Lettland
Ich bleibe dabei, es ist ein wunderbarer Song, der mir sofort ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Und da ich insbesondere auch die Geschichte dazu toll finde, kann dieser Song nicht anders als mir das Herz erwärmen. Jöran ist sicherlich kein großer Sänger - gesanglich wars leider gar nix, aber da waren sie nicht alleine! - aber dafür eine Rampensau vor dem Herrn, der die Freude, die er an dem ganzen Event hatte, wunderbar auf die Bühne bringen konnte. Das machte einfach Spaß, da zuzuschauen. Nichts destotrotz hatte dieser "Lagerfeuersong" auf dieser Bühne leider nicht den Hauch einer Chance, auch wenns bei reinem Televoting sogar gerade noch fürs Finale gereicht hätte. Aber ich glaube, es ist zumindest alles in allem ein sehr positiver Eindruck geblieben, und ich wünsche der tollen sympathischen Truppe, dass sie die Zeit in Kopenhagen unabhängig von ihrem Ergebnis so genossen haben, wie das den Anschein hatte.
Denjenigen, der für Katrinas Outfit veranwortlich ist, möchte ich gerne mit der nächsten Rakete auf den Mond schießen - ohne Rückfahrschein. Es gibt einen feinen Unterschied zwischen charmant amateurhaft und "Kind, wie siehst du denn aus? Das kannst du doch nicht anziehen!" Das war, mit Verlaub, ein bisschen dick aufgetragen - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Dünn machte die Klamotte nämlich nicht gerade, und High Heels sollte man dazu lieber auch nicht tragen.
Trotzdem, außerordentlich schade, dass es nicht gereicht hat, ich hätte ihnen den Finaleinzug sehr gegönnt!
(und verteile erneut einen festen Drücker!)
Estland
Hm. Hm hm hm. Da bin ich in meiner Blitz-Nachlese wohl etwas zu nachlässig gewesen. Gerade hab ich mir den Auftritt nochmal auf der Tube angeschaut, und da hat Tanja beim Singen aber teilweise ganz schön geschummelt. Man hört es (achtet mal bei der ersten Strophe drauf), und man sieht es auch einmal an ihren Lippenbewegungen. Die Passagen, die sie dann wirklich selbst gesungen hat, waren dafür aber sehr gut. Es bleibt aber die Frage: Warum musste diese Hochleistungstanzerei eigentlich sein? "Ich heiße Tanja und tanze euch jetzt die estnische Vorentscheidung nach"? Hätte man den Beitrag nicht auch mit einer etwas weniger anstrengenden Choreographie auf die Bühne bringen können? Das Getanze half nämlich gar nix, ich wähnte mich gar beim Eurovision Dance Contest (gibts den eigentlich noch? Egal). Dazu dachten Tanja und ihr Tänzer während des gesamten Auftritts "Schätzchen, diese Bühne ist nicht klein genug für uns beide." Und dann immer die eingestreue Textzeile "Do you hear me screaming?"... tse tse tse. Der Rausschmiss war für mich durchaus eine Überraschung, die mich in sämtlichen Tippspielen, bei denen ich mitgemacht hab, Punkte gekostet hat, aber damit leb ich bestens.
Albanien
Keine Punkte gekostet hat mich das Ausscheiden von Hersi. Meine Güte, das ist so eine aparte, hübsche Frau, und dann trimmen die die in der Probenwoche auf doppelt so alte FDP-Politikerin, die gerade aus dem Landtag geflogen ist. Am Semiabend haben sie glücklicherweise noch einigermaßen die Kurve gekriegt (wer hatte eigentlich die Schwachsinnsidee mit dem Tattoo?), aber ihr Kleid war einerseits spießig bis zum Gehtnichtmehr und andererseits durchsichtig an den falschen Stellen. Dazu kam ein Song, den ich bei jedem Hören mehr mag, der aber mal wieder typisch albanisch sperrig ist. Und dann noch Rock. Rock goutiert der gemeine ESC-Zuschauer ja nicht, es sei denn, er kommt lustig verkleidet. Abgehalfte Politikerin ist zwar auch verkleidet, aber nicht lustig. So konnte es also nix werden. Ob die Landessprache geholfen hätte? Ich glaub nicht.
