Sonntag, 6. April 2025

Eurovisionsklasse 2025, Teil 10 und Fazit

Italien: Lucio Corsi - Volevo essere un duro

Okay, jetzt muss ich erstmal tief durchatmen. Was bitte ist das denn? Das Canzone ist ja ganz nett (im Sinne von: Kleine Schwester von ...), aber mehr auch nicht. Aber was tut diese Kreuzung aus Schneewittchen und einem Vampir da auf der Bühne (in, wie Kind 1 bemerkte, ToyStory-Schuhen)? Lucio wollte ein harter Kerl sein, das ging wohl nicht, deshalb kleistert er sich Mehlschwitze ins Gesicht. Kann man machen, muss man aber nicht. Ich will ja niemandem seinen Style absprechen, aber wenn man schon so exzentrisch auftritt, dann muss man sowohl stimmlich als auch songtechnisch alle anderen an die Wand klatschen, sonst wirkt es nicht. So frage ich mich nur, was Lucio eigentlich von uns will. Es wird eins der schwächsten italienischen Ergebnisse seit der Rückkehr werden. Und womit? Mit Recht! *verdrückt ein Tränchen, weil der San-Remo-Siegersong von Olly so unfassbar viel besser gewesen wäre*

Chancen auf die Top Ten: Ich würde es als persönliche Beleidigung empfinden, wenn er dort landet. Da gibt es in diesem Jahr so viel Besseres! Zum Beispiel auch aus: San Marino!

Rom 2026: Oh nee.

5/10 (Kinder 5 und 6)


Spanien: Melody - Esa diva

Melody sieht klasse aus, kann singen und hat mehr Attitude als Helena Paparizou, La Zarra und Iveta Mukuchyan zusammen. Die im Song besungene Diva ist sie ohne Zweifel selbst. Es ist ein okayer Beitrag, der natürlich nicht vorne landen wird, aber vermutlich dennoch so viele Liebhaber findet, dass er nicht Allerletzter wird, wie viele schon prophezeit haben. Gab es eigentlich schon jemals jemanden, der mit dieser "I am the Queen of the Night"-Attitüde aufgetreten ist und Letzter wurde? Ich glaub nicht, oder?

Chancen auf die Top Ten: Natürlich keine.

Madrid 2026: No

5/10 (Kinder 5 und 6)


19. Schweiz: Zoë Më - Voyage

Zum Schluss kommt dann nochmal ein echtes Kleinod. Der Gastgeber schickt einen Beitrag von der Sorte: "Wir haben gerade gewonnen, wir müssen uns nichts mehr beweisen und können einfach was Schönes entsenden." Seit 2015 gab es dafür immer eine Klatsche (es sei denn, der Gastgeber hieß Schweden oder Italien), und es wäre inständig zu hoffen, dass sich das in diesem Jahr nicht wiederholt. Der Song ist nämlich wunderschön, ganz zart, wird nur von Zoës ebensolcher Stimme getragen. In der Bridge wird es dann ein bisschen schneller, um sich zum Ende strahlend aufzulösen. Ein leiser Song in einem lauten Jahrgang, der hoffentlich seine Liebhaber findet und aus unserer Sicht der beste französischsprachige Beitrag ist. Wir finden es hinreißend.

Chancen auf die Top Ten: Wenns nach der Statistik geht: Nein. Wenns nach uns geht: Ja.

Bern: Dafür ist es nicht zu krawallig genug. Leider.

9/10 (Kinder 7,5 und 8,5)


So, das sind se nun, unsere 37 Reckinnen, Recken und nichtbinären Recken. Was kann man zu denen sagen? Viel Krawall, viel Sex, viel, viel zu ... viel. Ich finde den Jahrgang insgesamt eher schwach, wobei einige Beiträge rausstechen, davon zumindest auch einer mit hohen Siegchancen. Wie immer wird sich das alles noch ändern, so mit Schönhören und Phönixen aus der Asche und versemmelten Performances, aber derzeit bleibt festzuhalten, dass das letzte Jahr insgesamt deutlich besser war. Mal sehen, inwieweit wir uns das bis Mai noch alles schöngehört haben.

