Samstag, 30. Oktober 2010

Aus der Reihe: Was uns vorenthalten wurde

In Belgien waren 2006 einmal mehr die Flamen an der Reihe, Europa mit ihren musikalischen Ergüssen zu beglücken. Eigentlich von Anfang an klar war, daß Kate Ryan als Siegerin hervorgehen würde, aber um die Direktnominierung zu tarnen, zog man noch ein wenig Vorentscheidung drumherum auf mit ein wenig Konkurrenz, die sogar hier und da einen kleineren Hit für die Benelux-Länder abwarf, wie beispielsweise Belle Perez mit ihrem Latino-Billigschlager „El mundo bailando“. Aber wie bereits erwähnt, stand Kate Ryan quasi von Anfang an als Siegerin fest, die Konkurrenz war ebenso chancenlos wie Belgien letztlich im Semifinale 2006, wo das Land der frittierten Schlümpfe ausschied.
Dennoch kann man nicht bestreiten, daß einige durchaus interessante Beiträge unter besagter Konkurrenz waren, die zwar beim ESC wohl kaum etwas gerissen hätten, weil nix Tanz und Titte, aber gerade dadurch das geplagte ESC-Seher-Auge entspannen. So wie das Lied von Els de Schepper etwa, die im Herbst 1965 im ostflämischen Sint-Niklaas das Licht der Welt erblickte und heute als Sängerin, Schauspielerin, Kabarettistin und Schriftstellerin tätig ist. Beim Vorentscheid 2006 genügte jedoch ihre erstgenannte Profession, die sie auch ordentlich ausfüllte. Im Viertelfinale nur durch die Jury weitergekommen, qualifizierte sie sich im Semifinale immerhin als Drittplazierte und war schließlich im Finale der einzige verbliebene flämische Titel im Rennen – und wurde Letzter (allerdings pfuschten noch ein paar internationale Juries bei diesem Ergebnis mit hinein, mit bekanntem Ergebnis). Durchaus unverdient, wie ich meine, und wer jetzt gespannt ist, wie sich das wohl anhören mag, drücke den Startknopf und lausche „Als ik je morgen ergens tegenkom“ (Wenn ich dir morgen irgendwo begegne):


Dienstag, 26. Oktober 2010

Aus der Reihe: Was uns vorenthalten wurde

Ab den frühen Neunzigern drohte der altehrwürdige ESC aus allen Nähten zu platzen: Außer den bereits seit Jahr(zehnt)en teilnehmenden Ländern Westeuropas drängten nun auch nach und nach die Länder des Ostens sowie diverse Splitter der Sowjetunion und Jugoslawiens in den Wettbewerb.
1993 kam die erste Welle der Osterweiterung; sieben Länder wollten ihr Debüt in der irischen Metropole Millstreet (County Cork, ca. 1.500 Einwohner) geben. Die EBU allerdings wollte nur dreien von ihnen Einlaß gewähren, und so fand am 3. April 1993 in Ljubljana, der Hauptstadt des frisch selbständig gewordenen Sloweniens, eine Vorentscheidung statt. Neben den Gastgebern waren auch noch Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Estland, Ungarn und Rumänien am Start. Bekanntermaßen traten aus diesem Wettbewerb rein zufällig die drei Ex-Jugo-Länder als Sieger hervor, die sich dann im Finale auf den Plätzen 15 plus tummelten. Sieht man sich die Ergebnisse dieser Vorentscheidung an, so gewinnt man beinahe den Eindruck, daß speziell die Ex-Jugo-Juries lediglich versuchten, sich stärkere Konkurrenz vom Halse zu halten, denn weder der Sieger, der slowenische, mediterran angehauchte Plätscherschlager „Tih deževen dan“ (Ein ruhiger, regnerischer Tag, Platz 22 von 25 im Finale), die bosnische Jammerarie „Sva bol svijeta“ (Aller Schmerz der Welt, im Finale mit Kniebeugen angereichert und mit Platz 16 entlohnt) und erst recht nicht der kroatische Schleimfetzen „Don’t Ever Cry“ (Weine niemals, Platz 15) wissen so recht zu überzeugen – aber das war leider ein allgemeines Phänomen der musikalischen Qualität der ESC-Neunziger. Rockiger ließen es die Slowaken angehen, die Straffreiheit für Untreue forderten („Amnestia na neveru“). Die Esten ließen eine junge, unbeschwerte Maid antreten, die dann auch passenderweise von Sorglosigkeit und einem flammenden Herzen sang („Muretut meelt ja südametuld“), womit die Balten nur wenige Jahre später in Gestalt von Maarja-Liis Ilus wesentlich erfolgreicher sein sollten. Aber auch für sie reichte es nicht, ebensowenig wie für die ungarische Teilnehmerin, die ihren einsamen Morgen beklagte („Árva reggel“). Letzter in diesem Entscheid allerdings wurde der rumänische Beitrag „Nu pleca“ (Geh nicht). Dida Drăgan, 1947 in Jugureni geboren, trug ihr Lied stimmgewaltig und mit dramatischer Gestik vor, wie man dies sonst nur von italienischen Schmachtfetzen einer Mia Martini oder Anna Oxa kannte. Und beim 93er ESC wäre dies auch der weitaus „italienischere“ Beitrag gewesen, weil das Original es vorzog, uns mit seinem schleimigen Schunkelschlager „Sole d’Europa“ (Europas Sonne) einmal mehr zu zeigen, wie sehr ihm der Wettbewerb mittlerweile am Pöter vorüberzog.
Wer nun neugierig geworden ist und sich auch nicht an zweieinhalb Minuten jugoslawischem Geschwafel stört, drücke bitte den Startknopf:


