Donnerstag, 22. April 2021

Der Hörtest ist zurück!

Ladies and Gentlemen, I proudly present the Hörtest 2021!

Da der letzte schon eine Weile her ist und überdies ein Desaster war (von der Top 3 2017 hat keiner den Hörtest bestanden, womit mal wieder bewiesen ist, dass Frau Fabian keine Ahnung von nix hat - aber dafür war der Jahrgang dann am Ende auch kommerziell ein absoluter Griff in die Keramik), hab ich ein paar Jährchen gebraucht, bis ich mich wieder berappelt hatte. Aber jetzt!

Da rules are as follows:

Da es ja bekanntlich in den Veranstaltungen immer einen Auftritt und zwei Schnelldurchläufe gibt, habe ich die Theorie, dass ein Song, der gewinnen will, spätestens beim dritten Hören im Gehörgang sein muss. Das heißt, man muss ihn in irgendeiner Weise ansingen können. Bei allen Siegern von 2010 bis 2016 war das bei mir so. 2017 bekanntlich nicht, wobei da der Überflieger der Saison ja bekanntlich recht unsanft auf der Nase gelandet ist und auch keinen Hit platzieren konnte. Schauen wir mal, wie es 2021 ist, das Rennen ist ja in diesem Jahr recht offen.

Hat die Komponistenklasse 2021 also ihre Hausaufgaben gemacht? Wommer ma kucken?


Nach einmaligem Hören im Ohr:

Deutschland (HA! Doch was richtig gemacht, Herr Sigwart! Lass die Leute reden, das tun sie doch sowieso! Du wirst das schon machen, und Du wirst das gut machen!)


Nach zweimaligem Hören im Ohr:

Österreich
Schweiz
Kroatien
Niederlande
Slowenien
Lettland (Ihr seht, mögen hat wirklich nix mit ins-Ohr-kriegen zu tun!)
Russland
Schweden
Frankreich
Irland
Portugal


Nach dreimaligem Hören im Ohr:

Dänemark
Ukraine
Finnland
Litauen
Zypern
Albanien (der Anfang vom Refrain ist 1:1 von Bosnien 2016 geklaut)
Spanien
Aserbaidschan
San Marino
Tschechien
Serbien
Australien


Nach dreimaligem Hören NICHT im Ohr:

Bulgarien
Rumänien
Norwegen
Großbritannien
Nordmazedonien
Moldawien
Estland
Griechenland
Israel
Malta (Nein, der Sprechgesang "je me casse" zählt nicht!)
Belgien
Italien
Polen
Georgien


Unbewertbar:

Island

Zum allerersten Mal muss tatsächlich ein Beitrag in die Kategorie "Unbewertbar" einsortiert werden, allerdings aus überaus erfreulichen Gründen. Ich habe ja bei der Songbesprechung schon gesagt, dass ich eine von den ca. 1000 Leuten bin, die nach ca. 2 Minuten im Chor des isländischen Songs mitsingt (die Stelle, die wie ein Kinderchor klingt und wo im Video auch der Kinderchor zu sehen ist). Das Ganze lief damals so ab: Daði hat am 4. Januar einen Aufruf gestartet, dass er Unterstützung braucht. Wer wollte, konnte sich den entsprechenden Schnipsel runter laden und eine oder mehrere der sieben Spuren einsingen, die an der Stelle übereinandergelegt werden. Ich hab mich zum Beispiel für die Spuren drei und sieben entschieden, sie getrennt voneinander eingesungen und sie am 11. Januar zwei Stunden vor Abgabeschluss an Daði geschickt. Zu diesem Zeitpunkt kannten wir aber alle nur diesen 15-Sekunden-Snippet. Der Song kam erst später. Wenn man aber vorher schon zwei Stunden (soviel war es bei mir) daran rumgedoktort und versucht hat, das Zeug einzusingen, dann hat man natürlich im Ohr, was da kommt. In diese Situation wird der Feldwaldwiesenzuschauer aber nicht kommen. Daher ist es mir nicht möglich, Island 2021 bezüglich Hörtest zu bewerten. Aber Ihr habt das bestimmt alle nach dem ersten Hören im Ohr, oder? ODER???


Wow. Respekt. Selbst wenn ich Island unter "nach dem dritten Hören nicht im Ohr" einsortieren würde, was ich nicht tu, wäre das immer noch das beste Hörtestergebnis, das ich jemals hatte. Die Komponisten dieses Jahr haben also tatsächlich mal gewusst, was sie zu tun haben.

In den Jahren 2010 bis 2016 hat jeder der ESC-Gewinner den Hörtest bestanden, nur 2017 fiel damals aus dem Rahmen. Ein gewisser Indikator ist es natürlich trotzdem.

Jetzt ist natürlich die Frage, wer gewinnt, ich glaub, wir hatten schon lange nicht mehr so ein offenes Rennen. Derzeit (22.4.) wird ja ein Dreikampf zwischen Malta, Frankreich und der Schweiz erwartet, wobei Malta im Hörtest komplett durchgerauscht ist, die anderen beiden aber überzeugt haben. Ich persönlich sehe diesen Dreikampf nicht. Da mischen auch noch andere mit, allen voran die Litauer, die für mich persönlich aktuell der heißeste Siegertipp im gesamten Feld sind. Auch Island hätte ich natürlich gerne ganz vorne, aber da hab ich derzeit die rosa Brille auf. An Italien glaub ich nicht, die werden sich mit den Finnen kannibalisieren. Wen haben wir noch? Bulgarien? Rumänien? San Marino gar?

Wir werden sehen. Ich wünsche Euch und uns allen einen superpläsierlichen Contest, der egal in welcher Form hoffentlich reibungslos über die Bühne gehen kann - it is so good to be back in da bubble!

Montag, 12. April 2021

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 10

Deutschland: Jendrik – I don’t feel hate

Wir machen jetzt alle mal die Augen zu und stellen uns einen Weihnachtsbaum vor. Ja, ich weiß, es passt nicht zur Jahreszeit, aber wir machen das jetzt trotzdem. An dem Baum hängen viele schöne bunte Kugeln in allen Farben, die der Pantone-Katalog hergibt. Und Lametta! Lametta darf nicht fehlen! Irisierendes Lametta natürlich. Viel irisierendes Lametta. Strooohsterne! Von führenden Kindergartenkindern gebastelt. Alle Baumfiguren, die auf den Weihnachtsmärkten der zehn größten deutschen Städte zu finden waren. Aus Holz, Plastik, Glas, was weiß ich noch. Girlanden brauchen wir auch noch, genau wie künstlichen Schnee. Aber halt, der Baum leuchtet ja noch gar nicht! Da machen wir ein paar schöne Wachskerzen drauf. Und LED-Ketten in bunt. Und in weiß. Und in rosa. Und Wunderkerzen!