In diesem Sinne: Genießt die Saison, wir lesen uns!

Eurovisionsklasse 2025, Teil 9

Deutschland: Abor & Tynna - Baller

Vielleicht mag sich der Eine oder die Andere hier gewundert haben, warum wir zur Chefsache ESC eisern geschwiegen haben, obwohl es sicher eine Menge dazu zu sagen gab. Sagen wir einfach: Ende gut, alles gut. Ich war von der ersten Sendung an Team Abor & Tynna und bin superhappy, dass sie sich das Ticket geholt haben, egal, was es da so für ein Begleitrauschen gab. "Baller" ist ein sehr cooler Song, für uns der beste deutsche Beitrag seit "Taken by a Stranger", und hat gigantisches Potenzial. Alles sehr modern, sehr cool, und Tynna macht das sehr gut (vorausgesetzt, sie ist nicht erkältet). Ich hoffe, man versucht bei der Bühnenshow zum Ende hin noch eine kleine Steigerung, damit es nicht zu eintönig wird. Und: Hoffentlich macht niemand ein Fass auf wegen dem "Baller"-Terminus, wäre nicht das erste Mal. Leider war das Paket nach der VE noch nicht ganz rund (und damit meine ich nicht Tynnas aufgrund Erkältung suboptimalen Gesang), ich hoffe aber und gehe davon aus, das daran gearbeitet wird. Lieblingszeile im Lied: "Was mich nicht killt, macht mich nur schicker." Viel Glück in Basel, Ihr Lieben, unsere Daumen sind ganz fest gedrückt!

Chancen auf die Top Ten: Wenn alles stimmt, ist in diesem schwachen Jahrgang so einiges drin!

Stuttgart 2026: Was soll ich sagen, lieber Stefan Raab? Ich fürchte, die Zusammenarbeit zwischen Dir und der ARD wird nach einem Jahr beendet.

8/10 (Kinder 7,5 und 7,5)


Frankreich: Louane - Maman

Hui, da haben sie für ihre Präsentation aber mal ordentlich was aufgefahren. Ein volles Stadion (okay, okay, die Halle in Basel wird auch voll sein), viele Trommler und Streicher und eine durchs Stadion schwebende Plattform (machen ja dieses Jahr viele), auf der Louane steht und die sogar Pyros machen kann. Nach "Mamo" (RUS 2009 und "Mother" (BEL 2014) mal wieder ein Lied über die Mama, das sehr hoch gehandelt wird und das viele schon als sicheren Jurysieger sehen. Das vielleicht, aber für einen Gesamtsieg reicht das meiner Meinung nach im Leben nicht, zumal wir ja erst auch noch sehen müssen, wie das mit maximal sechs Leuten auf die Bühne in Basel gebracht wird. Das Lied ist gut, sehr gut, aber kein Siegersong. Und, Louane: Bitte nach dem letzten "Maman" von der Kinderstimme: Nicht lachen! Es macht die ganze Wirkung kaputt!

Chancen auf die Top Ten: Ja klar.

Paris 2026: Ich bleibe dabei: Das gewinnt nicht. Top 5 kann ich mir aber gut vorstellen.

7/10 (Kinder 6 und 7)


Großbritannien: Remember Monday - What the Hell Just Happened?

Die drei lustigen Weiber von Windsor bewegen sich in einem Treppenhaus, das fast genauso aussieht wie das von der Wohnung, in der wir bei unserem letzten Londonbesuch gewohnt haben. Sie singen einen Song, der wahrscheinlich die Gemüter spaltet wie nur wenige andere in diesem Jahr, so sind auch meine Kinder völlig uneins. K1 findet es komplett furchtbar war mit der Punktzahl noch gnädig, K2 und ich haben Spaß damit. Weil der Song sehr positiv rüberkommt, könnte da schon was gehen, es muss allerdings absolut perfekt gesungen und inszeniert werden, dann könnte da ein überraschend gutes Ergebnis rauskommen. Leider ist das UK in den letzten 20 Jahren dafür nicht bekannt. Das hier hat das größte Carcrash-Potenzial aller diesjährigen Beiträge, ich wünsch mir trotzdem die Perfektion auf der Bühne.

