester. Was hast Du mich Nerven gekostet. Was hab ich um Dich gezittert. Die Performance war gut wie gewohnt, aber beim Schnelldurchlauf habt Ihr so ziemlich den schlechtesten Ausschnitt gewählt, den Ihr finden konntet. Aber es hat geklappt, er ist im Finale (und erwies sich auf der PK als genauso adorabel wie immer). Litauen startet im Finale in Hälfte 1.

Irland hatte für mich den Auftritt des Abends. Da hat alles gestimmt - entweder man liebt es oder man hasst es, dazwischen gibt es nichts! Und wir lieben es. Fürs Protokoll: Dämlichste Frage auf der Pressekonferenz: "What makes your performance special?" Ernsthaft jetzt?! Irland startet im Finale in Hälfte 1.

Ukraine stark wie erwartet und gewohnt, es stand nie in Frage, dass die 100%-Erfolgssträhne reißt. War sehr gut und solide und wird am Samstag auch bestimmt die Top 5 knacken, aber wohl nicht gewinnen. Ukraine hat einen Joker gezogen und wird vom Produzenten in die Starthälfte verwiesen.

Polens Ausscheiden hat sich direkt bei Lunas erster Strophe zementiert. Leider. Das war einfach zu schlecht gesungen.

Kroatien war natürlich ein Ereignis, und es kam hier genauso gut an wie in der Halle und auch bei den Wettquoten. Ob ich schon mal versuchen soll, Hotels in Zagreb zu buchen ...? Dass die Kroaten dann auch noch einen Produzent-verteilt-Starthälfte-Joker gezogen haben, ist bestimmt kein Nachteil.

Island - ach, Hera. Ach, Hera! Du bist so eine tolle Künstlerin, bitte komm unbedingt wieder. Aber dann bring auch einen Song mit!

Slowenien war für uns alle hier die große Überraschung, mit ihrem Weiterkommen hab ich tatsächlich nicht gerechnet. Bin aber natürlich höggschd erfreut. Startet in Hälfte 2.

Jetzt hab ich ja doch die nackten Arschbacken vom Windows95man gesehen, das hätte ich jetzt echt nicht gebraucht. Wie auch den gesamten Act nicht. Auf die Frage in der PK, welche Rule er beim ESC gerne ändern würde, hat er geantwortet: "More nakedness". Genau das, was dieser Jahrgang braucht. Nicht. HILFE! Nun gut, da müssen wir halt am Samstag nochmal durch. Startet ebenfalls in Hälfte 2.

Moldau war danach ziemlich auf verlorenem Posten. Es war besser, als die Probenclips haben erwarten lassen, Bühnenpräsenz war auch gut, aber sie hätte ihre Mitfiedlerinnen wohl trotzdem besser mitgebracht. Und der Song war halt einfach schwach.

Aserbaidschan hat mir, wie befürchtet, meinen Tipp kaputtgemacht. War zumindest von Fahree nicht gut gesungen, und Ilkin hatte auch den einen oder anderen schiefen Ton drin. Pöh! Je ne regrette rien! 

Bei Australien dagegen war mir seit der ersten Probe klar, dass das nichts werden wird. Yankunytjatjara hin oder her, der Song ist einfach zu schwach und die chaotische und zumindest mich nicht abholende Inszenierung hat da nix rausgerissen.

Portugal war für mich der Probengewinner dieses Semis. Beim FdC fand ich den Auftritt noch zu sperrig, aber irgendwas haben sie daran so geschraubt, dass es mich hier voll abgeholt hat. Völlig zu Recht im Finale. Dort werden sie ihre Starthälfte von den Produzenten bekommen, und es darf vielleicht zur Abwechslung mal eine ordentliche Startnummer für Portugal sein.

Was man von Luxemburg nur bedingt behaupten kann; ich fand den Auftritt im Vergleich zu einigen anderen doch ein wenig blässlich. Aber egal, ich bin happy, dass sie es geschafft haben - nicht nur, weil ich den Song mag, sondern auch, weil sie sich bei einem Semiaus möglicherweise sofort wieder zurückgezogen hätten. Liebe Luxemburger, wie schön, dass Ihr wieder zurück seid! Und damit ist die Ukraine nicht mehr das einzige Land mit einer hundertprozentigen Finalistenquote. Luxemburg startet am Samstag in Hälfte 1.