Belgien
Im Vorfeld immer wiederkehrenden Albtraum gehabt: Am Morgen nach dem Grande Finale kommen meine beiden kleinen Damen ins Schlafzimmer gewackelt und singen: "En wans ögäääään masser, ju a reit säääääääääääääääääär masser, ju ar mei geiding leit, mei schoulder, mei schelter, mei sätteleit, eim wiek jur breit...." ich hätte sie wohl stante pede zur Adoption freigegeben. Aber es sollte dann glücklicherweise nicht sein mit dem belgischen Sieg, Europa war dann wohl doch eher geschüttelt als gerührt. Während er im Semi sang, war mir klar, dass er ein Problem haben wird. Natürlich hat er eine gigantische Stimme, aber eben einen wirklich entsetzlichen Song. Wer bitte war denn da die Zielgruppe? Mütter? Ach komm. Ich bin zwar auch ne Mutter, aber doch nicht die von Axel! Und wenn die Zielgruppe nur aus einer einzigen Person besteht, hat man halt beim Televoting ein Problem... Dazu kam, dass Axel am Abend der Abende nicht liefern konnte. Er sang zwar immer noch gut, aber nicht perfekt. Um einen solchen Schmierfetzen von Song zu stemmen, muss man aber perfekt singen. Mir hat er, wie gesagt, sehr Leid getan, und vom Fremdschämen war ich kilometerweit weg. Ich hätte ihn nach seinem Auftritt am liebsten in den Arm genommen und getröstet - aber ich bin ja nicht seine Mother.
Mitleid hin, dicker Mann mit toller Stimme her, eine Sache will ich Euch nicht vorenthalten: Die Jungs von OnEurope haben Axel mit dem fiesesten, aber leider auch lustigsten Spitznamen bedacht, den ich jemals über einen Eurovisionsteilnehmer gelesen habe: Mr. Creosote. Wer Monty Pythons "The Meaning of Life" kennt, weiß jetzt wahrscheinlich schon Bescheid, der Rest möge es googeln. Die entsprechende Szene gibts auch auf der Tube. Aber Vorsicht: Das ist garstig, bösartig und absolut nichts für zartbesaitete Leute. Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.
Moldawien
Ordentlich Punkte gekostet hat mich in meinen Tippspielen auch das Ausscheiden von Moldawien, dabei hätte ich insofern drauf kommen können, als so gut wie niemand anders mit einem Weiterkommen dieses Beitrags gerechnet hat. Normalerweise haben die Moldawier aber ein Händchen dafür, was auf der Bühne gehen kann und was nicht. Aber dieses Mal haben sie wirklich voll danebengehauen. Der Song von Cristina Scarlat war der wohl düsterste im Wettbewerb und sicher nicht jedermanns Sache. Ich persönlich fand ihn toll und schrieb ja im Vorfeld, dass er bei perfekter Inszenierung eine Chance hat. Und dann das: Cristina, halb Burgfräulein, halb Walküre, lässt sich von vier mittelalterlichen Sklaven umtanzen, und der eurovisionskundige Zuschauer fühlt sich da an einen gewissen anderen Beitrag mit Ritterhemd erinnert, ich meine einen aus Bulgarien... aber wenigstens sang Cristina besser. Allerdings blieb der akustische Eindruck schwierig und der optische befremdlich. Und als man dachte, es könne nicht mehr schlimmer kommen, packt die sich in die lange blonde Mähne und rupft sich sämtliche Extensions auf einmal raus. Choreographie-Ideen des Grauens, kein Wunder, dass das vorher noch nie jemand gemacht hat - und auch hoffentlich nie wieder jemand machen wird.