Chancen auf die Top Ten: Siehe oben. Wenn alles stimmt, ist ein Kratzen an derselben drin. Wenn nicht ... puh.

Cardiff 2026: Nein.

8/10 (Kinder 4 und 7)

Eurovisionsklasse 2025, Teil 8

13. Luxemburg: Laura Thorn - La poupée monte le son

Sechzig Jahre nach France Galls (Gott hab sie selig) Sieg für Luxemburg greift Laura Thorn das Thema auf: Nicht nur bezieht sich der Songtitel erkennbar auf "Poupee de cire, poupee de son", Laura hat auch eine ähnlich kesse Ausstrahlung wie France damals - und ist eine verdammt kompetente Performerin! Am Anfang bewegt sie sich noch wie eine Marionette, emanzipiert sich aber dann am Ende von ihrem Puppendasein. Der Song ist sicher nicht der modernste im Feld, macht aber Laune. Das ist eine runde Sache!

Chancen aufs Finale: Na, ich denke doch. Und nicht nur wegen des immer noch vorhandenen Rückkehrer-Bonuses.

Luxemburg 2026: Non.

7/10 (Kinder 7 und 7)


14. Israel: Yuval Raphael - New Day Will Rise

Die Israelis machen da weiter, wo sie letztes Jahr aufgehört haben. Allerdings ist diese Ballade kein Klagelied, sondern eins, das Hoffnung machen soll. Sehr stark, sehr kompetent vorgetragen von Yuval, die im Vergleich zu Eden Golan weniger verletzlich wirkt, aber eine großartige Stimme hat. DAzu das Ganze noch in drei Sprachen, was will man mehr? Tja, EBU, und was macht Ihr, falls das gewinnen sollte?

Chancen aufs Finale: Möglicher Sieger in diesem Semi.

Jerusalem 2026: Es würde wohl nicht Jerusalem, aber ja, mit der Möglichkeit darf sich die EBU jetzt gerne schon mal auseinandersetzen.

8/10 (Kinder 7,5 und 7)


15. Serbien: Princ - Mila

Da ist ja endlich mal wieder eine große Balkanballade! Ich liebe wie immer alles daran, und dass sich jetzt Zeljko J. höchstpersönlich nochmal darüber hergemacht hat, ist bestimmt kein Nachteil. Ich hab bei Princ eine kleine Bild-Tonschere, denn von langhaarigen, tätowierten Muskelprotzen erwarte ich solch einen Song nicht unbedingt. Er macht das aber super. Zwei Dinge würde ich allerdings ändern; Lasst bitte allen Kleine-Prinz-Assoziationen zum Trotze den Mond weg! Die beiden Monde in der ESC-Geschichte, an die ich mich erinnern kann, haben zusammengerechnet im Televoting genau null Punkte bekommen. Und: Die Tänzerin brauchts auch nicht. Ansonsten passt das alles bestens. Serbien schickt halt so gut wie immer Qualität!

Chancen aufs Finale: Ihr lasst das gefälligst weiter, sonst werd ich böse!

Belgrad 2026: Nein.

9/10 (Kinder 6 und 6)


16. Finnland: Erika Vikman - Ich komme

Natürlich bekommt man, wenn man innerhalb der ESC-Bubble nicht gerade unter einem hohlen Stein lebt, auch im Vorfeld schon so einiges mit, deshalb wussten wir alle, was uns hier erwartet. Ich bin eigentlich fest davon ausgegangen, dass ich es scheußlich finden werde und hab mir im Vorhinein schon allerlei lustige Bemerkungen zurechtgelegt, um das entsprechend zu würdigen. Solche Dinge wie "Erika kommt, ich gehe" oder "Vikman mit Vogel-Vau?" (klärt mich diesbezüglich übrigens bitte mal jemand auf?) Und dann das: Eigentlich ist alles daran schrecklich und so subtil wie ein Schlag mit der Abrissbirne in die Fresse, aber es ist dabei so endsgeil, dass ich gar nicht anders kann als mitzugehen. Die Definition eines Guilty Pleasures.

Und jetzt alle: "Eri kommt! Eri kommt wieder mal, Eri kommt! Heut ist der Tag, an dem Eri kommt, und wenn sie sagt, sie kommt, kommt sie prompt!"