Falls sich irgendjemand fragen sollte, was diese Assoziation mit dem deutschen Beitrag zu tun hat: Schau Dir doch bitte mal das Video an, und dann stell die Frage nochmal. Ich gehe davon aus, dass diejenigen, die das Video gesehen haben, die Frage nicht stellen.

Ja, es ist too much of everything, alles so schön bunt hier. Aber wisst Ihr was: Scheißegal. Wer diesen Blog aufmerksam verfolgt, wird von mir schon öfter die Forderung an den NDR gelesen haben, sich doch bitte mal was zu trauen und lieber mit Grandezza auf die Fresse zu fliegen als mit Langeweile.

Und anscheinend liest der NDR hier mit, denn zu meiner großen Freude schickt Deutschland diesem Jahr ein Beitrag, bei dem das Polarimeter durch die Decke geht. Entweder man fährt darauf ab wie ein Zäpfchen, oder man hält keine zwanzig Sekunden durch. Dazwischen gibt es relativ wenig.

Ich gebe ganz ehrlich zu, ich gehöre zur keine-zwanzig-Sekunden-Fraktion. Es ist einfach zu viel von allem, zu bunt, zu hibbelig, zu – alles. Vielleicht bin ich inzwischen auch einfach zu alt für sowas. Aber das spielt alles keine Rolle. Jendrik ist ein supersympathischer Flummi, der was ganz Eigenes hat, was kann, dieses Können auch zeigen will und obendrein noch ein Eurovisionista ist. Dazu kommt das Thema seines Songs: »I don‹t feel hate, I just feel sorry« – leider immer noch relevant und immer relevanter werdend, wenn auch der Text stellenweise genauso überdreht ist wie der Sänger selbst. Die Botschaft bleibt dennoch eine wichtige. Dass das Ganze in musikalisch eine nicht zwingend geglückte Symbiose aus den Songs von Aarzemnieki, Gianluca Bezzina und Alf Poier ist – geschenkt. Es wird auffallen, und das ist das, was wir in den letzten Jahren nicht geschafft haben!

Und deshalb, liebe Freunde, beglückwünsche ich den NDR ausdrücklich zu dieser Entscheidung, rolle für unseren supersympathischen Jendrik den roten Teppich aus, drücke ihm alle Daumen und hoffe, dass er viel, viel besser abschneidet, als die Bubble das derzeit glaubt. Auf jeden Fall wünsche ich ihm in Rotterdam eine supergeile Zeit, egal wie das Ganze ausgeht!

Chancen auf die Top Ten: Mach eine solide Top 15 daraus, und wir können drüber reden. Da man nur für und nicht gegen einen Beitrag anrufen kann, wird es besser abschneiden, als alle denken, zumal das ein Beitrag ist, den man inszeniert sehen muss. Bottom 5 wirds auf keinen Fall, und wenn doch: Egal!

Stuttgart 2022: Dort wird dann auch wieder von meinereinen die Eurovisionsklasse getestet. Schleyer-Halle und Porsche-Arena können allerdings weiterhin für andere Dinge gebucht werden.

6/10


Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 9

 Nun noch die gesetzten Finalisten (bis auf einen, der kriegt eine Sonderbehandlung, die hat er sich redlich verdient):


Spanien: Blas Cantó – Voy a quedarme

Uku, tut mir leid, du bist wohl doch nur der zweitschönste Mann in diesem Jahrgang. Blas hat immer noch den schärfsten Schlafzimmerblick des Jahrgangs. So scharf, dass ich ihn gerne mal den finnischen Beitrag singen lassen möchte. Aber natürlich hat der Herr, wie sich das gehört, eine Ballade am Start, die sich schön anhört und mir zum linken Ohr rein und zum rechten wieder raus geht. Man soll ja Leute nicht auf ihre Optik reduzieren, aber manchmal bleibt einem nichts anderes übrig.

Chancen auf die Top Ten: Er kann froh sein, wenn er die Top 20 knackt.

Madrid 2022: Nein.

6/10


Frankreich: Barbara Pravi – Voilà

Oooooh eine Chanson francaise! Je suis enchantée! Das ist so eine Sorte Lied, wie sie nur aus Frankreich stammen kann. Die Bubble ist offensichtlich auch entzückt, und die Bookies führen Frankreich derzeit auf Platz 2 bei der Wette für den Sieg! Das erscheint mir dann allerdings doch zu gewagt, bedenkt man, dass die großartige Patricia Kaas mit dem möglicherweise besten Auftritt der Eurovisionsgeschichte auf einem indiskutablen achten Platz verhungerte. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Barbara hat jedenfalls genügend Stimme und Charisma, um das Ganze zu stemmen –  ich bin schon sehr gespannt auf den Auftritt!

Chancen auf die Top Ten: Na, ich hoffe doch!

Paris 2022: Auch wenn die Quote dafür derzeit recht gut steht: So recht mag ich das nicht glauben.

7/10


Italien: Måneskin – Zitti e buoni

Radau aus Italien! Geiler Radau! Womit hab ich so viel Gutes an einem Abend verdient? Das fischt im gleichen Gewässer wie die Finnen, kommt aber fast noch besser: Erstens ist es etwas melodischer, und zweitens hört Italienisch sich einfach geil an. Den optischen Eindruck mag ich jetzt nicht ganz so, aber gut – den von Wig Wam damals mochte ich auch nicht, das hat meiner Liebe zu dem Beitrag keinen Abbruch getan. Also alles cool.

Chancen auf die Top Ten: Es ist Italien. Allerdings werden sie es dieses Jahr schwerer haben als sonst.

Rom 2022: Nein.

8/10


Großbritannien: James Newman – Embers

Hm. So ganz schlüssig bin ich mir noch nicht, was ich davon halten soll. Man hat sich ja in den letzten Jahren angewöhnt, von den Briten beim ESC grundsätzlich nur noch Kandidaten für den letzten Platz zu erwarten, aber so schlecht finde ich das jetzt gar nicht. Ich mag James’s Ausstrahlung und seine etwas rauhe Stimme, er hat schon irgendwie was Eigenes. Der Song ist kein großer Wurf, tut aber auch nicht weh und macht aber gute Laune. Ich hab doch auch keine Ahnung. Es wäre sicher nicht verkehrt, wenn die positive Stimmung aus dem Video mit den Tänzern und den Musikern auch auf die Bühne transportiert werden würde.

Chancen auf die Top Ten: Keine, sorry. Aber vielleicht werden sie ja dieses Mal nicht letzter.

London 2022: No way.

