Belgien
Das
muss man sich mal vorstellen: Da tritt als vorletztes im ersten Semifinale ein
Land an, das in bisher 8 Semifinals erst ein einziges Mal ins Finale gekommen
ist (da allerdings als Sieger) und bei den übrigen sieben Teilnahmen oft
richtig tolle Beiträge dabei hatte, davon einer sogar als potenzieller Sieger
gewettet, aber trotzdem immer kleben geblieben. Das Land wird in sämtlichen
Vorhersagen als klarer Semi-Ausscheider gesehen. In meinem
Last-Minute-Tippspiel in dem Forum, das ich üblicherweise frequentiere, hat
NICHT EIN EINZIGER der Mitspieler Belgien im Finale gesehen. Und das waren
mindestens 12, 13 Leute, die da mitgemacht haben. Nun ja, jedenfalls, dieses
Land schickt ein frisurtechnisch herausgefordertes Bürschken mit
zugegebenermaßen schönen Augen. Dem Bürschken steht ein Chor zur Seite, der
zwar eifrig singt, aber nicht alle dasselbe Lied in derselben Tonlage,
zumindest im Semi, im Finale wars dann ok. Ferner werden Textzeilen zu Gehör
gebracht wie "And she fell so deep like she had never fell so deep
before" (liebe Texter, was hat die englische Sprache Euch eigentlich
getan???). Und schließlich und wichtigstens gibt es da noch zwei Tänzerinnen.
Diese beiden Tänzerinnen tanzen mit verzerrten Gesichtern und Bewegungen ein
Tänzchen, das mit dem Liebeskillerlied nicht das Allergeringste zu tun hat und
das vermutlich ab sofort in sämtlichen
"Eurovision-at-its-most-embarrassing"-Zusammenschnitten einen
Ehrenplatz bekommt . ABER: Das Liedje ist flotter als der Durchschnitt, und das
Jüngelchen am Mikrofon singt wirklich blitzsauber. Trotzdem hätte da keiner
einen Pfifferling drauf gegeben, aber dann kam die größte Semi-Sensation seit
2005. Und damit nicht genug: Im Finale landete das allen Ernstes in der linken
Hälfte und kratzte an der Top Ten. What has da world come to? Hachja. Wie schön ist doch die
Unberechenbarkeit dieses Wettbewerbs.
Estland
Das
estnische Schneewittchen erschien im kleidsamen ärmellosen
Schwangerschaftshängerchen, wobei "HängerCHEN" trifft es nicht, das
war schon ein ausgewachsener Hänger. Und der sah mindestens merkwürdig aus (hat
es aber beim Barbara-Dex-Award dank harter Konkurrenz nicht in die Top Ten
geschafft), half aber dem Beitrag auch andererseits wieder, im Gedächtnis zu
bleiben. Ebenfalls hilfreich auch der nette Schwarz-weiß-im-ersten-Refrain-bunt-mach-Effekt,
und der erwies sich angesichts der frühen Startnummer auch als bitternötig.
Birgit sang sehr souverän und routiniert, das Lied bleibt schon irgendwie
schön, aber: Es berührt mich. Nach wie vor. NICHT.
Weißrussland
Im
Gegensatz zu so ziemlich allen anderen in ihrem Semi hat die Weißrussin den
Finaleinzug aber mal sowas von gar nicht verdient: Ein schlecht gesungener und
verkrampft vorgetragener Strandschlager ohne Substanz und ohne jedweden Spaß an
der Sache, dafür aber mit einem gruseligen Outfit. Zudem muss es in Malmö doch
kälter gewesen sein als erwartet, anders ist Alyonas eingefrorene Miene nicht
zu erklären. Da hat wohl einer versucht, die griechischen Erfolgsrezepte der
letzten zehn Jahre zu kopieren und ist damit amtlich auf die Fresse geflogen.
Leider schlug sich das nicht in der Semi-Platzierung nieder, der Finaleinzug
ist eine Frechheit gegenüber KroatienMontenegroÖsterreichZypern. Leider hat man
ihr ja nicht die Startnummer 2 gegeben, auf die so ein Schrott eigentlich ab
sofort per Eurovisionsgesetz hinplatziert werden müsste. Und die
Finalplatzierung? Das da soll besser gewesen sein als unser Nattymädchen? Haut
bloß ab.
Malta
Guck
ma, der liebe Onkel Doktor Bezzina hat sich mit ein paar Freunden zusammengetan
und singt ein Liedchen. Dabei wandelt er auf einem schmalen Grat; mancher mag
ihn schon als debile Grinsebacke wahrgenommen haben, ich finde, er, seine
gesamte Truppe und sein Lied sind einfach so süß und sympathisch und obendrein
im besten Sinne so wunderbar uncool und nahbar, dass man nicht anders kann, als
das Gesamtpaket ins Herz zu schließen. Der achte Platz im Finale war für mich
eine höchsterfreuliche Überraschung, damit hätte ich nicht gerechnet. Und
vermutlich dürfte der Zungerausstrecker beim Rückweg vom Catwalk auf die Bühne
einiges damit zu tun haben. Günstigerweise wurde das dann auch noch im
Schnelldurchlauf gezeigt. Diese kleine Frechheit bewahrte Gianluca nämlich
davor, als unerträglich nett wahrgenommen zu werden. Das war mal ein richtig,
richtig, RICHTIG toller maltesischer Beitrag!
2 Kommentare:
Endlich die lang ersehnte Nachlese auf diesem Blog. Wie immer fast alles auf dem Punkt. Besonders das Geschmacksdrama aus Belarus treffend beschreiben.
Danke!
Ich hab mich für Roberto SO gefreut. Das war um Welten besser als dereinst bei der belgischen VE (die noch dazu im Radio inklusive Video-Livestream der Veranstaltung stattfand).
Wenn ich den Auftritt im Semi heute nocheinmal ansehe finde ich in seiner Skurrilität sogar gelungen. Gegensätze ziehen sich an.
Birigt, endlich beim ESC, hatte vielleicht nicht das großartigste Lied, aber ihre gewinnende Ausstrahlung und der saubere Gesang machten alles wett.
Und wenn ich etwas liebe, dann sind es lange weiße Kleider ;-)
Von Platte mag ich Solayah, es ist altmodisch, aber sehr "ohrwurmig".
Der Auftritt jedoch war, wie Du bereits schriebst, verkrampft, langweilig, ja geradezu lächerlich. Alyona hätte niemals das Finale erreichen dürfen. SO nicht!
Und dann noch Grinsekatze Gianluca.
Was soll ich anderes sagen als:
"Leider geil!" ;-)
Kommentar veröffentlichen