Ich habe gestern das Video von Deiner Ankunft zuhause gesehen, und ich muss gestehen, mir sind die Tränen gekommen. Dass Du da so zusammengebrochen bist, war vermutlich nur folgerichtig nach dem, was Du hinter Dir hast.
Bestimmt hast Du Dich gefreut, als Du Eure Casting-Show im Februar gewonnen hast und damit auserwählt wurdest, Israel beim Eurovision Song Contest 2024 zu vertreten. Ich hab damals bei ESC kompakt bei der Ankündigung Eures Finales in die Kommentare geschrieben: "Die arme Socke, die das Rennen machen wird, tut mir jetzt schon leid. Ich hoffe, sie (die Socke) hat eine gute Zeit in Malmö!" Diese Hoffnung ist, wie wir inzwischen wissen, leider nicht in Erfüllung gegangen.
Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie es sich angefühlt haben muss, während der gesamten Zeit in Malmö im Hotelzimmer festzusitzen, wenn Du nicht gerade eine Probe oder einen Auftritt in der Halle hattest. Dort musstest Du immer mit einer Hundertschaft Security gefahren werden, weil sonst nicht sichergestellt werden konnte, dass Du an Leib und Leben unversehrt in der Halle bzw danach wieder im Hotelzimmer ankommst. Du wurdest nicht nur von der kompletten Party, die Teilnehmer und Gäste in Malmö gefeiert haben, ausgeschlossen, sondern hast auch mitbekommen, wie vor Deinem Hotel gegen Deine Teilnahme demonstriert hat. Und von den Morddrohungen gegen Dich haben wir noch gar nicht gesprochen.
Und wenn Du dann doch mal in Erscheinung getreten bist, wurde es nicht besser. Jeder Deiner Auftritte auf der Eurovisionsbühne wurde mit Buhrufen begleitet. Und so richtig nett waren die Künstler*innen aus den anderen Ländern im Regelfall auch nicht zu Dir. Wenn sie dann doch mal nett waren, konnte es passieren, dass der Druck von außen so groß wurde, dass sie von der Nettigkeit wieder Abstand nehmen mussten (hallo Käärijä!)
Unter diesen Umständen und mit all diesem Hass auf Dein Land im Gepäck noch so souverän und exzellent aufzutreten, ist eine Leistung, die man gar nicht genug würdigen kann. Dass Dich die Buhrufe nicht angefochten haben und dass Du Dein wirklich wunderschönes Lied zumindest im Semi makellos performt hast, ist enorm. Im Finale am Anfang hat man Dir den Druck am Anfang etwas angemerkt, Du hast Dich aber schnell wieder gefangen und bravourös abgeliefert. Wie ein so junger und vermutlich auch ziemlich öffentlichkeits-unerfahrener Mensch unter diesem Druck noch so performen kann, geht über meinen Verstand.
Du bist schlussendlich Fünfte geworden mit sehr vielen Punkten aus dem Televoting und sehr wenigen Punkten aus dem Juryvoting. Die Platzierung finde ich leistungsgerecht, aber wenn wir ehrlich sind, hattest Du auf eine faire Bewertung schon in dem Moment keine Chance mehr, als klar war, dass Du für Israel antrittst.
Ich hoffe, dass Dich diese Erfahrung nicht zu sehr traumatisiert hat und dass Du Menschen um Dich herum hast, die das mit Dir aufarbeiten können. Du bist eine unglaublich starke und wunderbare junge Frau, ich hoffe, diese Stärke trägt Dich weiter.
Fühl Dich von hier aus in den Arm genommen und geherzt.
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