6/10


Niederlande: Jeangu Macrooy – Birth of a new Age

Und nun, meine Damen und Herren: Unsere Gastgeber. »Grow« war ja neben »Solovey« im letzten Jahr mein absoluter Lieblingsbeitrag. Die selbstgelegte Latte für Jeangu Macrooy lag also hoch. »Birth of a new Age« kommt nicht ganz ran, gefällt mir aber auch sehr, sehr gut. Genau wie »Grow« ist auch das ein typischer Heimbeitrag, sprich, hier wird einfach was riskiert, und die Chancen im Wettbewerb sind vollkommen egal, denn man hat ja gerade erst gewonnen. Der Song ist wieder sehr gospellastig und soll Mut machen, hier finden sich Textzeilen wie »your rhythm is rebellion« und »you no man broko mi« (du brichst mich nicht). Und mal ehrlich: Mutmachlieder können wir im Moment alle gut gebrauchen, oder? Nicht nur deshalb mag ich das.

Chancen auf die Top Ten: In den letzten drei Jahren war es für die Heimbeiträge eher schwierig damit. Wird es leider auch für diesen.

Utrecht 2022: Nee.

7/10

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 8

 13. Bulgarien: VICTORIA – Growing Up Is Getting Old

Irgendwie passiert es in letzter Zeit regelmäßig, dass immer ein Beitrag dabei ist, wo es mich beim Hören plötzlich völlig unerwartet verreißt. Hier ist der diesjährige. (Und es bleibt dann bitte auch bei dem einen, ja? Danke!). Ich habe keine Ahnung, warum das hier mir dermaßen ans Herz geht. Vielleicht, weil Älterwerden einfach eine Bitch ist. Ach, ich weiß es doch auch nicht. Jedenfalls ist das hier supergut, Stimme und Ausstrahlung Hammer, darf gerne weit nach vorne.

Chancen aufs Finale: Ja sicher.

Sofia 2022: Möglicherweise.

9/10


14. Finnland: Blind Channel – Dark Side

Dreizehn Jahre lang hab ich gebittelt und gebettelt, dass die Finnen endlich mal wieder qualifizierten Radau schicken, und ENDLICH hats geklappt! Die Startposition hinter Bulgarien könnte besser nicht sein, das kommt supergut und geht ab wie ein Zäpfchen. Auch textlich passt es wie Faust auf Auge: Singt Victoria davon, dass erwachsen werden alt werden bedeutet, singen Blind Channel davon, dass sie nicht erwachsen werden wollen, ausgestreckte Mittelfinger und Verherrlichung des Club27 inklusive. Also, wir halten fest: Älterwerden ist Mist. Der Song an sich hätte gern in den Strophen noch ein wenig melodischer sein dürfen, aber ansonsten passt das!

Chancen aufs Finale: Ja sicher!

Helsinki 2022: Dazu müssten sie an Maske und Outfit noch was machen.

8/10


15. Lettland: Samanta Tīna – The Moon Is Rising

»Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar ...« Schulligung. Aber wenn ich die Wahl hätte zwischen diesem Lied und dem, was ich hier und jetzt gerade rezensieren muss, wüsste ich aber, wofür ich mich entscheide. Ich fand den lettischen Beitrag im letzten Jahr schon gruselig, aber dieses Jahr ist es noch schlimmer. Da gibt es dieses »öh-öh-öh-öh« im Hintergrund, das macht mich wahnsinnig. Auch sonst ist es einfach nur scheußlich. »The Queeeeen of the night is cooooming.« Tja. Der Hölle Rache kocht in ihrem Herzen, sonst würde sie uns ja diese Ohrenfolter nicht zumuten. Kann ich auch was Positives sagen? Hm. Nö.

Chancen aufs Finale: In einer gerechten Welt nicht, aber was ist schon gerecht?

Riga 2022: Nein!

0/10


16. Schweiz: Gjon’s Tears – Tout l’univers

Wenn es irgendjemanden in diesem Wettbewerbsfeld gibt, der den Schmerz schon im Namen trägt und daher auch für schmerzhafte Lieder prädestiniert ist, ist es sicherlich Gjon. Und auch in diesem Jahr trägt er wieder die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern, zumindest scheint es so. Vom Text verstehe ich leider nicht allzu viel, mein Französisch ist ziemlich eingerostet. Wenn das irgendjemand glaubhaft transportieren kann, dann er. Dazu kommt dann noch diese fantastische Stimme. Zum dritten Mal in Folge ein Siegeskandidat aus der Schweiz – was will man mehr?

Chancen aufs Finale: Gegenfrage: Gewinnt er das Semi?

Zürich 2022: Möglicherweise.

8/10


17. Dänemark: Fyr & Flamme – Øve os på hinanden

Zum Schluss hat es mich dann tatsächlich noch ein zweites Mal zerlegt, dieses Mal aber vor Lachen. Nachdem die Dänen in den letzten drei Jahren akzeptable bis gute Beiträge geschickt haben bzw schicken wollten, haben sie für dieses Jahr beschlossen, endlich mal wieder so richtig ins Klo zu greifen. Hier wurde ein gezielter Angriff auf Europas Geschmacksnerven gestartet und ganz bewusst alles falsch gemacht, was nur geht. Der Song war zu einer Zeit modern, da waren die meisten von uns noch nicht mal geboren. Die Sänger halten sich für Misters Obercool, sind aber nur peinlich, vor allem der ohne die Gitarre. Und dann fängt der auch noch an zu tanzen! This is fucking hilarious und ein krönender Abschluss des zweiten Semis.

Chancen aufs Finale: Natürlich keine!

Kopenhagen 2022: Was?!

5/10 (this has Guilty Pleasure written all over und ich weiß jetzt schon, dass es Zeiten geben wird, wo ich das in Endlosschleife hören werde)


Dann schauen wir doch mal, wer in diesem Semi ins Finale kommt:


San Marino

Griechenland

Österreich

Moldawien

Island

Serbien

Albanien

Bulgarien

Finnland

Schweiz


Hier fand ich es schwerer, zehn zu finden. Serbien und Albanien sind als Wackelkandidaten gerade noch mit reingerutscht. So eine ungleiche Semiverteilung hatten wir doch schon mal in 2018.

Nun gut. Kommt eh alles ganz anders. 

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 7

9. Serbien: Hurricane – Loco Loco

Verglichen mit dem Vorjahresbeitrag kommt das hier nicht ganz so billig daher, aber immer noch trashiger als alles, was jemals vorher aus Serbien kam (ja, die beiden Barbara-Dex-Award-Preisträger ausdrücklich eingeschlossen!). Und man merkt, dass immer noch Corona ist. Kinder, Dauerwellenflüssigkeit selber auf Haare auftragen kann ganz ganz böse ausgehen, dat sarrich euch! Also lieber den Fachmann machen lassen! Auch sonst ist das Ganze ein visueller Overkill. Der Song nimmt sich nicht viel mit dem Vorjahresbeitrag, sprich, man kann ihn sich anhören, aber wenn man an die Qualität so ziemlich aller anderen serbischen Beiträge denkt, muss man leider ziemlich weinen.