Nebenbei hatten wir ja auch noch ein paar feststehende Finalisten, die alle drei sehr aufwendige Stagings hatten, bei mir aber dennoch sehr unterschiedliche Eindrücke hinterlassen haben:

Olly Alexander aus dem United Kingkong hatte eine ziemlich wilde Performance, aber sängerisch (und songtechnisch) fand ich das wenig überzeugend. Da muss am Samstag noch mehr kommen, wenn er in die Top Ten will. Das Staging war schon sehr ausgefeilt, aber bei mir kam da nix rüber.

Selbiges gilt für den deutschen Beitrag. Isaak hat sich wie immer die Seele aus dem Leib gesungen, und für das Staging hatte man echt gute Ideen. Aber: Kann dem jungen Mann mal jemand sagen, dass es in einer Fernsehshow grundsätzlich eine gute Idee ist, auch mal in die Kamera zu singen? Ich hab keine Ahnung, wen er da angesungen hat. Das Publikum? Ich werde mit diesem Beitrag einfach nicht warm. Nicht mal lauwarm.

Wie man ein aufwendiges Staging richtig nutzt, zeigten mal wieder die Schweden. Der Song ist, was er ist, aber Marcus und Martinus wissen ganz genau, was sie auf der Bühne machen müssen. Sieh hin und lerne, Isaak!


Wir haben sechs Weiterkommer aus den ersten sieben Startnummern! Und ich hab WIEDER keine zehn Richtigen. Ob ich die irgendwann nochmal kriege? Hatte ich in den 20 Jahren, wo es Semis gibt, noch nie. Aber ich war besser als die Bookies, ich hab neun richtig, die Bookies nur acht.

Egal. Ich bin überaus zufrieden mit dem Ergebnis, and this completes my Blitznachlese. Nachtitschüss, schlaft alle gut, bis spätestens Donnerstag!

Montag, 6. Mai 2024

Semi 1, Serviette des Todes

Its Tipp-Time!

Die Generalproben für das erste Semi sind in vollem Gange, und üblicherweise gebe ich um diese Zeit einen Tipp ab, wer denn ins Finale kommt und wer am Mittwoch wieder nach Hause fahren darf.

Muss ich echt? Ich muss? Sackzement. Dieses Semi wird wieder mal extra hart, aber ich hab das Gefühl, das schreibe ich jedes Jahr, und so schlecht ist die Trefferquote dann normalerweise doch nicht. Vielleicht wird es ja dieses Jahr anders. Aber bei dem kleinen Semi hat man ja auf jeden Fall mindestens fünf. Gehen wirs an:

Ich hab Stand jetzt zwei sichere Weiterkommer, nämlich Kroatien (wird vermutlich das Semi gewinnen) und die Ukraine (knapp dahinter).

Außerdem hab ich zwei sichere Ausscheiderinnen, nämlich die beiden Wiederkehrerinnen aus Island und Moldau. Beide sind allein auf der Bühne, das tut absolut nichts für sie. Sie sind tolle Künstlerinnen (auch wenn ich die eine überhaupt nicht mag), aber ihre Songs können da nicht mithalten. 

Und der große Rest? Da muss ich jetzt noch acht finden, die weiterkommen, beziehungsweise drei, die rausfliegen.

Aus meiner Sicht ebenfalls weiter sind Litauen (wehe wenn nicht! Ich fahr nach Malmö und reiß die Halle ab!), Irland und (leider) Finnland.

Der polnische Song macht mich nach wie vor happy, aber das Staging ist hoffnungslos überladen und Luna singt leider auch nicht gut. Stimmliche Probleme hat sonst meines Wissens niemand in diesem Semi. Das könnte zum Showstopper werden.

Schauen wir mal auf die beiden Tanznummern, die das Finale eröffnen bzw beschließen. Ich vermute, werden es beide schaffen. Luxemburg ist aber keineswegs so bombensichere Weiterkommer wie überall geschrieben. Dass sie nach 31 Jahren wieder dabei sind, interessiert außerhalb des ESC-Kosmos niemanden. Zypern dürfte wohl gerade noch so eben ins Finale rutschen.

Bleiben noch fünf. Serbien, Slowenien, Portugal, Aserbaidschan und Australien.

Ich schrob es von Anfang an, und ich schreib es auch wieder: Aserbaidschan sehen wir am Samstag nochmal. Dazu gibts einfach in Europa eine viel zu große türkische Diaspora, die sich davon angesprochen fühlen wird. Ansonsten macht mir Aze halt meinen Tipp kaputt, was solls.