Chancen aufs Finale: Kämpft mit um den Sieg in diesem Semi.

Helsinki 2026: Jaaa. Lass ma machen. Wär cool!

8/10 (Kinder 8 und 7)


Jetzt hätte ich fast vergessen aufzuschreiben, wer denn hier weiterkommt:

Australien (leider!)
Armenien
Österreich
Griechenland
Malta (leider!)
Tschechien
Luxemburg
Israel
Serbien
Finnland

Waren es im ersten Semi zu wenige Weiterkommer, sind es hier zu viele, so dass ich zum Beispiel allerschwersten Herzens die Lettinnen rauswerfen musste. Im Grunde kann hier jeder weiterkommen. Nach Probenbeginn wissen wir mehr.

Eurovisionsklasse 2025, Teil 7

9. Malta: Miriana Conte - Serving

I got a secret you should know: Frauen dürfen genauso laut und drüber und vulgär sein wie Männer. Die Botschaft hör ich wohl, aber wie und von wem sie verpackt ist, das ist von so erlesener Scheußlichkeit, dass ich mir wünsche, das auch am Donnerstag nicht hören zu müssen! Sie singt darüber, dass sie Gesang serviert ("Serving Kant"), wobei das zweite Wort inzwischen auf Druck der EBU durch ein Stöhnen ersetzt werden musste. Ein Schuft, wer Arges dabei denkt, denn das hat natürlich mit Singen genauso viel zu tun wie "Lasha Tumbai" mit geschlagener Milch oder "We don't wanna put in" damit, dass wir nix reintun wollen. Warum meine Kinder das noch halbwegs erträglich finden, erklärt sich mir nicht. Mach das weg!

Chancen aufs Finale: Tja. Leider. Muss ich wohl am Samstag nochmal ertragen. 

Valletta 2026: Bloß nicht!

1/10 (Kinder 3 und 5)


10. Georgien: Mariam Schengelia - Freedom

Ist das wirklich alles Englisch? Kann ich mir irgendwie kaum vorstellen. Wikipedia sagt, da ist auch georgisch dabei, das beruhigt mich jetzt doch. Ansonsten versucht dieser Song die Antwort darauf zu geben, wie viele verschiedene Stile man in drei Minuten packen kann. (Spoiler: Viele). Es ist hochdramatisch, wild, schöne Frau, singt gut, und irgendwie ist es doch von allem zuviel und gleichzeitig nicht genug.

Chancen aufs Finale: None whatsoever.

Tbilisi 2026: Wenn sie den JESC wieder gewinnen, dann ja. Sonz nich.

5/10 (Kinder 6 und 6)


11. Dänemark: Sissal - Hallucination

Hübsche Frau, schöne Stimme, und sie singt den Song sehr gut. Allerdings zieht der Song in puncto Originalität die Wurst nun wirklich nicht vom Teller. Das einzig Originelle an der ganzen Sache ist die Windmaschine, die Sissal im ersten Refrain von hinten anpustet. Das hatten wir auch noch nie. Wir können es uns gut anhören, aber es haut uns nicht vom Hocker. Das Outfit ist eine absolute Katastrophe und gehört dringend ausgetauscht, und an der Choreo muss auch noch gearbeitet werden. Sissal wird zwar umtanzt, bewegt sich aber selbst kaum von der Stelle, was bei so einem Stampfsong möglicherweise zu wenig ist. Hier muss noch was gemacht werden, sonst geht das unter.

Chancen aufs Finale: Siehe oben. Mit einigen Anpassungen ja, sonst eher nicht.

Kopenhagen 2026: Nej.

6/10 (Kinder 5 und 5)


12. Tschechien: Adonxs - Kiss Kiss Goodbye

ORRR! Tschechien, Ihr wollt es aber dieses Jahr wissen! Adonxs (Nomen est omen) ist ein hinreißend schöner Mann mit einer ebensolchen Stimme, singt uns hier einen großartigen Song, der im (leider mit zu viel KI generierten) Video durch eine Zeitreisegeschichte untermalt wird. Das Einzige, was uns im Song nicht gefällt, ist der Dancebreak, aber ansonsten: Chapeau!