Portugal
Liebste Suzy, diese Glenn-Miller-Nummer heißt "In the mood" und nicht "In the nude". Falls Deine Klamotte den Eindruck von maximaler Erotik erwecken sollte, kann ich Dir nur sagen, dass das ganz böse in die Hose gegangen ist. Das war nicht erotisch. Das war noch nicht mal billig. Oder gar vulgär. Das wär ja wenigstens etwas gewesen und hätte auch besser zu Deinem Song gepasst. Das war einfach nur nackte Sterilität bzw. sterile Nacktheit, nenn es wie Du willst. Wenn man bei einer Stewardess im nicht ganz fertiggesellten (?) Eiskunstläuferinnenkostüm auf das Nippelgate wartet, weil sonst nix passiert, spricht das jetzt eher nicht so richtig für den Beitrag. Dabei war Suzy im Semi viel besser als erwartet, was sich auch in einem unerwartet guten Televotingergebnis niederschlug. Die Juroren dagegen erkannten den Song als den Billigschrott, der er nun mal ist, so dass es insgesamt berechtigtermaßen nicht fürs Finale reichte.
Mittwoch, 14. Mai 2014
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6 Kommentare:
Eine schöne und ehrenhafte Würdigung der Semi-Ausscheider. Und irgendwann wird die Schreiberin dieser Zeilen DAS Muttertagsliedchen zu Gehör bekommen... hehe
Gott, ist dieser Monty Python Ausschnitt eklig. Komisch, dass das im Englischunterricht nicht gezeigt wurde...
@Patrick: Ich hab Dich gewarnt! Und ich bin nur der Überbringer der Nachricht, die Jungs von OnEurope warens!
Lettland: Hm. Es muss wohl jedes Jahr einen meiner Lieblingssongs des Jahrgangs im Semi schrägen. Schade drum eigentlich.
Estland: Protipp an die Deppen, die das estnische Bühnenbild entworfen haben: eine düstere Tanznummer im Stil von (lies: massiv abgekupfert bei) "Euphoria" bringt man nicht mit einer Beleuchtung auf die Bühne, die an Fitnessstudio um 15 Uhr erinnert. Zu viel Licht auf einer zu leeren Bühne ist nie eine gute Idee.
Albanien: Äh...nein. Das Teil mag auf Albanisch vielleicht noch funktioniert haben, auf Englisch hatte man den Eindruck, dass es auf dem Weg zur Balladenfabrik einen tragischen Unfall gab, bei dem nur noch der Text von einem Lied und die Melodie von einem anderen gerettet werden konnten. Da passte einfach überhaupt nichts zueinander. (Und ich glaube nicht eine Sekunde lang, dass dieses Riesentattoo tatsächlich echt ist. Wenn doch: Respekt für so viel Einsatz!)
Belgien: Ich habe von Anfang an keinen Zugang zu dieser Schnulze gefunden (und ich mag Schnulzen; mein Lieblingssong des Jahrgangs 2013 war "Ég á líf", verdammt!). Die Stimme war gut, aber sonst war da nichts, woran man sich festhalten konnte.
Moldawien: Hilfe, Brünnhilde kommt! Was bitte war das denn für ein Gesamtkunstwerk? Dagegen wirkte die Bühnenshow Polens ja plötzlich gesetzt und subtil! Vollkommen zu Recht Letzter im Semi. Trivia am Rande: das war das erste Eurovisionsfinale ohne "Rumänien II" seit 2008.
Portugal: Danke an die Jurys - oder vielleicht auch nicht, denn so wenig ich mit "Quero ser tua" anfangen kann, ich hätte es immer noch lieber im Finale gehabt als "Start a Fire". Aber ehrlich, schon allein des Outfits wegen hatte Portugal das Ausscheiden verdient.
@Ospero: Ég á líf war Dein Lieblingssong 2013? Da bin ich ja mit meinem heutigen Gimmick mal wieder höchst anmutig im Fettnapf gelandet... Au weia. Aber ich liebe den Song auch. Verballhornen ist keine Schmähung, sondern eine Auszeichnung!
