Montag, 27. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 4

Spanien

Überraschenderweise war auch Spanien einer der absoluten Lieblinge in der Halle – wahrscheinlich war uns allen ein wenig nach anspruchsloser fluffiger Sommermusi (und obendrein hatten wir das eine Halbfinale der WM 2010 schon wieder vergessen – kleiner Scherz am Rande), dargeboten von einer absichtslos bildhübschen Dame und ihren nicht minder netten Begleitern. Aber der Spruch "Grau is alle Theorie, maßgebend is aufn Platz" gilt beim ESC anders als beim Fußball nur bedingt, denn wen interessiert schon, was die Halle gut findet? So kamwurde dann auch der einzige der Big 5, den ich von Anfang an als heißen Kandidaten auf die Rote Laterne gesehen hatte, zwar nicht letzter (immerhin!), aber dennoch Drittletzter. Nur seicht reicht halt nicht.

Finnland

Nach Georgien war das im Semi natürlich eine Wohltat, und der Erdaufgang kam supergut. Sehr starker Gesamteindruck, auch wenn Oskar stimmlich längst nicht alles gab. Im Finale dagegen war die Startnummer 1 der Todesstoß, und das tolle Bühnenbild verlor in der Wiederholung dramatisch, zumal Oskar im Vergleich zum Semi etwas unsicher wirkte und auch den einen oder anderen Wackler drin hatte. Aber das war nicht das einzige Problem:

Wenn man über Paradise Oskar redet, muss man natürlich auch mal kurz über Tom Dice reden, der Vergleich kam ja oft genug. Die Frage ist nur: Warum? OK, beide hatten eine ruhige, reduzierte Darbietung im Gepäck, beide traten im Semifinale jeweils mit der Nummer 10 nach einem eher hektischen Beitrag auf, beide kamen aus dem 8. Umschlag, beide sind nette junge Kerle. Damit hört die Ähnlichkeit aber auch schon auf. Während Tom nämlich mit Herz und Seele sang, als ginge es um sein Leben und dabei so authentisch und fast schon bestürzend normal und sogar ein wenig unbedarft rüberkam und ihm zudem im Semi die Anspannung deutlich anzumerken war, war der Auftritt von Paradise Oskar knallhart durchkalkuliert. Im Gegensatz zu Tom spielte er mit der Kamera, was Augenplieren und Wimpernklimpern hergaben, und spätestens im Finale merkte man dann doch irgendwie, dass es nicht um irgendwelche im Song enthaltenen Botschaften ging, sondern in erster Linie um die hervorgerufenen Effekte (zumal sich dann auch irgendwann rumgesprochen hatte, dass der Song ohnehin ironisch gemeint war). Und genau das wars dann auch, was dazu führte, dass der Finne im Finale sang- und klanglos abschmierte.

Frankreich

Aua. Aua aua aua. Wie ruiniere ich mir mit Gewalt meinen Favoritenstatus? Denn es gab ja viele, die felsenfest davon überzeugt waren, es würde 2012 nach Frankreich gehen. Das klappt aber nur, wenn ich meinen außergewöhnlichen Song auch perfekt vortrage, dazu gehört, wenn ich nun schon knödeln muss, wenigstens stimmliche Perfektion, das heißt, ich treffe einfach mal die Töne (und ich bleibe dabei, ohne Geknödel wärs besser gewesen). Sonst bleibt der jüngste Tenor der Welt eben einfach nur ein Tenörchen. Auch wäre es angezeigt, sich vorher nicht mit der Heugabel zu frisieren – wer zum Henker war dafür verantwortlich? Da halfen dann auch der wirklich hervorragende Song und das möglicherweise schönste Bühnenbild der gesamten Veranstaltung nichts mehr...

Großbritannien

Genau wie Frankreich auch das wieder ein Beitrag, der vor lauter hohen Erwartungen und Siegessicherheit kaum noch geradeaus laufen konnte – ok, die Metapher ist natürlich missglückt, aber sie hinkt wenigstens nicht, denn le Royaume Uni war für mich vor diesem Finale DER Siegesfavorit schlechthin. Nach ihrer Performance war mir aber sogar in der Halle klar, dass das nichts werden würde. Nicht dass es so richtig schlecht war, aber es kam einfach nix rüber. Die Wände mit den Konterfeis der vier waren angesichts der bescheidenen Gesangsleistung einfach much too much. Hier hat mir dann wirklich die Arschbombe gefehlt.

Keine Kommentare: