Donnerstag, 15. April 2010

Deutschland, Georgien, Lettland – die Videos. Ein Vergleich

Deutschland, Georgien und Lettland sind heuer ein gutes Beispiel dafür, wie man preiswerte Videos ohne große Effekte drehen kann (aber nicht unbedingt soll).
Fangen wir an mit der deutschen ESC-Hoffnung Lena Meyer-Landrut, die nach ihrem Sieg bis morgens um fünf (übrigens ein neckisches Liedchen von Mary Roos) noch rasch ein Video drehen mußte, weil Universal was zum Vorzeigen brauchte. Folglich gibt es in dem Video keine umeinanderschwirrenden Satelliten zu sehen oder wenigstens ein bißchen Weltraumflair, blaue Unterwäsche oder lackierte Zehennägel (die im Liede auch besungen werden), sondern nur Lenchen in allen möglichen Nah- und Fernseinstellungen vor Studiokulisse, kalt- und kobaltblau angeleuchtet. Daß das Video dennoch nicht unbedingt zum Gähnen einlädt, liegt einerseits an der hohen Anzahl der Schnitte (der heutige durchschnittliche Unterschichten-TV-Zuschauer kann schließlich nicht nur nicht mehr still sitzen, sondern auch nicht mehr still gucken), andererseits aber auch an dem hyperaktiven Herumgezappel und der dazu passenden Grimassiererei vom Landrüetli. Die Formel lautet also: Schneiden und zappeln. Zur Veranschauung bitte das Video ansehen.

Leider wurde die Einbettung deaktiviert, weshalb man sich das Video extern anschauen muß.

Dem deutschen Konzept durchaus nicht unähnlich, um nicht zu sagen: wie aus der Grimasse geschnitten, ist das Video der Georgierin Sopho Nižaradze. Auch hier wird viel geschnitten, und man darf die kalte Sophie sogar verschiedenfarbig angeleuchtet und ein mit ein paar Frisurvariationen bewundern. Wo jedoch in Deutschland durch das Zappelphilippsyndrom der Protagonistin dem Video Leben eingehaucht wird, steht die kaukasische Maid – nicht zuletzt in ihrer Bewegungsfreiheit durch ihr eng anliegendes Kleid arg eingeschränkt – stocksteif in der Gegend, rudert mit den Armen (um das Gleichgewicht zu halten) und schaut, weil das Lied ja schließlich ernster Natur ist, betroffen in die Kamera, derweil sie „stores in the sky“ (Läden im Himmel) besingt, was auch immer die da sollen. Die Formel aus Georgien lautet demnach: Wedeln und gucken. Zur Veranschaulichung bitte das Video ansehen.



Kommen wir zu Vergleichskandidat drei, nämlich Lettland. Hier wurde die Finanz- auch noch zur Ideenkrise: Nicht nur die Kamera bleibt die ganze Zeit unbewegt, auch Aishas Gesicht bleibt es, abgesehen vom Mündchenaufreißen, um der Verzweiflung Luft zu verschaffen. Kein Waschweib aus dem Vorentscheid stört, kein einziger Schnitt zerreißt die Anspannung, kein Geblitze und Geblinke im Hintergrund stört die traute Zweisamkeit von Aisha und ihrem selbstaufgestellten Videoaufnahmegerät. Und man fragt sich mit Aisha, wozu das alles? Eigentlich hat sie ja recht, die Videoclips sieht sich außer dem harten Kern der internetfähigen ESC-Fanatiker niemand an, warum also Zeit, Geld, Gestik und Mimik für so einen überflüssigen Krempel verschwenden? Zeit ist Geld, und Geld ist knapp. Die Formel für Lettland lautet also: Still sitzen und laut jammern. Zur Veranschaulichung bitte das Video ansehen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"kalte Sophie" ... das nenn ich Timing !! ;)
Großartig pointiert !