Montag, 18. Oktober 2010

ESC-2010-Nachlese, sechste Runde

12. Irland
Ich hatte Niamh ja einen Durchmarsch ins Finale mit dieser Startposition prophezeiht, und es sagt einiges über die Leistung der Slowenen und über ihre eigene aus, dass dem dann doch nicht so war. Ich vermute aber auch, dass sich kein Kommentator den Hinweis verkniffen hat, dass sie die Chose ja schon mal gewonnen hat, so dass die Erwartungen an ihre stimmliche Leistung beim Televoter wohl höher war als für andere Teilnehmer. Die wohl schönste Stimme im zweiten Semi konnte diese Erwartungen aber leider nicht erfüllen, nach der Modulation hat sie einige Male danebengelegen, und auch der abgewürgte letzte Ton half dem ganzen NICHT. Jetzt muss man den Jurys grad nochmal dankbar sein (ich mag dieses Lied sehr), ts....

13. Bulgarien
Ach wie hübsch, asynchrone Tänzer (die dazu noch in irgendwas gebadet haben, was ich lieber gar nicht kennen will und was mein ästhetisches Empfinden hochgradig beleidigt), das hatten wir auch noch nicht so oft. Normalerweise sinds ja eher asynchrone Töne. Aber das war hier nicht der Fall, das beste an diesem Auftritt war eindeutig Miro selber. Aber warum zur Hölle hat er das meiste auf englisch gesungen? Auf bulgarisch kam das deutlich besser. Optisch wars katastrophal, da war dann leider nix zu holen. Typisch bulgarisch halt.

14. Zypern
Oooooh was war der schnuggelich! Nun ja, nachdem Harel ja dermaßen danebengehauen hat, war der Platz des "Schnuckels des Abends" wieder frei, und Jon machte das gut. Er plierte ansprechend in die Kamera, und, obwohl nicht gerade mit großer Stimmgewalt (und obendrein mit einem hässlichen Chor) gesegnet, sang er sehr ordentlich, was deutlich mehr ist, als man von einigen seiner Mitbewerber sagen kann. Der Finaleinzug war dennoch etwas glücklich.