Chancen aufs Finale: Ich wäre persönlich beleidigt, wenn das nicht weiterkommt!

Prag 2026: Unwahrscheinlich, aber wenn jetzt nochmal ein richtiger Kracher mit der Inszenierung kommt, wer weiß?

8/10 (Kinder 7 und 7)

Samstag, 5. April 2025

Eurovisionsklasse 2025, Teil 6

5. Armenien: PARG - Survivor

PARG ist ein Hübscher, soweit man das bei der Beleuchtung und Kameraführung erkennen kann. Und das ist es hier auch schon mit den positiven Anmerkungen. Ansonsten bin ich nämlich da, wo ich bei Armenien vor 2014 eigentich immer war, nämlich im "Muss das sein? Wann ist es zu Ende?"-Modus. Bom bombom bom bombom bom survivor ist so ziemlich alles, was ich von seinem Gesang verstehe. Und diese Stimme finde ich einfach nur unangenehm. Nä, das is nix für mich, auch wenn die Klamotte cool ist. Am Backdrop müssen sie übrigens auch noch was machen, der wirkte stellenweise etwas leer.

Chancen aufs Finale: Ja.

Jerewan 2026: Nein.

3/10 (Kinder 3 und 4)


6. Österreich: JJ - Wasted Love

Jetzt wirds gefährlich. Ich begebe mich jetzt auf ganz ganz GANZ dünnes Eis. Denn: Was haben David d'Or, Krassimir Avramov und Cezar Ouatu gemeinsam? Richtig, Countertenöre (jetzt wär eigentlich mal wieder der Spruch mit dem Kastratentenor fällig, aber wir haben ja auch ein Archiv). Und was haben sie noch gemeinsam? Ich kann ihre Beiträge allesamt auf den Tod nicht ausstehen. Ganz so schlimm ist das bei JJ nicht, aber ich kann mit diesen Falsettgesängen nicht nur nichts anfangen, sondern sie bereiten mir regelrecht Unbehagen. Dafür ist wenigstens die Musik von "Wasted Love" genial, zumindest die ersten zweieinviertel Minuten. Der Schluss, als dann dieser Beat da drüber ist, ist dafür ganz schlimm. Fürs Land würde es mich unglaublich freuen, wenn das gewinnt, für den Beitrag allerdings ... uff.

Chancen aufs Finale: Klar.

Graz 2026: Könnte schon passieren.

6/10 (Kinder 7,5 und 8)


7. Griechenland: Klavdia - Asteromata

Oh guck an. Dunkelhaarige Frau aus Griechenland mit Mittelscheitel und Brille gabs doch beim ESC schon mal, wenn auch nicht für Griechenland. Klavdia, (wenn ich mir die griechische Schreibweise anschaue, bin ich sicher, dass es Klaudia ausgesprochen wird) singt einen recht sperrigen, sehr, sehr griechischen Song, der recht schlecht ins Ohr geht, aber ihre Stimme voll zur Geltung bringt. Dazu gibt es noch fünf Tänzer*innen, die aber die meiste Zeit nicht tanzen, sondern sich auf dem Boden räkeln. Dadurch wirkt es leider etwas statisch.

Chancen aufs Finale: Schwierig. 

Athen 2026: Ochi,

6/10 (Kinder 4,5 und 6)


8. Litauen: Katarsis - Tavo akys

Guck an, Indie-Rock aus Litauen. In litauisch. Und das ist dieses Mal eine reichlich düstere angelegenheit. An sich ist das jetzt nicht schlecht, aber irgendwas fehlt mir. Irgendwie entwickelt sich der Song nicht, und am Schluss zieht es sich schon ziemlich. Das fischt in dem Pool, in dem auch 2023 Sudden Lights und Joker Out gefischt haben, und könnte auch ähnlich abschneiden. Wird dann hinterher der Song sein, den jeder mag, für den aber irgendwie doch keiner anrufen wollte.

Chancen aufs Finale: Könnte der Schockausscheider dieses Semis werden.

Vilnius 2026: Nein.