Chancen aufs Finale: Wird möglicherweise Platz 11 im Semi. Alles lassen sich die Leute auch nicht bieten.

Belgrad 2022: Dort wird dann hoffentlich wieder Qualität ausgewählt. Ihr könnt es doch!

2/10


10. Georgien: Tornike Kipiani – You

Alle Jubeljahre wieder kriegt die Wundertüte vom Kaukasus ihre speziellen drei Minuten. Dann haut sie was raus, wo du denkst: »Boah, ist das toll. Aber was macht das beim Contest?« Dieses Jahr ist es nach 2014, 2016 und 2018 mal wieder so weit. Das hier dürfte der Song in diesem Jahr sein, der am allerwenigsten ins Wettbewerbsumfeld passt. Der Anfang klingt ein bisschen wie etwas, was von Henk Hofstede geschrieben worden sein könnte, und das ist ja mindestens mal ein Qualitätsmerkmal. Gegen Ende wird es dann etwas bombastischer, aber es bleibt spannend. Auch rhythmisch ist es ein wenig ungewohnt, es folgt nicht so ganz unseren Hörgewohnheiten. Nicht nur deshalb werden es die Zuschauer abstrafen. Und das ist eine Schande.

Chancen aufs Finale: Keine. Wird nach hinten durchgereicht werden.

Tbilisi 2022: Nein. Aber ich hoffe, dass sie nicht aufhören, weiterhin mutige Sachen zu schicken!

8/10


11. Albanien: Anxhela Peristeri – Karma

Fangen wir mal mit dem Positiven an: Sie singt in Landessprache. Und nach derzeitigem Stand wird das auch so bleiben. Ansonsten same procedure as almost every year, will sagen, schöne stimmgewaltige Frau singt sich durch sperrigen Song. Und dieser ist noch sperriger als »Ktheju tokes«. Sehr viel Balkan-Sound, sehr viel Aufwand nötig, um sich das schönzuhören. So weit bin ich noch nicht. Gebt mir bitte meinen Eugent Bushpepa wieder! Bitte bitte bitte!

Chancen aufs Finale: Grenzwertig, aber könnte klappen.

Tirana 2022: Nein.

3/10


12. Portugal: The Black Mamba – Love Is on My Side

»Love is on my side but maybe not tonight.« Ich krieg ja immer ein bisschen Fremdschamattacken, wenn ich solch selbstreferentielle Textzeilen anhören muss. Herrgott nochmal, Portugal, seid Ihr eigentlich noch bei Trost? Wenn Ihr zum ersten Mal in Eurer Geschichte einen Song komplett auf Englisch schickt, schickt Ihr SOWAS? Aus welchem Jahrhundert stammt das bitte? Warum klingt der Sänger wie ein Frosch mit verklebten Nasenlöchern? Wer hat dem das Singen beigebracht? Mit welcher Gesangstechnik? Wann verklagt der seinen Gesangslehrer? Warum grimassiert der so? Love is definitiv not on your side tonight. Beliff mi. Boah, das macht mich grad voll aggro!

Chancen aufs Finale: KEINE!

Lissabon 2022: Egal was, aber bitte wieder portugiesisch.

2/10

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 6

5. Österreich: Vincent Bueno – Amen

Von den beiden Amens in diesem Jahrgang ohne Frage das weitaus bessere, allerdings bin ich etwas unschlüssig, was die Chancen angeht. Es geht um eine gescheiterte Beziehung und (zumindest im Video) die Befreiung aus den Fesseln derselben, wobei sich sehr ruhige und sehr dramatische Passagen abwechseln. Ich finde diesen Song ja absolut großartig, aber das ist sicher nicht ganz einfach auf die Bühne zu bringen. Der Fokus muss hier voll auf Vincent liegen, und er muss einhundertfünfzig Prozent geben. Die Emotionen hier transportieren, ohne zu übertreiben, das ist nicht ganz einfach. Aber ich traue es ihm zu.

Chancen aufs Finale: Chancen ja, aber sicher durch sehe ich ihn noch nicht.

Wien 2022: Nein.

8/10


6. Polen: RAFAŁ – The Ride

Ach. Du. SCHEI**E! Was ist DAS denn? Wir sehen einen in die Jahre gekommenen (ich darf das schreiben, ich bin älter als der!) Typen mit Sonnenbrille, der gerne mal auf cool machen will, aber nur peinlich ist und obendrein zehnmal unsympathischer rüberkommt als Uku Suviste. Was ist das hier bitte? Der feuchte Traum eines Hipsters von vor 20 Jahren? Das ist nix. Das ist GAR nix. Da helfen weder die anderen Tänzer, die du um dich rumzappeln lässt, noch die Neonreklame noch die jungen Frauen mit langen Pferdeschwänzen. Das ist einfach nur meeeeh. Und obendrein riecht das für mich nach Car Crash in der Live Version – worauf ich hoffe, dann hätte es wenigstens noch was Lustiges.

Chancen aufs Finale: Kann froh sein, wenn er nicht letzter wird.

Warschau 2022: Hau ab.

1/10


7. Moldau: Natalia Gordienko – Sugar

Och nee! »Replay« war ein Abklatsch von »Fuego«, und »Sugar« ist seinerseits wiederum ein blasser Abklatsch von »Replay«. Wenn man sich überlegt, dass die Dame bei ihrer letzten Teilnahme drei verschiedene Outfits anhatte, die zusammen angezogen immer noch weniger waren als das, was die meisten anderen Damen üblicherweise auf der ESC-Bühne anziehen, ist es wohl nicht vermessen zu vermuten, dass hier beim Auftritt wohl auch wieder die Sex-Karte gespielt werden wird. Und damit meine ich nicht nur die Outfits, sondern auch das Lippenlecken beim Singen, das wohl lasziv wirken soll, mich persönlich aber in Lichtgeschwindigkeit in die Pipipause treibt. Mach das weg!

Chancen aufs Finale: Ich hasse es. Also kommts weiter.

Chisinau 2022: Bloß nicht!

0/10


8. Island: Daði og Gagnamagnið – 10 Years

Es fällt mir aus zwei Gründen extrem schwer, eine Bewertung für diesen Song abzugeben – nein, eigentlich kann ich es nicht. Aber ich versuch mich trotzdem. Natürlich zieht hier jeder, der beide Songs kennt, den Vergleich zur Vorjahressensation »Think about things«, und allgemein wird behauptet, dass »10 Years« im Vergleich deutlich schwächer sei. Kann ich jetzt so nicht unterschreiben. Ich finde, Daði  hat auch in diesem Jahr wieder glänzend abgeliefert und wird sicher ganz vorne mit dabei sein. Dabei ist er seinem Stil und auch den Outfits treu geblieben, so dass böse Zungen sagen, das wär ja nur ein Abklatsch. Aber: Nicht jeder hat das letztes Jahr gesehen, und da man nur für und nicht gegen einen Song anrufen kann, wird das sehr gut abschneiden.