15. Kroatien
Das war im Vorfeld einer meiner Top-Favoriten auf den Gesamtsieg, und dann kommen die noch nicht mal ins Finale? Ja, ich gebe zu, stimmlich war es teilweise etwas wackelig (das wars aber bei anderen Finalisten auch, und nicht zu knapp!), auch Choreographie und Outfits waren sicherlich nicht in jeder Hinsicht optimal. Wenn man so viel Bein zeigt, dann muss man Stilettos tragen und nicht barfuß gehen (allerdings waren die Ohrringe von allen dreien GEIL, die möchte ich!). Aber der Song! Der Song war doch so stark, dass das eigentlich trotzdem dicke hätte reichen müssen! Möglicherweise ist das aber auch schon direkt beim Einspieler danebengegangen. Zwei Femminems im Hintergrund winken und lachen, die dritte macht mit der Hand ein Herz, schaut dabei aber zum Weglaufen. Vielleicht haben da die Televoter schon beschlossen, dass sie dafür nicht anrufen. Schande über Euch, Televoter. Und Schande über Euch, Jurys!

16. Georgien
Die hatte ich ja im Vorfeld nu gar nicht auf der Rechnung, aber wer bei SO einer Choreographie absolut makellos singt, der hat der Finaleinzug mehr als nur verdient, sei die Dame noch so unsympathisch und die Tänzer noch so sehr augen-bemake-upt, das war schätzungsweise mehr als bei Glam und Martin Stenmarck zusammen. Ich wäre nicht allzu überrascht gewesen, wenn sie das Semi gewonnen hätte. Hat sie bei den Jurys ja auch.

17. Türkei
Wenn es einen Beitrag gibt, der bei mir in der Zeit bis zum ESC kontinuierlich gestiegen ist, dann ist es der türkische. Und auch wenn die Performance nicht unbedingt mein Fall und das ganze sicherlich nix für Epileptiker ist: Der Song ist einfach großartig und mit Sicherheit das modernste, was dieser Abend zu bieten hatte. Von daher kann ich mit dem Sieg der Türken in diesem Semi bestens leben!

ESC-Nachlese, fünfte Runde

06. Schweden
Bei Schweden hatte ich mal wieder einen Glennis-Grace-Moment im Sinne von: Mittelmäßiger Beitrag wird auf einmal hochgejazzt bis zum Gehtnichtmehr, um dann übel, übel abzustürzen. Mal abgesehen davon, dass die Schweden eigentlich langsam wissen sollten, dass alles, was nicht irgendwie Abba ähnelt, immer irgendwie fiaskös endet, ist es sicherlich nicht zum Nachteil des Wettbewerbs, wenn auch Länder, die vermeintlich immer ins Finale kommen, mal rausfliegen, und klar ist, dass es keine Freifahrtkarten ins Finale gibt. An Anna lag es übrigens nicht, die war zwar hypernervös, hat aber trotzdem gut gesungen. Da war schon eher ihr Outfit / ihre Gitarre / ihr Liedle / ihr Chor schuld.

07. Aserbaidschan
Absaufura aka Frollein Sauertopf war ja auch reichlich nervös, das war in dem kleinen Ausschnitt vor dem Auftritt deutlich zu sehen. Und wir hatten ja bereits festgestellt, dass Aserbaidschan als Eurovisionsland erstmal Benehmen lernen muss, dass die Werbebanner auf so ziemlich allen relevanten Seiten im Vorfeld genervt haben ohne Ende und dass wir das alle doof finden wollten. Safura ist zwar nicht die optimale Sängerin für den Song (einer Siebzehnjährigen nimmt man die betrogene Ehefrau nun mal einfach nicht ab), auch kam ihr nicht gerade vorteilhaftes Leuchtkleid nicht zur Geltung, die Sache mit der Treppe hätte eher zu einem Sturz denn zu einem souveränen Hinunterschreiten führen können, und der Chor verweigerte sich auch an einigen Stellen. Es bleibt aber dennoch festzuhalten: Der Song ist sehr, sehr gut. Und zumindest ihre Sangesleistung wars auch.

08. Ukraine
Depressives Gegreine, die dritte. Der wohl unukrainischste Beitrag, den die Ukraine bis dato entsendet hat, ist zugleich auch der unerträglichste der drei, und Alyosha ist mir persönlich genauso unsympathisch wie Safura. Aber war der Song auch noch so schlecht, das englisch noch so gruselig (this fillings? Singt die über ihre Plomben in den Zähnen, oder was?) - die
Gute sang leider zu gut für einen Rausschmiss. Sorry, da hätte ich ungefähr jeden anderen aus diesem Semi lieber im Finale gehabt!