7/10 (Kinder 6 und 7)

Eurovisionsklasse 2025, Teil 5

Weiter gehts mit dem zweiten Semi:


1. Australien: Go-Jo - Milkshake Man

Ein Typ mit einem ... ähm ... sexy Schnauzer bewegt sich .... ähm ... sexy und singt von Milkshakes und meint damit ... ähm ... Milkshakes? Vielleicht ist ja nur meine Fantasie zu schmutzig, aber diese subtile Doppeldeutigkeit ... (wie ein Schlag mit dem Hammer vor den Kopf). Nee, Australien, für diese Überdosis Trash hättet Ihr den Vertrag mit der EBU echt nicht verlängern müssen. Oder anders ausgedrückt: Montaigne, komm zurück, alles ist vergeben! Auch "Don't Break Me"!

Chancen aufs Finale: Seufz. Ich werd den Driss wohl am Samstag auch nochmal ertragen müssen.

Woauchimmer 2026: Solange es nicht wegen eines australischen Sieges ist, soll es mir recht sein.

1/10 (Kinder 2 und 2,5)


2. Montenegro: Nina Žižić - Dobrodošli

Nina is back! Ganz anders als vor 13 Jahren, dieses Mal kommt sie mit einer hochdramatischen Ballade, die allein von Ninas Stimme und Bühnenpräsenz (und Trockeneis) getragen wird. Der Song ist sehr schön, sehr düster und braucht eine Weile, bis Nina stimmlich so richtig aufdreht. Leider ist das Ganze nicht sonderlich eingängig. Trotzdem, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Chancen aufs Finale: Obwohl an ihr ja eigentlich ESC-kosmische Wiedergutmachung geleistet werden müsste (man kann doch nicht als Televoting-Vierter rausfliegen!), fürchte ich, dass sie so gut wie keine Chance hat.

Podgorica 2026: Nein.

7/10 (Kinder 7,5 und 6)


3. Irland: Emmy - Laika Party

Emmy, die Norwegerin in irischen Diensten, hat die Klamotten für sich und ihre Backings zusammen mit den Isländern geshoppt, sie hat nämlich auch so Weltraumzeug an. Bei ihr passt es aber, sie besingt Laika, die Hündin, die Mitte der 50er in den Weltraum geschossen wurde und dort gestorben ist. Emmy stellt sich vor, dass Laika noch lebt und im Weltraum eine Party feiert. Es gibt echt nix, worüber man in diesem Wettbewerb kein Lied machen kann. Es ist kindisch und nicht unbedingt hochwertig und ich sollte es nicht mögen, aber irgendwie hat das was, vor allem ein gigantisches Guilty-Pleasure-Potenzial. Bemerkenswert ist noch Emmys Stimme. Michelle entleibt sich gerade vor Neid.

Chancen aufs Finale: Dieses Jahr wirds dann wieder schwieriger. Wenn das durchkommt, dann nur ganz knapp.

Dublin 2026: Nope.

7/10 (Kinder 7 und 6,5)


4. Lettland: Tautumeitas - Bur man laimi

Sechs lettische Elfen singen einen Song in lettischer Sprache, der uns von der ersten bis zur letzten Sekunde fasziniert und in musikalischer Hinsicht von allen bisher angehörten Beiträgen eindeutig der hochwertigste ist. Die Kinder fühlten sich am Anfang bei der blauen Beleuchtung ein wenig an Avatar erinnert. Alles an diesem Beitrag ist fantastisch. Wenn sie das so auf die Bühne bringen, dann ist da alles drin - das Semi ist ohne Jurys eine gewisse Hürde, aber falls das ins Finale kommt, dann räumt das ab! 

Chancen aufs Finale: Bei reinem Televoting könnte es knapp werden, aber in einer gerechten Welt kommt das weiter!

Riga 2026: Eher nicht.