Gehen wir doch mal alle ESCs des Jahrtausends durch und suchen meinen jeweiligen Jahrgangsliebling raus:
2000: "Fly on the Wings of Love". Ein Jahr, in dem mich kein Song richtig emotional berührt hat (wenn man mal von der Verwirrung absieht, dass dieses grausige Teil aus Lettland Dritter werden konnte, obwohl der Sänger klang wie Kermit auf Crystal Meth).
2001: "Die for You". Ebenfalls kein gutes Jahr, wenngleich immer noch um Lichtjahre besser als...
2002: Keiner der Obigen. Es passiert selten (heutzutage nie, bei an die 40 Songs ist eigentlich immer was dabei), aber es gibt ESC-Jahre, in denen ich schlicht mit keinem Song auch nur lauwarm werde. Grausames Jahr, und ich hoffe inständig, dass es das schlechteste ESC-Jahr bleibt, das ich bewusst miterlebe.
2003: "Sanomi". Das andererseits war ein großartiger Jahrgang mit einigen Favoriten von mir, und Sanomi gehört in meine ESC-Top-5 aller Zeiten.
2004: "For Real". Kein Glanzjahr, aber ganz brauchbar. (Zeit für ein Geständnis: ich bin wohl der einzige Mensch, der regelmäßig ESC-Seiten im Netz konsumiert und "Lane moje" nicht mag. Gähn.)
2005: "Angel". Denn es ist nicht vorbei, bis die dicke Frau gesungen hat. :)
2006: "Hard Rock Hallelujah". Ein Glanzlicht (zusammen mit "No No Never") in einem der schwächsten Jahrgänge dieses Jahrtausends.
2007: "Salvem el Mon". Nicht falsch verstehen, ich liebe "Molitva" und kann mich über "Dancing Lasha Tumbai" kaputtlachen, aber das ist eine Sympathiewahl zugunsten von Andorra und ihrem einzigen guten Beitrag.
2008: "Hold On Be Strong". Gott, was für ein grausiger Jahrgang. Was finden eigentlich alle an "Shady Lady" so toll? Von "Believe" gar nicht anzufangen, das in meiner Wahrnehmung fast an "Rock Me" heranreicht, was die Kategorie "Sieger, die niemand mag" angeht...
2009: "Et s'il fallait le faire". Was auch immer man den Jurys nachsagen kann (und da gibt es eine Menge), dass sie dieses Juwel vor Platz 17 bewahrt haben, werde ich ihnen ewig zugute halten. In meinen Augen die beste Performance, die eine ESC-Bühne je erlebt hat.
2010: "Lako je sve". In der Studiofassung - die Liveperformance der drei Damen ging mal gar nicht.
2011: "Madness of Love". Ja, ich bin im Herzen wohl ein kleiner Juror. ;) Aber war das nach dieser Ödnis geistloser Uptempo-Stücke im Finale erholsam, mal einen Musiker zu sehen, der weiß, was er tut (auch wenn er dabei aussah, als hätte er sich größere Mengen bewusstseinsverändernder Substanzen eingeworfen...).
2012: "Crno i Belo". Ich hatte so große Hoffnungen, dass Mazedonien es in die Liga der Großen beim ESC schaffen könnte, aber inzwischen hat sich leider herausgestellt, dass Kaliopi ein Solitär war. Allerdings einer für die (lies: meine) Ewigkeit.
2013: "Ég á líf". Ich liebe alles an diesem Song, von der Sprache bis hin zu diesem furchtbar schmalzigen Video. Und dieser Text...ist das jetzt ein Liebeslied, eine Bekundung familiärer Bande oder ein Gebet? Und nein, ich habe kein Problem mit Verarschen. Ich bin ein großer Fan von Weird Al Yankovic, und ich habe deutlich mehr Spaß, wenn er Dinge parodiert, die ich mag. Von daher: ruhig weitermachen (wenn man dir noch Material liefert...).
2014: "Hunter of Stars". Wie schon erwähnt.
Puh. Wenn da jemand ein Muster erkennt, soll er/sie mir bitte Bescheid sagen - ich finde keins.
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