09. Niederlande
Das gilt ganz besonders für die Holländer, deren Gute-Laune-Schlager nach den neun Minuten Gejammer wie eine Erlösung wirkte, und ich könnte mir vorstellen, dass es die putzige Sieneke im ersten Semi möglicherweise sogar gepackt hätte. Immerhin ist sie bei den Televotern bis auf Platz 11 gekommen - dass die dösigen Jurys sowas nicht goutieren würden, war wiederum klar. Schade ist es trotzdem, nicht zuletzt deshalb, weil der Song erstens neben "Drip Drop" der bei weitem eingängigste des Jahrgangs ist, und zweitens hat er sich zum absoluten Liebling meiner dreijährigen Töchter gemausert ("Mama, mach mal Schali Schali"). Möglicherweise erklärt das das Scheitern: Die Zielgruppe war um die Uhrzeit schon im Bett.

10. Rumänien
Romania is back! Nach einer dreijährigen Schwächephase zeigten sie uns hier, dass sie nichts verlernt haben! Das Lied bleibt anstrengend, Klaviere zündet man nicht an (nie!) und fire auf desire ist auch nicht mehr der allerneueste Reim, um es milde zu sagen. Aber Ihr Lieben: SO geht ein Duett! Die beiden flirteten sich auf Teufel komm raus an über ihre Klaviere, schaut her, liebe Dänen! Und Paula, die glücklicherweise das übertriebene Make-Up aus der VE daheimgelassen hat, ist nicht nur ohne selbiges eine total hübsche Person, sondern hat auch die stimmliche Glanzleistung des Auftritts (und möglicherweise des ganzen Abends) gebracht. Dazu noch nette Pyros und leuchtende Tasten auf den Klavieren - da verzeiht man den Backings auch ihr Outfit. Auch wenn der Song immer noch nicht meins ist: Hochverdient im Finale.

11. Slowenien
Argh, es ist wirklich ein Kreuz mit diesem Land! Entweder haben sie aussichtsreiche Beiträge, die sie dann aber mit aller Gewalt im Klo versenken müssen, oder sie suchen sich was aus, was auf keinen Fall irgendeine Chance hat. Hier haben wir letzteres, und die insbesondere stimmlich wirklich exzellente Performance half leider auch nichts. Dabei find ich den Beitrag so klasse, aber wie schon vermutet: Europa ist voll mit Spaßbremsen. Pffft.

ESC-Nachlese, vierte Runde

Uuuuund - weiter mit dem zweiten Semi! Wir wollen ja zu Potte kommen, bevor Düsseldorf losgeht!

01. Litauen
Solche Auftritte wie der aus Litauen lassen mich schmerzlich merken, dass ich irgendwie auch nach fast 30 Jahren ESC-Gucken doch noch nicht so richtig in der ESC-Welt angekommen bin. Wir haben: Sprechgesang, einen seltsamen Refrain, fünf hässliche Jungens, die sich ihre braunkarierten (!) Hosen vom Leib reißen, um danach in silbernen Pailettenschlüppern und weißen Socken seltsam auf der Bühne rumzuhampeln. Hab ich noch was vergessen? Ach ja, die aufblasbaren Instrumente. Sollte so doof sein, dass es schon wieder gut ist, war aber nur so doof, dass es immer noch doof ist und kein bisschen gut. Bäh. Liebe Schwuppen, ich werde Euch nie verstehen - was zum Teufel war denn DARAN toll???