10/10 (Kinder 9 und 8,5)

Donnerstag, 3. April 2025

Eurovisionsklasse 2025, Teil 4

12. Albanien: Shkodra Elektronike - Zjerm

Wenn Albanien, das ja üblicherweise bei den Bookies bretthart auf einem der letzten Plätze versauert, plötzlich bei der Siegeswette auf Rang 9 liegt, dann muss das schon was Besonderes sein. Waren die überhaupt schon jemals so weit oben? Wir tun uns mit dem Beitrag allerdings ziemlich schwer. Stellenweise (insbesondere der Anfang) ist es sensationell, an anderen Stellen dafür dann wieder ganz, ganz gruselig. Was für mich überhaupt nicht geht ist der Teil mit dem Sprechgesang. Die Ausstrahlung der Dame sagt mir auch nicht zu, wenn da aber noch was in Sachen Styling gemacht wird (hat ja schon öfter mal geklappt), dann kann das sein Versprechen möglicherweise auch einlösen

Chancen aufs Finale: Ich denk schon.

Tirana 2026: Das wärs natürlich, ich denke aber, dafür ist es dann doch zu sperrig. Könnte allerdings im Finale jede Menge Jurypunkte einsammeln.

5/10 (Kinder 4 und 4), ich gehe aber davon aus, dass das im Laufe der Zeit noch steigen wird. Auf den ersten Hör hat es uns aber nicht gefallen.


13. Niederlande: Claude - C’est la vie

Die Niederlande sind auch in diesem Jahr wieder Mitfavorit, und womit? Mit Recht. Claude hat eine wahnsinnig tolle Stimme und präsentiert uns hier einen ziemlich abwechslungsreichen Song auf englösisch. Vor allem am Anfang und am Ende kriegt er mich, der Midtempo-Teil holt mich nicht ganz so ab. Viel wird hier von der Inszenierung abhängen, ich würd mal sagen: Weniger ist mehr. 

Chancen aufs Finale: Na klar.

Utrecht 2026: Maybe. Aber obs tatsächlich klappen könnte?

7/10 (Kinder 7 und 6,5)


14. Kroatien: Marko Bošnjak - Poison Cake

Marko sieht im Gesicht stellenweise aus wie der junge Falco, hat aber nicht mal ein Hundertstel von dessen musikalischem Genie und übrigens auch nicht von dessen Attitüde. Er präsentiert uns hier etwas, was ich nicht mal ansatzweise in Worte fassen kann außer mit "WAS BITTE IST DAS?" Welche bewusstseinserweiternden Drogen muss man nehmen, um sich sowas auszudenken? Wie wenig Scham muss man im Leib haben, um das auf die Bühne bringen zu wollen? Wahrscheinlich haben sie den Poison Cake vorher selbst gegessen, anders ist das nicht zu erklären. Was für ein Absturz nach dem großartigen Beitrag vom letzten Jahr. Immerhin hatten die Kinder Spaß, die haben sich hier drei Minuten lang halbtot beömmelt. Und das ist ja auch schon was.

Chancen aufs Finale: In jeder gerechten Welt fliegt das raus, aber ich befürchte Schlimmstes.

Zagreb 2026: Letztes Jahr hat das nicht geklappt. Merkste selbst, oder?

2/10 (Kinder 5 und 6)


15. Zypern: Theo Evan - Shh

Gähn. Es bollert mal wieder ordentlich auf die Ohren, und ein gar hübscher Jüngling im vorteilhaften Ärmellosen gibt uns Sprechgesang in einer Art, mit der sich vor drei Jahren schon Brooke Scullion amtlich auf die Schnauze gelegt hat. Der hier ist keinen Deut besser, nur viel, viel präsenter. Dazwischen wird der Finger auf die Lippen gelegt und Shhh gemacht. Sei selber still, wäre besser. Theos Stimme ist für meinen Geschmack leider viel zu hoch. Wir haben vermutlich drei Minuten Hochleistungschoreographie zu erwarten. Wenns schön macht - für uns isses nix.

Chancen aufs Finale: Der Startplatz könnte seine Rettung sein, aber vielleicht fliegts auch raus.

Limassol 2026: Ochi.

5/10 (Kinder 4,5 und 5,5)



So, das war die erste Runde. Wer kommt denn nun weiter? Mal gucken:

Island (könnte aber auch Polen werden)
Estland (leider!)
Ukraine
Schweden
Norwegen
Belgien
San Marino
Albanien
Niederlande
Zypern

(ganz schön schwierig, da überhaupt zehn Weiterkommer zu finden! Gut geht jedenfalls anders!)