Wenn Ihr es Euch mit mir nicht verderben wollt, dann SOLLTET Ihr auch für den Song anrufen. Denn durch die Tatsache, dass in diesem Jahr ausnahmsweise Background-Gesang vom Band möglich ist, hat Daði die Eurovisionsgemeinde dazu aufgerufen, in seinem Song mitzuwirken und eine kurze Stelle im Background mitzusingen. Im Video ist das die Stelle, wo scheinbar der Kinderchor singt, in Wahrheit sind es aber 1135 Eurovisionsfans aus aller Welt (er hat sie alle genommen, hat er gesagt!), darunter übrigens auch Jendrik Sigwart. Und eben auch meine Wenigkeit.

Chancen aufs Finale: Na, aber hallo!

Reykjavik 2022: Oh Gott, das wär so genial!

10/10

Sonntag, 11. April 2021

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 5

Weiter geht’s mit dem zweiten Semi:


1. San Marino: Senhit – Adrenalina

Und auch das zweite Semi beginnt mit einem Kracher, und zwar mit einem, mit dem wohl kein Mensch ernsthaft gerechnet hätte. San Marino stand ja bisher für Trash irgendwo zwischen Fremdscham und Guilty Pleasure. Allein schon Senhits Vorjahresbeitrag: Cringe vom Feinsten. Und dann das: Hätte ich nicht gewusst, woher dieser Beitrag kommt, hätte ich ihn sofort in Richtung Aserbaidschan verortet. Senhit war wohl ihr Vorjahresdings selbst zu peinlich, so dass sie in diesem Jahr zeigen musste, was sie wirklich drauf hat. Mal sehen, wie sie das umgesetzt kriegen. Das Video war immer noch recht bunt, aber professioneller als alles, was ich bisher aus San Marino gesehen habe. Wenn die so weiter machen, müssen wir wirklich noch Andorra zurückholen!

Chancen aufs Finale: Es wird nicht nur ins Finale kommen, sondern vielleicht sogar die beste san marinesische Platzierung ever werden.

Seravalle 2022: Das wär mir dann jetzt doch ein bisschen zu mutig.

6/10


2. Estland: Uku Suviste – The Lucky One

»Komm, mach aus, das wird nicht besser.« Das waren die weisen Worte von Doktor Irving Wolther zu Beginn des letztjährigen Estland-Reaktions-Videos. Und es ist auch dieses Jahr nicht besser geworden. Obwohl die Esten die Wahl hatten, wählten sie wieder diesen unsympathischen Schönling mit einem erneut strunzlangweiligen Lied. Ja, man kann es sich anhören, aber das ist kein Qualitätskriterium. Und Uku, noch zwei Sachen: Erstens: Wenn man bei der Eurovision gewinnen will und in seinem Video um Wasser rum treibt, ziehe man sich bitte aus, sonst funktioniert das nicht. Zweitens: Nur weil du denkst, dass du jetzt, wo Tom Leeb nicht antritt, der Schönste in der Klasse bist, macht dich das auch nicht sympathischer.

Chancen aufs Finale: Nein. Und zwar völlig zu Recht nicht.

Tallinn 2022: Bitte dann mal wieder einen gescheiten Eesti Laul. Ihr wart einst die Coolsten von allen!

4/10


3. Tschechien: Benny Cristo – Omaga

So, da hat der arme Benny Cristo also den Todesslot erwischt. Dabei macht der Song wirklich gute Laune, und Bennys positive Ausstrahlung tut ein Übriges. Dennoch, es wird sehr schwer werden für die Tschechen. Das Bemerkenswerteste is noch das Wortspiel »Omaga«, was der Aussprache nach zu urteilen wohl »Oh my God« heißen soll. Es wird hier viel davon abhängen, wie sie es auf die Bühne bringen. Die Startnummer nach Estland ist nicht unbedingt ein Nachteil, aber sie müssen schon sehr reinkrachen, um am Ende nicht vergessen zu werden. Ich sehe sie leider eher draußen.

Chancen aufs Finale: Siehe oben. Meiner Meinung nach eher nicht.

Prag 2022: Ich hab zum Geburtstag eine Reise dorthin geschenkt bekommen. Hoffentlich können wir die dann nächstes Jahr machen.

6/10


4. Griechenland: Stefania – Last Dance

Beim Video wurde auch in diesem Jahr wieder alles aufgefahren, was die Fantasie hergibt. Leider lenkt das alles sehr von dem Song ab. Eine Dance-Nummer, die zum einen Ohr rein und zum anderen wieder rausgeht, viel, viel glattgebügelter als »Supergirl« letztes Jahr. Es ist der letzte Tanz, soll aber doch nicht der letzte Tanz sein. Geht wohl wieder um Corona. Hier wird alles darauf ankommen, wie das auf die Bühne gebracht wird. Der Song allein wird es nicht reißen.

Chancen aufs Finale: Griechenland und solche Nummern – das wird wohl funktionieren.

Athen 2022: Nein.

5/10

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 4

 13. Rumänien: ROXEN – Amnesia

So, Freunde. Auch wenn ich mit dieser Meinung auch wieder allein auf weiter Flur stehen sollte: Dark-Horse-Alarm! Das hier ist zurückhaltend geschätzt ungefähr hunderttausendmal besser als der letztjährige Beitrag der Rumänen, da viel, viel glaubwürdiger. Dass Roxen sich vom Leben und von den Umständen herumgeschubst fühlt und die Kontrolle verloren hat, nehme ich ihr viel eher ab als die Tatsache, dass sie in besoffenem Zustand ihren Liebsten anruft. Das verstörende Video tut da noch ein Übriges. Roxen als Künstlerin hat ja sowieso was Einzigartiges, das gilt auch und vor allem für ihre Stimme. Aber, liebe Rumänen: Das unsägliche Kleid aus dem letztjährigen Vorentscheid bleibt bitte in der Altkleidersammlung! Oder noch besser: Verbrennt es, wenn Ihr nicht schon habt!

Chancen aufs Finale: Nach zwei Pleiten geht es für die Rumänen wieder ins Finale. Und zwar nicht knapp, sondern sehr, sehr, deutlich.

Bukarest 2022: Wie gesagt: Dark-Horse-Alarm.