02. Armenien
Hui jui jui, hier wurde ja wirklich alles aufgefahren, um von Evas mehr als mäßiger Stimmleistung abzulenken. Nette Idee mit dem Baum, allerdings kam er für meinen Geschmack zu früh aus dem Kern. Außerdem passierte immer zu viel auf der Bühne, und bittschön: Wer hat denn die Eva eingekleidet??? Wenn ich ein 1,95 m großes Model mit DIESER Optik habe, dann muss doch wohl ein kurzer Rock her! Jedenfalls keine Jeans und ein seltsames apricotfarbenes Flatterdings, das beim Tanzen irgendwie schon sehr merkwürdig aussah. Im übrigen wüsste ich gerne, woher man solche Extensions bekommt, but alas! Ich bin ja nur einen Meter siebzig und kann das demzufolge in der Länge nicht tragen. Nichtsdestotrotz geht der Finaleinzug in Ordnung, andere sangen noch schlechter an diesem Abend (kamen aber dennoch ins Finale, wie wir gleich sehen werden).

03. Israel
Zum Beispiel Harek Skaat, genauso hübsch wie Eva, ungefähr halb so groß und mindestens doppelt so nervös. Leider hatte er keine Choreo mitgebracht, die von seiner Sangesleistung ablenkte. Am Anfang gings ja noch, da saßen die Töne, allerdings fragte ich mich, ob er seine Stimme in Israel vergessen hatte. Nach der Modulation fuhr er die Karre mit Volldampf vor die Wand. Obendrein grinste er vor lauter Nervosität strahlend in die Kamera, was zu seinem todtraurigen Liedle ja nu so gar nicht passte. Wie ein Blick auf die Einzelergebnisse zeigt, muss er in der Generalprobe deutlich besser gewesen sein, die Jurys hatten ihn nämlich auf Platz 4. Die Televoter dagegen hätten ihn an diesem Abend rausgeschmissen. In der Fußballsprache nennt man einen solchen Finaleinzug wohl glücklich (aber nur, weil man das Wort unverdient für Siege so gut wie nie benutzt und weil ich außerdem den Song von Harel immer noch sehr, sehr schön finde!) Übrigens, singt der da an einer Stelle "Scharlach"? Bring mich nicht auf dumme Ideen, Junge!

04. Dänemark
Oh je, schwieriges Thema. Nach Harel hatten die beiden eigentlich einen ganz guten Stand. Das Lied ist natürlich einigermaßen indiskutabel, aber war gut gesungen, und die Regie im Hintergrund hat bei den Pyros und der Windmaschine auch alles richtig gemacht. Außerdem war es gut, dass Frau Chanel nicht wieder das entsetzliche Kleid aus der VE anhatte. Aber, und da schließe ich mich dem unendlichen Chor der Kritikaster an: Das waren zwei Leute, die das gleiche Lied gesungen haben, aber das war kein Duett. Chemie? Zusammenspiel? Null.

05. Schweiz
In Zusammenhang mit dem Schweizer Beitrag hab ich übrigens eine Wette gewonnen. Mein Wettkontrahent wettete nämlich, dies sei ein Nullpointer gewesen. Es waren dann aber doch noch zwei Pünktlis, was eigentlich zu wenig war für diesen Beitrag war. Da gab es schon schlechtere Beiträge. Allerdings muss man zugeben, dass auch eine ganze Menge Dinge störten: Sei es der komische Schal um Michaels Hals, seien es die seltsamen Flatterdinger an den Armen seiner Chorsängerinnen, die unpassend zum Titel nicht in Gold gewandet waren (die Sängerinnen, nicht die Flatterdinger). Am schlimmsten jedoch waren Michaels Versuche, an den Stellen, wo der Refrain beginnt, unbedingt in die Höhe zu gehen und auch an einigen anderen Stellen unangemessen hoch zu singen (unangemessen = das Stimmvolumen überschreitend). Dass er teilweise auch Chorpassagen mitgesungen hat, die nicht seine waren, ist ein absolutes No-Go. Glücklicherweise trotzdem keine Null, denn der Michi ist schon ein totaaaal Süßer. In diesem Sinne: Pröschtli!

Freitag, 15. Oktober 2010

ESC-2010-Nachlese, dritte Runde

12. Albanien
Julianas Stimme ist nach wie vor nicht mein Fall, und auch optisch war das jetzt nicht... also das war verbesserungsfähig. Dennoch hatte ich Albanien von Anfang an als klaren Top5-Kandidaten gesehen. Der Auftritt im Semi hat mich allerdings enttäuscht, das kickte einfach nicht, keine Ahnung warum. Vielleicht hätte sie es auf albanisch singen müssen. Der Finaleinzug ging natürlich trotzdem absolut in Ordnung.

