Mittwoch, 4. April 2018

Die Fallhöhe des Alexander R. oder Von der Wiederkehr

Einer der meistdiskutierten Beiträge in diesem Jahr kommt sicherlich aus Norwegen, denn Herr Rybak ist auch nicht-eingefleischten Eurovisionsguckern bestens bekannt. Ist es nun eine gute Idee, es nach einem Sieg nochmal zu versuchen?

Nuuuun ... schauen wir doch mal ganz objektiv, was den bisherigen Siegern bei nachfolgenden Teilnahmen widerfahren ist.

Die leider kürzlich verstorbene erste Schweizer Eurovisionssiegerin Lys Assia macht dann gleich den Anfang in unserem bunten Reigen. Ein Jahr nach ihrem Sieg wurde sie Vorletzte, ließ diese Schmach aber nicht auf sich sitzen und wurde ein weiteres Jahr später immerhin Zweite.

Weniger Glück hatte Corry Brokken (1957) aus den Niederlanden: Auch sie kehrte ein Jahr später zurück, belegte aber nur den (geteilten) letzten Platz.

Jean-Claude Pascal gewann 1961 für Luxemburg, 1981 langte es aber dann nur für Platz 11.

Isabelle Aubret, 1962 für Frankreich erfolgreich, gehört sicherlich zu den erfolgreicheren Wiederholungstätern. Sie wurde sechs Jahre später Dritte.

Noch näher dran war die Siegerin von 1964, die Italienerin Gigliola Cinquetti, der zehn Jahre später nur ein gewisses schwedisches Quartett im Weg stand, sonst hätte sie wohl erneut die Krone geholt.

Auch Anne-Marie Davids Wiederkehr kann man als durchaus erfolgreich bezeichnen, sie wurde sechs Jahre nach ihrem Sieg für Luxemburg anno 1973 für Frankreich Dritte.

Immerhin achtbar schlug sich Izhar Cohen. 1978 holte er den ersten Sieg für Israel, sieben Jahre später wurde er Fünfter.

Und dann kam zwei Jahre später ein gewisser Johnny Logan. Der für Irland startende Australier ist bis heute der Einzige, der bei seiner zweiten Teilnahme seinen Sieg wiederholen konnte - und der zweite Versuch war der wesentlich stärkere Song und ist nach Meinung der Schreiberin dieser Zeilen bis heute der beste Sieger aller Zeiten.

Beide Bobbysocks (Norwegen 1985) kehrten nochmal mit unterschiedlichem Erfolg zum ESC zurück. Hanne Krogh schaffte mit der Gruppe Just 4 Fun 1991 lediglich Platz 17, dafür holte Elisabeth Andreassen 1994 im Duett mit Jan Werner Danielsen Platz 6 und zwei Jahre später sogar Platz 2.

Eine der umstrittensten Siegerinnen (und ESC-Persönlichkeiten) ist sicherlich Carola aus Schweden. Die Siegerin von 1991 kam 2006 zurück und wurde (ohne eine einzige Höchstwertung) Fünfte.

Niamh Kavanagh aus Irland konnte 2010 nicht an ihren Sieg von 1993 anknüpfen. Sie wurde 2010 nur 23.

Noch schlechter erging es Dana International aus Israel (1998), die ihren Mythos in drei nur sehr schwer zu ertragenden Minuten im zweiten Semi 2011 komplett zerstörte. Ewig schade.

Charlotte Perrelli (geb. Nilsson), 1999 für Schweden erfolgreich, entkam dem gleichen Schicksal 2008 nur dank der Hilfe der Jurys. Im Finale wurde sie 18.

Etwas erfolgreicher war eine junge Dame aus Deutschland. Lena Meyer-Landrut trat nach ihrem Sieg 2010 ein Jahr später direkt nochmal an und erreichte den zehnten Platz.


Und nun Alex. Was können wir für ihn aus der Vergangenheit ableiten? Ich würd mal sagen .... gar nix. Ausruhen kann man sich auf seinem Sieger-Nimbus auf keinen Fall (nein, auch mit dem furiosen Sieg von Fairytale nicht), es ist aber auch nicht gesagt, dass es trotz der gigantischen Fallhöhe zwangsläufig eine Blamage werden muss. Der Schalter wird halt wieder auf Null gestellt.

Aus meiner Sicht gibt es nur eine einzige Person, die Alex im Weg stehen kann, und das ist er selbst. Wer seine Sieger-Pressekonferenz von 2009 gesehen hat, hat mitbekommen, dass er durchaus nicht frei von einer gewissen Arroganz ist. Und da muss er gewaltig aufpassen, denn wenn er sich seiner Sache zu sicher ist, könnte das ein sehr böses Erwachen werden.

Er muss auf jeden Fall zu 120 Prozent liefern und darf sich nicht darauf verlassen, dass seine Lausbubenausstrahlung es schon richten wird. "Thats how you write a song" ist prima, hat aber nicht die zwingende Strahlkraft von "Fairytale" - oder liegt es nur daran, dass sein Strahlelächeln beim zweiten Mal nicht mehr so frisch wirkt wie 2009 (zumal er ja inzwischen auch schon über 30 ist)?

Wir werden es sehen. Wenn ich eine Prognose wagen sollte, würde ich sagen, er wird vermutlich ein ähnliches Ergebnis einfahren wie die letzte Wiederholerin, und das wäre ja durchaus achtbar. Da ich aber ihn sehr mag und seinen Song auch, würde ich mich riesig freuen, wenn meine Prognose hier zu schlecht ist und er ein einstelliges Ergebnis einfährt.

Auf jeden Fall: Viel Glück in Lissabon, Alex! Wir drücken Dir die Daumen!

2 Kommentare:

Sixtus hat gesagt…

Mir gefällt THYWAS ganz ausgezeichnet und ich hatte nach der norwegischen VE so ein 'Oslo 2019-Gefühl'.
Jedoch wurde ich durch Kommentare unter dem Video und Wettquoten ganz schnell auf den Boden der Realität heruntergeholt.
Tja, wieder einmal beweist sich mein Geschmack nicht als massenkompatibel ;-)

Tamara Fabian hat gesagt…

Ahem... schau nochmal in die Wettquoten. Der ist massenkompatibler, als Du glaubst, siehe letztes Jahr. Ich glaube, dass Rybak die beste Wiederkehrerplatzierung einfahren wird seit... seit.... uff. Ich glaub, er kann durchaus gewinnen, was ja einige schon befürchten / erhoffen. Die Gegner haben meistens recht.