8/10


14. Aserbaidschan: Efendi – Mata Hari

Man kann ja über Aserbaidschan sagen, was man will, aber wie Eurovision geht, wissen sie. Kurz und knackig: Hier wurde alles richtig gemacht. Sie wussten, dass sie letztes Jahr ein sehr starkes Gesamtpaket hatten, deshalb haben sie den diesjährigen Song nicht nur mehr als marginal an den letztjährigen angelehnt, sondern sogar eine raffinierte Referenz eingebaut: »Just like Cleopatrrra the army of lovers ...« Und auch der Refrain ist wieder catchy bis zum Gehtnichtmehr. Am besten gefallen mir zwei Sachen: Erstens hab ich noch nie gehört, wie jemand »desire« auf »liar« gereimt hat, und zweitens kriegen sie mich natürlich spätestens bei dem Teil, wo der Beat auf einmal doppelt so schnell wird. Sie hatten mich aber schon vorher. Mit anderen Worten: Leider geil.

Chancen aufs Finale: Ja sischer dat!

Baku 2022: Es kommt sehr weit nach vorne, aber ich weiß nicht, ob es gewinnen kann.

8/10


15. Ukraine: Go_A – SHUM

Bevor ich zum ersten Mal den letztjährigen Beitrag »Solovey« von Go_A gehört habe, hätte ich nie gedacht, dass ich jemals Gefallen an weißem Gesang finden könnte. Aber Go_A schaffen sogar das. Und mehr noch: »Solovey« war unterm Strich schon mein Lieblingsbeitrag im letzten Jahr, aber »SHUM« finde ich fast noch stärker. Treibende Elektrobeats. Flöten. Landessprache. Ein Lied, um mit Lärm und Tanz den Frühling herbeizusingen. Ich liebe alles daran! 

Chancen aufs Finale: Jaaaaaaaaaaaaaaaaa!

Kiew 2022: In einer gerechten Welt, ja. In dieser leider nicht.

10/10


16. Malta: Destiny – Je me casse

Diese Frau ist allen Ernstes erst 18?! Die hätte ich ihr niemals gegeben. Bekanntlich fand ich ihren Vorjahresbeitrag nicht so wirklich prickelnd, ich hätte sie im Gegensatz zu allen anderen nicht mal im Finale gesehen. In diesem Jahr nun singt sie eine Female Empowerment Hymne mit einer französischen Titelzeile und eingestreuten Saxophonsprengseln. Die ist sehr, sehr deutlich an »Toy« angelehnt, hat aber auch thematische Anleihen an »Proud«. Es geht darum, als Frau selbstbewusst und unabhängig zu sein. Destiny hat eine absolute Wahnsinnsstimme, das wird sicherlich Punkte ohne Ende bringen. Darüberhinaus? Man wird sehen. Mich holt es nicht ganz so ab wie alle anderen.

Chancen aufs Finale: Natürlich. Allein schon der Startnummer wegen.

Valletta 2022: Sagen die Bookies. Sag ich nicht. Obwohl ... »I’m not your Toy« versus »I’m not your Baby«? Hm. Weiß nicht.

6/10


Das war es schon mit der ersten Runde! Dann wollen wir doch mal sehen, wer von denen es schaffen könnte.

Ins Finale kommen:


Litauen

Russland

Schweden

Irland

Zypern

Norwegen

Israel

Rumänien

Aserbaidschan

Ukraine

Malta


Ups, das sind 11. Dann muss ich einen streichen. Hmmmmm.... Norwegen oder Israel. Oder doch Russland? Aber mit Aserbaidschan, Litauen und der Ukraine und der Geschichte dahinter müsste Russland es eigentlich schaffen. Nee, ich streiche Israel. Das riecht ja jetzt schon wieder nach Metzelsemi. Mal sehen, ob das zweite einfacher ist.

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 3

9. Norwegen: TIX – Fallen Angel

ÖH?! ÖÖÖÖH!? Der hat Keiino rausgeschmissen! Das muss doch gut sein. Das muss d... ÖÖÖCH?!  Ich bin verwirrt. Ein sonnenbebrillter Mann mit dem Gesicht des jungen Marius Müller-Westernhagen, dem Geschmeide des gesamten Ponte Vecchio, den Engelsflügeln von Rocco, güldener Gewandung und einem Mantel, bei dem ich nicht weiß, ob er aus Kunstpelz oder aus Trockeneis ist, singt mit toller Stimme einen Song, wo er sagt, dass er ein gefallener Engel ist. Der könnte sich doch eigentlich direkt mit der Zypriotin zusammentun. Wenn man den Berichten glauben darf, ist das einer der größten Stars in Norwegen. Damit wir anderen uns seinen Namen auch merken, hat er ein Stirnband um, wo der Name draufsteht. Der Song an sich gefällt mir durchaus gut, allerdings hat das Ganze visuell was von einem Unfall mit einem Tanklaster. Dass er dabei an jeder Hand drei gefallene Engel (in schwarz) an sich gekettet hat, treibt den Trash-Faktor nochmal zusätzlich in die Höhe. Hm.

Chancen aufs Finale: Fällt halt auf, und auffallen ist nie verkehrt.

Oslo 2022: Nein. Nein, nein, nein!

5/10 (und die alle für den Song!)


10. Kroatien: Albina – Tick-Tock

Vor einiger Zeit wurde die Schmuckgestalter-Welt von einem Erdbeben erschüttert. Swarovski macht seine Do-it-yourself-Linie dicht. Warum erwähne ich das hier? Anscheinend hat es sich auch in die Eurovisionswelt rumgesprochen, denn ich sehe nur Strass, Strass, Strass. Ansonsten ist auch dieser Song wie schon mehrere andere heute aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt. Die Strophen sind etwas beliebig, dafür kracht der Refrain richtig rein und rettet den Beitrag. Speziell nach dem Norweger würde es nämlich sonst schwierig, da die Kroaten rein optisch auf den gleichen Glitzer-Overkill setzen. Der fällt beim Norweger aber mehr auf.

Chancen aufs Finale: Wird schwierig, aber vielleicht klappts.

Zagreb 2022: Nein.

6/10


11. Belgien: Hooverphonic – The Wrong Place

Hooverphonic-Bassist Alex Callier hat sich ja letztes Jahr in der Bubble recht unbeliebt gemacht dadurch, dass Belgien das einzige Land war, das sich dem gemeinsamen Einsingen von »Love Shine a Light« verweigert hat. Zum Glück für ihn wird das außerhalb der Bubble genausowenig interessieren wie die Tatsache, dass Leadsängerin Luka Cruysberghs gegen die kampferprobte Geike Arnaert ausgetauscht wurde. Ich fand ihren letztjährigen Beitrag wunderschön, aber der diesjährige passt tatsächlich viel besser zu Geike als zu der zerbrechlichen, zarten Luka. Der Song ist  recht düster, es geht um einen schiefgelaufenen One Night Stand. Musikalisch sind eine Menge spannender Ideen umgesetzt, allerdings muss der Schluss unbedingt nochmal angefasst werden. Dieses Abhacken da am Ende funktioniert überhaupt nicht.

Chancen aufs Finale: Auch das könnte schwierig werden, aber vielleicht klappts

Brüssel 2022: Nein.