13. Griechenland
Ich mag das ja immer noch nicht, und ich bin auch froh, dass es nicht gewonnen hat - als Sieger hab ich es von Anfang an nicht gesehen. Außerdem hasse ich Tattoos. Aber es war gut gemacht, und Giorgios hat aus der Nummer alles rausgeholt. Griechische Patentformel eben.

14. Portugal
Das Lied ist immer noch dröge, und das Fräulein hat immer noch so gar keine Ausstrahlung. Nun gut, sie ist ja ganz hübsch, aber nicht hübscher als beispielsweise die Finninnen, die Slowakin oder die Malteserin (jawohl!). Also kann es doch nur das Kleid gewesen sein, oder? Und dann noch nicht mal knapp reingerutscht, sondern ziemlich oben auf Platz 4 - irgendwas ist da völlig an mir vorbeigelaufen.

15. FYROM
Auch das Lied aus Mazedonien hab ich mir in den Wochen vor dem ESC schöngehört, so kam der optische Schock beim Semi völlig überraschend. Nein, damit ist nicht der zweifelsohne schon etwas in die Jahre gekommene Gjoko gemeint, mit sowas schockiert man mich nicht. Dafür aber umso mehr mit diesen Tanzhuschen (jawoll, ein braves Mädchen macht immer schön die Beinchen breit!!) direkt vom Bahnhofsstrich aus Skopje. Und dann steht tatsächlich FSK 0 auf der DVD, man sollte es echt nicht für möglich halten.

16. Weißrussland
Alles, was uns von den mazedonischen Pornoschlampen wegbringt, ist prinzipiell schon mal gut. Dachte der Zuschauer und wählte Belarus (Belarus!) ins Finale. Wie gehabt: Der erste Sänger etwas monoton, aber hübsch, die Damen liebreizend, der Knödelix, der die zweite Strophe sang, dafür mit vollem Einsatz. Geht schon ok, das Finale.

17. Island
Ja, ich weiß. Wir wollten das alle nicht mögen im Vorfeld, aber allein schon der Videoclip hätte uns stutzig werden lassen müssen. So viel Selbstironie beweist sonst kaum jemand. Und jetzt das: Hera, rothaarig und in rot gewandet (!) singt den Rest des Feldes mit links an die Wand, hat die Halle fest im Griff und schafft obendrein noch während der Pressekonferenz den Spagat, sehr selbstbewusst, aber nicht arrogant rüberzukommen. Na klar weiß man, wenn man gut war, und ich war hinterher eigentlich eher überrascht, dass sie das Semi nicht gewonnen hat. Mit der Performance ist übrigens auch bewiesen, dass korpulente Frauen sehr wohl Uptempo-Songs performen können! Kann man Hera bei all dem immer noch nicht mögen? Eigentlich nicht, oder?

ESC-2010-Nachlese, zweite Runde

06. Lettland
Oh Lettland, Du Land der gewagten Eurovisionsbeiträge! Man sollte bei Euch dringend nochmal klären, wo die Grenze zwischen Gewagtheit und Eurovisionsselbstmord liegt. Sechs knödelnde Tenöre mit Zylindern, die singen können und ein Schmonzenliedle haben = gewagt. Dissonant quäkende Frau mit irrer Mimik, Morgenmantel in unaussprechlicher Farbe und Schuhen, bei denen sich sogar Imelda Marcos eher freiwillig die Füße abhacken würde, als sowas anzuziehen = Eurovisionsselbstmord. Und vom Lied haben wir da noch gar nicht gesprochen. Lass es Dir gesagt sein, Aisha: Mister God wird schon wissen, warum er nicht ans Telefon geht, wenn er auf DIESE Art angeplärrt wird.