Didgeridoo hin, Didgeridoo her: Der Eindruck von Australien ist für mich wirklich unterwältigend, zumal der Song auch wirklich nichts Dolles ist (bis auf die Sprache, aber das reicht nicht!). Kommt nicht weiter.

Jetzt noch die drei Verbleibenden. Davon kommen zwei weiter. Ich bin ja kein großer Fan des portugiesischen Beitrags, aber der Probenschnipsel, den ich gesehen habe, sah so gut aus, dass ich das weiter sehe. Zumal die Startnummer auch überaus günstig ist.

Ungünstig ist dagegen die Nummer für Serbien. Ich sehe Teya Dora dennoch gegenüber Raiven im Vorteil, weil sie in ihrem Umfeld mehr strahlen kann. Slowenien wird in dem Moment vergessen sein, wo das finnische Ei sich öffnet. Daher wird wohl eher Serbien das Finale erreichen, hier bin ich mir aber total unsicher.

Anyway, so isses jetzt.

Auf meinem Zettel stehen also folgende Weiterkommer (in Startreihenfolge):

Zypern
Serbien
Litauen
Irland
Ukraine
Kroatien
Finnland
Aserbaidschan
Portugal
Luxemburg

Und ob ich recht hab oder nicht, sagt uns dann morgen Abend das Licht!


Freitag, 3. Mai 2024

Semistartnummernorakelei - Update

Vor ziemlich genau sechs Jahren habe ich mir mal die Zeit genommen und die Mühe gemacht, die Chancen der unterschiedlichen Semi-Startnummern auf das spätere Weiterkommen zu untersuchen. Wer das nochmal nachlesen will, kann das hier tun. Jetzt sind seitdem fünf weitere Contests mit zehn weiteren Semifinalen ins Land gegangen - Zeit für ein Update! Ist die 3 immer noch der Todesslot im Semi? Ist 18 noch immer der beste Startplatz, wovon man sich in diesem Jahr mal so gar nix kaufen kann?

Zeit für eine neue Annalühse!

Basis: 34 Semifinals zwischen 2004 und 2023. Wir betrachten alle Startnummern zwischen 1 und 19, die Nummern 20-28 waren nur in den Semis 2004 bis 2007 am Start, deshalb untersuchen wir die mangels Datenbasis nicht.

Erfolgreichste Weiterkommer-Startnummern von 1-19 in absteigener Reihenfolge Stand Anfang Mai 2024 (dh vor den Semifinalen 2024:

Startnummer 18: 85% (immer noch kein Semi-Sieger, aber diese Startnummer brachte zwei der vier späteren Sieger hervor, die ihr Semi nicht gewonnen haben)

Startnummer 14: 76,47% (3 Semisieger))

Startnummer 15: 70,58% (3)

Startnummer 13: 64,71% (1)

Startnummer 19: 60% (2)

Startnummer 16: 59,38% (bisher die meisten Semisieger, nämlich 4, aber dafür immer noch kein einziger Sieg in einem Finale)

Startnummer 17: 59,26% (2)

Startnummer 8: 58,82% (1)

Startnummer 9: 58,82% (2)

Startnummer 6: 55,88% (3)

Startnummer 1: 52,94% (1)

Startnummer 10: 52,94%  (2)

Startnummer 12: 52,94% % (3)

Startnummer 7: 50% (1)

Startnummer 4: 47,06% (2)

Startnummer 5: 44,12% (1)

Startnummer 11: 44,12% (1)

Startnummer 2: 35,29%

Startnummer 3:  35,29% 


Zum Vergleich hier die Werte der Untersuchung von 2018:

Startnummer 18: 81,25% 
Startnummer 14: 79,17% 
Startnummer 15: 70,83% 
Startnummer 6: 62,5% 
Startnummer 10: 58,33% 
Startnummer 12: 58,33% 
Startnummer 13: 58,33% 
Startnummer 19: 55,56% 
Startnummer 17: 55% 
Startnummer 16: 52,17% 
Startnummer 1: 50%
Startnummer 7: 50%
Startnummer 8: 50% 
Startnummer 9: 50% 
Startnummer 2: 45,83%
Startnummer 4: 41,67% 
Startnummer 5: 41,67% 
Startnummer 11: 41,67% 
Startnummer 3:  25% 


Wenn man diese beiden Auswertungen nebeneinander hält, fallen zwei Dinge sofort ins Auge: Wohl dem, der eine Startnummer zwischen 13 und 19 gezogen bzw zugewiesen bekommen hat. Die Qualifikationsraten für diese Startnummern sind deutlich höher als für alle anderen Nummern.