7/10


12. Israel: Eden Alene – Set Me Free

Auch hier bin ich mit dem Schluss nicht so zwingend glücklich, aber ansonsten ist diese Startnummer für Eden Alene der Jackpot. Der Song setzt sich maximal von den Belgiern ab. Es beginnt sehr leise, nimmt aber dann schnell Fahrt auf. Die Ethno-Streicher geben dem Song genügend Kante, aber ohne, dass es zuviel wird. Auch hier gibt es wieder jede Menge lustiger Tanzschritte, die man bestimmt auch ohne Wasser nachtanzen kann. Und dann der Schluss, wo Eden nochmal so richtig zeigen kann, was sie stimmlich draufhat. Wow!

Chancen aufs Finale: Ich gehe hier mal wieder nicht mit der Mehrheit konform und sage, dass sie es auf jeden Fall schafft.

Tel Aviv 2022: Nein.

7/10

Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 2

 Weiter gehts:

5. Australien: Montaigne – Technicolour

Bevor ich mich der Interpretin im Allgemeinen und dem Song im Besonderen widme, eine Frage vorab: Habe ich einen Trend verpasst, oder ist es inzwischen wieder en vogue, dass Frau ihr Achselhaar länger als abrasiert trägt? Das hab ich seit der jungen Nena nicht mehr gesehen. Aber gut, to business, Frau Fabian muss ja nicht alles verstehen. Montaigne hat immerhin die Clownsklamotten und das entsprechende Make-up weggeräumt, besser geworden ist aber dadurch nichts. Hier hat man einhundertzweiundelfzig Songs in einen reingepackt, getreu dem Motto »Viel hilft viel.« Na ja. Jeder kann sich mal irren. Für mich ist das alles nur anstrengend und nicht eingängig, da kann Montaigne ihre Stimme noch so akrobatisch präsentieren. Nee, nee, nee. Ganz, ganz, grauenhaft.

Chancen aufs Finale: Wenns Gerechtigkeit gibt, nicht. Aber es gibt keine. Außerdem gibts nur sechs Rausflieger.

Somewhere in Europe 2022: ....? ! ?? :o 

0/10


6. Nordmazedonien: Vasil – Here I Stand

Haldor Lægrid reloaded oder Willkommen beim Eurovision Musical Contest. Ich sehe ja ein, dass es nach Würdigung schreit, wenn ein Künstler aus seinem innersten Inneren in Phasen tiefer Bestürzung (nach dem abgesagten Contest letztes Jahr) einen Song schreibt, und ich sehe auch ein, dass ein solcher Song dann gern ein bisschen Pathos haben darf, aber lieber Vasil: Du bist mit dem Song definitiv auf der falschen Veranstaltung. Das gehört als Höhepunkt in irgendein Musical. Hier fehlt leider jedweder Ansatz von Struktur, da ist nichts, woran man sich erinnern kann oder auch nur will. Vasil singt sich natürlich die Seele aus dem Leib, aber er neigt doch sehr zum Überperformen. So ist das leider chancenlos, was mir für ihn natürlich leid tut, aber irgendwen schrägts halt immer. Dabei war sein Vorjahresbeitrag echt schön!

Chancen aufs Finale: Keine. Und hier bin ich mir ausnahmsweise absolut sicher.

Skopje 2022: Wenn überhaupt, dann nur als neues Musical.

3/10


7. Irland: Lesley Roy – Maps

Lesley! Die hatte ich im letzten Jahr schon total ins Herz geschlossen, und auch dieses Jahr liefert sie wieder ab. »Maps« ist sehr eng an »Story of my Life« angelehnt, und das ist sicherlich kein Fehler. Der Song geht sofort ins Ohr und macht zumindest mir supergute Laune. Dazu kommt, dass Lesley wahrscheinlich der größte Sympathiebolzen seit Poli Genova ist. Wenn sie die Inszenierung nicht versemmeln, sehen wir das zweimal.

Chancen aufs Finale: Siehe oben. Ich denke, dass sie es schafft.

Dublin 2022: Nein

9/10


8. Zypern: Elena Tsagrinou – El diablo

Manche Songs machen es einem ein bisschen schwer, sich ihnen zu nähern. Wir haben hier eine recht ausstrahlungsarme, aber sehr gelenkige Interpretin, die uns in grottenschlechtem Englisch einen davon erzählt, dass sie in den Teufel verliebt ist, und er sagt ihr, dass sie sein Engel ist. Sie macht alle möglichen und unmöglichen Verrenkungen dazu, was zugegebenermaßen nicht jeder kann, und wird dabei irgendwann von einer Horde oberkörperfreier Kerle umtanzt. Zwischendrin kommt urplötzlich ein leiser Teil, wo sie ihre Mamacita fragt, was sie tun soll, und am Ende singt ein Chor auf diese Nänänänänäänää-Melodie (die, die man singt, wenn man anderen eine lange Nase dreht) »I love el diablo, I love el diablo«. Was sagt man nun dazu? Am besten: Nichts.

Chancen aufs Finale: Tamta hats geschafft, Eleni hats geschafft, und sie schaffts auch.

Nikosia 2022: Ochi.

4/10


Die Eurovisionsklasse 2021, Teil 1

 Los gehts mit dem ersten Semifinale:

1. Litauen: The Roop – Discoteque

Und los geht es dann auch gleich mal mit einem Kracher. The Roop gehörten ja im letzten Jahr bekanntlich zu den Top-Favoriten auf den Sieg, und »Discoteque« [sic!] macht da weiter, wo »On Fire« aufgehört hat. Der charismatische Frontsänger und seine Truppe sind allesamt ganz in gelb gewandet, was vermutlich für den Rest der Saison so bleiben wird und vor dem schwarz-weißen Hintergrund super kommt. Dazu gibt es einen guten, abwechslungsreichen Song, dem leider etwas Vergleichbares wie der Instrumentalteil aus »On Fire« fehlt. Aber dafür bekommen wir hier eine Tanzchoreographie, die in die Eurovisionsgeschichte eingehen und dermaleinst der Burner auf allen Euroclub-Tanzflächen sein wird. UND obendrein noch lustige Handbewegungen. Ihr könnt schon mal üben!

Chancen aufs Finale: Die Frage ist doch wohl eher: Gewinnt es das Semi? Und die Ansage mache ich, ohne den Rest gehört zu haben.

Vilnius 2022: Ich denke, das ist auch dieses Jahr möglich. Mal sehen, wie hart die Konkurrenz ist.