07. Serbien
Tja, manchmal gibts Beiträge, da ist man so konsterniert, dass man gar nix schreiben kann. Das hier war Silly Walks, die Zweite, und obendrein noch Silly Haarschnitt. Aber, lieber Milan: Das wächst ja wieder. Ansonsten hab ich mich gefragt, ob das wohl die Tänzerinnen vom Deen waren und warum der Song, obwohl nett, immer noch nicht zünden mag. Was man sich halt während der drei Minuten Balkan-Stimmenfang so fragt.

08. Bosnien-Herzegowina
Die Bosnier machten im großen und ganzen genau das Gegenteil von den Slowaken. Das hier ist sicherlich ein Tiefpunkt in der bosnischen ESC-Geschichte, aber die Bosnier arrangierten den Song um, wodurch er spürbar gewonnen hat, und Vukasin holte alles, wirklich alles raus, was nur eben ging. Seine Chordamen sahen zwar verbesserungswürdig aus, der ganze Chor war aber ebenfalls auf den Punkt und mit angemessener Stimmgewalt da. So mogelt man sich ins Finale.

09. Polen
Wie mach ich einen Song mit möglichst wenigen choreographischen Elementen total kaputt? Nun, ich gröle am Anfang rum, lasse fünf Frauen simultan in einen Apfel hinein-, nicht aber von ihm abbeißen, so dass sich doch wohl jeder fragt, was jetzt mit den Äpfeln passiert ist und ob denn keine der Damen irgendwann eine Maulsperre bekommt, wenn sie so lange mit Apfel im Mund ausharren muss. Dann lässt man das Publikum sich etwas beruhigen und die Damen seltsame Dinge auf der Bühne anstellen. Um dann den Song endgültig abzuschießen, würge man eine der Damen und lasse ihr gleichzeitig von den anderen Damen die Klamotten vom Leib reißen. Für den Fall, dass irgendwer in Europa diese Demütigung auf offener Bühne nicht mitbekommen hat, suche man sich genau diese Szene für den Schnelldurchlauf aus. Und voilà! Schon sind alle Chancen, so denn jemals welche da waren, dahin.

10. Belgien
Wie schon im letzten Jahr, als Yohanna nach dem krassen Krassimir vor ihr direkt durchmarschiert ist auf Platz 1, gab es auch in diesem Jahr einen Profiteur der polnischen Katastrophe. Soll keiner sagen, die Startreihenfolge hätte keinen Einfluss! Und es war klar: Wenn nach den Polen was halbwegs anständiges käme, würden dem sofort alle Herzen in Europa zufliegen. Es kam nicht nur was halbwegs Anständiges, sondern was Wunderschönes. Tom ganz allein mit Gitarre, ohne Schnick und Schnack sorgte für den ersten richtigen Gänsehautmoment des Abends. Der zweite kam dann, als endlich, endlich Belgien im achten Umschlag drinsteckte - mein Gott, was hab ich um den gezittert! Völlig zu Unrecht, wie man inzwischen weiß, der Sieg im ersten Semi war vollkommen verdient! Chapeau Belgique!

11. Malta
Na, da hat ja jemand die Aussprache direkt von Glennis Grace geklaut - my darreeeeaaaam, das kommt mir doch sehr bekannt vor. Alles in allem war das stimmlich weitaus besser als erwartet, allerdings war ich von ihren Augen total abgelenkt. Kriegte die das linke Auge nicht auf, oder hat sie einen Silberblick? Egal, das alleine wär noch gegangen, der komische Raubvogel (ab nach Hause, aber schnurstracks!) allerdings dürfte das ganze gekillt haben. Leider, denn Thea war eindeutig besser als die Portugiesin! Aber dazu gleich mehr.

ESC-2010-Nachlese

Oh Gott oh Gott, wir haben schon Oktober, Düsseldorf ist ausgewählt als Austragungsort 2011, und ich hab den 2010er Jahrgang immer noch nicht Revue passieren lassen - dat geht ja nu gah nich!