Außerdem fällt auch der Absturz der Startnummer 2 ins Auge. Die Quote ist inzwischen gleichauf mit der Startnummer 3, und ich gehe davon aus, dass nach den 2024er-Semis, wo ich beide Startnummern 3 bombensicher im Finale sehe, bei den Startnummern 2 aber mindestens eine wackelt, die 2 auch in den Semis der alleinige Todesslot sein wird. 2 und 3 sind nicht nur Schlusslichter, sondern auch die einzigen Nummern, die noch nie einen Semisieger gestellt haben.

Aber gespielt wird auf dem Platz, und das ist auch gut so. Letztlich ist die Startnummer nicht so wichtig wie das, was um einen Beitrag herum passiert, und durch die handgeklöppelte Startreihenfolge ist das Ganze auch nicht mehr zufallsabhänging. Für diejenigen, die es interessiert, mache ich ganz am Ende mal eine Aufstellung, wo ich die Weiterkommerquoten der Zufallsjahre 2004-2012 mit denen der Handstrickjahre 2013-2023 vergleiche; inzwischen ist die Datenbasis ja groß genug. Aber wie gesagt: Erst am Ende, nicht, dass Euch die Zahlen noch erschlagen ;) Grundsätzlich kann man von jedem  Startplatz aus ins Finale kommen, und man kann auch von jedem Startplatz aus gewinnen - okay, von so ziemlich jedem. Irgendwann kommt sicher auch nochmal ein Sieger von Startplatz 2 oder 3.

Wenn man dieses Orakel für dieses Jahr zugrunde legt, ergeben sich folgende Weiterkommer:

Semi 1:

Portugal (Semisieger)
Luxemburg
Australien
Island
Slowenien
Polen
Zypern
Finnland
Aserbaidschan
Kroatien


Semi 2:
Israel (Semisieger)
Norwegen
Estland
Niederlande
Armenien
Lettland
Österreich
Malta
San Marino
Belgien.

Wie man sieht, hätte man da auch würfeln können, die Trefferquote wird kaum besser sein.

Es werden (hoffentlich) schon die Richtigen ins Finale kommen!

So, jetzt, wie angekündigt, noch ein bisschen Statistik für alle, die noch Lust auf einen kleinen Zahlenwust haben. Könnte es eventuell sein, dass die handgeklöppelte Reihenfolge da den einen oder anderen Effekt verstärkt? Gucken wir mal drauf:

Erster Wert: Quote bei den Semis 2004-2012, zweiter Wert: Quote bei den Semis 2013-2023 (aufgrund der Datengröße nur Startnummern 1-18):

Startnummer 1: 50% / 55%

Startnummer 2: 50% / 25%

Startnummer 3: 21,43% / 50%

Startnummer 4: 35,71% / 55%

Startnummer 5: 21,43% / 60%

Startnummer 6: 50% / 60 %

Startnummer 7: 50% / 50%

Startnummer 8: 42,85 % / 70%

Startnummer 9: 35,71% / 75%

Startnummer 10: 50 % / 55%

Startnummer 11: 28,57 % / 50 %

Startnummer 12: 35,71 % / 65%

Startnummer 13: 71,43 % / 60 %

Startnummer 14: 92,86 % / 65 %

Startnummer 15: 64,29 % / 75 %

Startnummer 16: 50 % / 66,67 %

Startnummer 17: 64,29 % / 53,84 %

Startnummer 18: 83,33 % / 87,5 %


Entgegen allem, was ich angenommen hätte, führt die handgestrickte Startreihenfolge tatsächlich dazu, dass das "Weiterkommerfeld" insgesamt ausgeglichener ist. Das finde ich durchaus überraschend, es zeigt aber auch, dass die "Startnummernverteiler" zumindest in den Semis ihren Job ganz gut machen. Für die Finals hab ich dazu eine andere Meinung, aber das ist nochmal ein ganz anderes Thema.

Jedenfalls ist die Startnummernsache weiter in Bewegung, und vielleicht mache ich, so es dann diesen Blog noch gibt, in sechs Jahren mal wieder eine Aufstellung dazu.

Einstweilen warten wir mal ab, was uns dieses Jahr so liefert. Ich gehe mal davon aus, dass die reine Nummer keinen Einfluss hat und dass man sich letztlich auf nix verlassen kann - außer auf einen guten Auftritt. Und das ist es dann auch, was ich to all the contestants wünsche!