8/10


2. Slowenien: Ana Soklič – Amen

An Ana sieht man dann auch gleich sehr gar nicht schön, wo das Problem ist, wenn man direkt im Folgejahr nochmal antritt. Es kommt immer sofort der Vergleich zum Vorjahresbeitrag, und der fällt in diesem Falle leider zu Ungunsten von Amen aus  – und ich fand Voda schon nicht so prickelnd. Anas tolle Stimme ist geblieben, das ist aber auch alles. Ansonsten schlonzt sie sich durch ein bombastisches 4-Chord-Stück mit Rückung, leider obendrein noch auf Englisch, und es ist einfach. Nur. Langweilig. Dazu kommt, dass ich bei diesem Song wie auch bei allen anderen das offizielle Video habe, das ist aber mindestens eine halbe Minute zu lang geraten. Ich befürchte, dass die Rückgängig-Machung der Rückung ganz am Ende das ist, was der Schere zum Opfer fallen wird. Fatal, denn das war das Interessanteste am ganzen Song.

Chancen aufs Finale: Glaub ich auch in diesem überschaubaren Feld nicht.

Ljubljana 2022: No.

4/10 (für die gute Sängerin)


3. Russland: Manizha – Russian Woman

Little Big, im letzten Jahr ebenfalls einer der Top-Favoriten auf den Gesamtsieg, sind nicht nochmal angetreten. Als Nachfolgerin kam eine, die den wohl außergewöhnlichsten russischen Beitrag aller Zeiten im Gepäck hat, and that is saying something. Manizha ist Frauenrechtlerin, LGBT-Befürworterin und allein dafür und für die Botschaft ihres Songs (»every russian woman needs to know you’re strong enough to bounce against the wall«) gehört ihr der Lorbeerkranz gewunden. Leider kommt ihr Song an den meisten Stellen zu schräg in meinen Ohren an, auch bin ich ja alles andere als eine Rapfreundin. Der langsame, hymnische Teil ist dann wieder wunderschön. Summa summarum muss man aber immer das Gesamtpaket sehen, und dem ist eine gute Platzierung unbedingt zu wünschen.

Chancen aufs Finale: Es ist Russland. Die kommen immer ins Finale, es sei denn, sie wollen nicht.

Moskau 2022: Das wäre allein schon deshalb super, weil die Homophoben dann dort kollektiv vom Stuhl fallen würden. Wird aber leider nicht passieren.

6/10 (weil wegen Gesamtpaket und so)


4. Schweden: Tusse – Voices

Eigentlich müssten wir ja stinksauer sein auf die Schweden. Die und ihr geheiligtes Mello waren wohl einer der Hauptgründe dafür, warum nicht nochmal alle Vorjahresteilnehmer in diesem Jahr angetreten sind, so dass uns auch die wunderbaren Mamas nicht nochmal beglücken konnten. Die haben zwar beim Mello teilgenommen, mussten sich aber hinter dem Sieger und einem gewissen Eric Saade mit dem dritten Rang begnügen. Aber das, was wir statt dessen bekommen haben, ist ein mehr als adäquater Ersatz. Tusse hat eine unglaublich tolle Stimme, und obwohl das, was er uns da präsentiert, nun weiß Gott das Rad nicht neu erfindet, holt es mich aus irgendeinem Grund sofort ab – und das, wo ich mich doch bisher nun wirklich nicht in Verdacht gebracht habe, schwedische Beiträge in den Himmel zu jubeln. Das hier ist gut. Und wird gut abschneiden. Ist schließlich Schweden!

Chancen aufs Finale: Hömma! Es ist Schweden!

Stockholm 2022: Er wird vorne mitspielen, aber nicht gewinnen.

9/10 (huch?!)

ESC 2021 - Ein paar Worte vorab

Tach, Gemeinde! Alle wieder aus dem Winterschlaf erwacht? Ich hoffe! Von mir selbst kann ich das leider nicht sagen, aber nachdem ich einen Blick auf den Kalender geworfen und festgestellt habe, dass es schon Mitte April ist, Ostern rum und die Fastenzeit somit beendet, gehen mir allmählich die Ausreden aus.

So ganz bin ich noch nicht zurück in der Spur, obwohl mich der Ausfall des ESCs 2020 wirklich hart getroffen hat, wie wohl viele von Euch. Das Beste, was man über den ESC 2021 sagen kann ist, dass er überhaupt mal stattfindet. In welcher Form das geschieht – we will see. Es gibt verschiedene Szenarien, wie es ablaufen kann, aber welches es dann genau sein wird, werden wir wohl erst sehen, wenn es losgeht, Corona sei Dank.

Zwei Länder werden in diesem Jahr nicht dabei sein, beide aus höchst bedauerlichen und traurigen Gründen: 

Die Armenier sahen sich vor dem Hintergrund der erneuten Kämpfe um Berg-Karabach außerstande, einen Song auszuwählen und nach Rotterdam zu schicken. 

In Belarus sah das anders aus. Die letztjährigen designierten Vertreter Val sympathisieren mit der Demokratiebewegung in Belarus, selbstverständlich zum Missfallen von Lukaschenko. Der wollte lieber einen regimekonformeren Vertreter beim ESC sehen und ließ deshalb die Band Galasy ZMesta mit dem Song »Ya nauchu teba« (zu deutsch: »Ich bringe dir bei«) antreten. Vordergründig ein harmloser Song, hintergründig aber einer, aus dem man die Botschaft herauslesen kann, die Truppe möchte den Zuhörern Gehorsam gegenüber Lukaschenko beibringen. Das sah dann auch die EBU so, die den Song einkassierte und die Belorussen dazu aufforderte, mit einem neuen, unpolitischeren Text an den Start zu gehen. Der neue Song kam dann auch, der Text aber fiel bei der EBU wieder durch, so dass Belarus beim ESC 2021 nicht an den Start gehen wird.

Da waren es dann nur noch 39. Ich hoffe aber, dass diese 39 uns viel Freude machen werden und dass das größte Problem beim ESC 2021 sein wird, dass das eine oder andere Lied möglicherweise grottenschlecht ist oder zu Unrecht im Semi rausfliegt und dass der völkerverbindende Charakter der ganzen Veranstaltung wieder in den Fokus gerückt wird.

In diesem Sinne wünsche ich Euch und uns allen einen großartigen ESC 2021 – let the Songbesprechung: BEGIIIIIIN!

Zwei Anmerkungen noch in eigener Sache: In den letzten Jahren hatte ich bei der Besprechung ja immer tatkräftige Unterstützung durch den Nachwuchs. Darauf verzichte ich in diesem Jahr, weil ich es sonst schlicht und einfach nicht schaffe. Und, und jetzt möchte ich bitte das eine oder andere Frohlocken hören: Der Hörtest kommt wieder! Nachdem ich mich 2017 ja so blamiert habe, habe ich 2018 und 2019 keinen gemacht, 2020 ja sowieso nicht. Aber 2021 könnte man ja mal wieder ... Deshalb arbeite ich die Beitrge in diesem Jahr auch wieder in Startreihenfolge ab. 

Also, ready, steady, go!