Ich könnte mich ja damit rausreden, dass ich mich erstmal vom Schock des deutschen Sieges erholen musste (was stimmt), aber das wär doch ein bisschen schäbbich. Deshalb hier live und in Farbe meine Nachlese des ersten Semifinales:

01. Moldawien
War ja bekanntlich das erste Land, das die Chance bekam, Auge und Ohr zu beleidigen, und ich bedachte das seinerzeit mit einer schönen fetten Null. Inzwischen hatte ich mir den Song schöngehört, aber als ich den Auftritt sah, wusste ich wieder, woher die Null kam. Sorry, da kriegt man ja vom Zugucken Augenkrebs. Und obendrein klang das ganze auch noch etwas angestrengt. Dass es für diesen Haufen die Finninnen rausgetragen hat, erbost mich über die Maßen. Aber irgendwer musste ja im Finale auch den hinteren Teil des Feldes füllen...

02. Russland
Was war denn eigentlich nu auf dem Blatt drauf, war das wirklich ein Foto von der Liebsten oder einfach nur a weißes Bladdl Babbier? Egal. Peter machte das ganz gut, und es gelang ihm mit diesem Auftritt auch vortrefflich rüberzubringen, dass das ganze eine Verarsche ist. Einmal kippte die Stimme ab, aber was solls. Bei der anschließenden Pressekonferenz erwies sich Peter im übrigen als supersympathischer Zeitgenosse, weshalb ich ihm das Finale dann doch gönne - nicht aber wegen seines Liedes.

03. Estland
Ungefähr alles an diesem Auftritt war schräg: Die Musi natürlich (wobei ich die gut fand), dann benutzt der Pianist Fingersätze, für die mich meine Klavierlehrerin seinerzeit schon im ersten Lernjahr 24 Stunden bei Wasser und Brot eingesperrt hätte, und schließlich der Leadsänger, der aussieht wie eine Kreuzung aus Jürgen Klinsmann und einem, der zu Zeiten der Neuen Deutschen Welle nix geworden ist (aber er erinnert mich noch an irgendwen anderen - glaubt Ihr, ich komme drauf? Zweckdienliche Hinweise bitte an mich) und uns auf offener Bühne die wichtigsten Stellen aus dem Monty-Python-Sketch mit dem Ministery of Silly Walks vorspielt. Dass die Herrschaften dazu allesamt blaue, bordeauxrote oder schokoladenbraune Cordjacketts tragen, ist da fast noch das Normalste...

04. Slowakei
Die Slowakei, bis dato nur wenig erfolgreicher als ihr Bruderland nebenan, trat in diesem Jahr mit dem wohl aussichtsreichsten Beitrag ihrer bisherigen ESC-Geschichte an. Leider wurde aber vergessen, den guten Song auch mit einer ebensolchen Sängerin auszustatten. Kristinchen sah ja allerliebst aus, zumindest im Gesicht (das weiter unten war eher Geschmackssache), aber sie traf nicht nur meilenweit an den Tönen vorbei, sondern kam dadurch, dass sie versuchte, ihrer ohne Zweifel entzückenden Heimatsprache durch rrrrrrrollllende rrrrrrrrrs noch mehr Gewicht und Betonung zu verleihen, so manches Mal bedenklich aus dem Rhythmus. Und dass die Waldschrat-Braut dann auch noch anfing, eben jenen Waldschrat zwischendrin mit Alleluja und so weiter zu preisen, half dem Lied auch nicht, das hätte man besser gelassen - genau wie das gelbe Licht übrigens. Im Vorfeld sah ich das ja als sicheren Finalisten, aber nach diesem Auftritt konnten sie froh sein, dass sie nicht Letzte wurden.

05. Finnland
Kein Semi ohne Skandal, und hier haben wir den größten, den die diesjährigen Semis zu bieten hatten. Die Mädels waren bis zum letzten Ton stimmsicher, spielfreudig und haben die Halle gerockt. Der Song macht Laune. Also, Televoter und Jurys in Europa, wo zum Henker hattet Ihr Eure Augen während dieser drei Minuten??? Am Bildschirm ja wohl nicht, oder? Ich kanns mir wirklich nur so erklären, dass die Leute nach den vorangegangenen sechs Minuten Katastrophen-TV erstmal Bier nachfüllen mussten. Das erklärt vielleicht manches, aber es entschuldigt nix! Jeder, der NICHT für die Finnen angerufen hat, sollte das mir gegenüber besser verschweigen!