Malta, geographisch eine kleine Ansammlung unwirtlicher Felsen im Mittelmeer zwischen Tunesien und Italien, musikalisch das landgewordene Pro-Argument zur Polkappenschmelze: Alljährlich gegen Jahreswende legen Tippsen, Friseusen und Hausfrauen Schreibmaschine, Schere und Schrubber beiseite und quälen einander mit Liedern, die ihnen von ihren Chefs, Kunden oder Ehemännern geschrieben wurden (vereinzelt werden auch Duette oder männliche Malteser vors Mikro gelassen). Und irgendwann, wenn den Maltesern im Februar die Ohren endlich bluten, wählen sie dann die bestialischste Komposition aus, um den Rest Europas damit zu foltern.
Heuer fiel die Wahl auf Thea Garrett, die uns mit ihrer beeindruckenden Bühnenshow zu „My Dream“ (Mein Traum) auch visuell zu vermitteln weiß, daß die Malteser definitiv einen großen Vogel haben.
Zum Lied gibt es weiter nichts zu sagen, es ist eine „Ballade“ (Eurovisions-Fachausdruck für ein langweiliges Lied, das schwierig zu singen und noch schwieriger anzuhören ist, von dem man aber vermutet, daß es den Juries, die letztes Jahr wiedereingeführt wurden, zu imponieren und dadurch einige Punkte zu entlocken vermag), die gemäß dem Nachschlagewerk „ESC-Balladen leicht komponieren für Anfänger“ (Autor: Grand-Prix-Dummschwätzlegende Jan Fleddersen, 896 Seiten) entworfen wurde. Schon die Synthi-Geigen am Anfang bereiten dem wenig geneigten Zuhörer Übelkeit, vom Rest gar nicht zu reden. Da nützt es auch nichts, daß Thea Garrett eine wirklich gute Stimme hat.
Vielleicht sollte Malta nach georgischem Vorbilde nur noch ausländische Komponisten zum maltesischen Vorentscheid zulassen, dann hätten die Siegels, Babićs, G:Sons und Kavaleryans vorläufig ausgesorgt und ließen Länder mit fähigen Komponisten in Ruhe. Jedenfalls ist es eine nette Geste von Malta, freiwillig einen Platz im Finale für ein anderes Land zu räumen.
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