Eurovisionsklasse 2025, Teil 3

Weiter gehts mit der zweiten Hälfte des ersten Semis. Sorry, dass das hier dieses Jahr so schleppend geht, ich hab gerade viel um die Ohren und generell etwas Schwierigkeiten, den Hintern hochzukriegen. Aber wat mutt, dat mutt:

 

8. Norwegen: Kyle Alessandro - Lighter

Bevor wir hier einsteigen, verdrücke zumindest ich erstmal ein kleines Tränchen für die Bobbysocks und vor allem für WigWam. Die hätte ich echt gern in Basel gesehen. Statt der kampferprobten Junggebliebenen kriegen wir aus Norwegen den Junior des heurigen Feldes, ein sehr niedliches Kerlchen (dem würde ich sofort einen heißen Kakao kochen) in einem tollen Rüstungsoutfit, guter Stimme, viel Pyro und einem ganz okayen Song. Mit Sicherheit ist das eins der besseren Angebote in diesem Semi. Allerdings fehlt uns noch irgendwas, ohne dass wir den Finger darauflegen könnten, was das ist. Der Schluss ist allerdings super. Nächstes Jahr dann WigWam mit den Bobbysocks, ja? 

Chancen aufs Finale: Chancen ja, aber längst nicht sicher durch.

Oslo 2026: Nope.

7/10 (Kinder 7 und 7)


9. Belgien: Red Sebastian - Strobe Lights

Oh guck an, der sieht aus wie der junge Sebastian Krumbiegel (vielleicht deshalb der Name?) mit ganz vielen Ohrringen. Wenn er den Mund aufmacht, merkt man aber, dass da stimmlich bis zu Krumbiegel doch noch einiges fehlt. In den Tiefen ist es etwas dünn, die Höhen hat er gut drauf, aber irgendwie sagt mir die Stimme leider so gar nicht zu. Und bitte entfernt alle Epileptiker aus dem Raum, bevor das hier losgeht! Der Song ist super gemachter Elektropop, bei dem wir leider mal wieder zu Geschmacksgeisterfahrern werden. Es erreicht uns so überhaupt nicht. Wir erkennen aber die Qualität an. An der Bühnenshow würde ich allerdings noch was machen, trotz der Kameraführung sind mir die ersten zwei Drittel, wo er allein auf diesem Podest steht, zu statisch. Mit den Tänzern wird es dann besser. 

Chancen aufs Finale: Wenn sie es nicht völlig versemmeln (hallo Mustii!), dann ist das bombensicher durch.

Brüssel 2026: Sagen wir mal so: Bei der Siegerwette stehen sie ziemlich weit oben. Ich würde es nicht komplett ausschließen wollen.

5/10 (Kinder 4 und 5)


10. Aserbaidschan: Mamagama - Run With U

Ach du Heimatland. Ich kenn ja nur das offizielle Video, und in dem wird mit jeder Menge Mätzchen vom Song abgelenkt. Was machen die da? Spielen die die wichtigsten Szenen aus "Frankenstein" nach? Das erzeugt eine gewisse, wie sag ich das jetzt, Fallhöhe für die Inszenierung. Was wollen die machen? Irgendwelche toten Leute auf der Bühne mittels Elektroschocker zum Leben erwecken? Oder wenigstens irgendwas mit Robotern? Nun, immerhin wird man durch das Lied nicht vom Video abgelenkt, das hat zwar viel Bzzz bzzzz, ist aber ansonsten dahinplätschernder Radiopop, gesungen von einer für meine Ohren äußerst unangenehmen Stimme. Nee, dat is nix für uns! Und: Wenn man sich schon Mamagama nennt, dann muss da auch was kommen!

Chancen aufs Finale: Ich seh es Stand jetzt klar draußen, aber was weiß ich schon?

Baku 2026: Geh weg.

4/10 (Kinder 3 und 3)


11. San Marino: Gabry Ponte - Tutta L’Italia

Da staunen die Fachleute, und die Laien wundern sich. Eigentlich wähnte man ja San Marino für immer und ewig auf verlorenem Posten, was den ESC angeht, und dann bringen sie sowas. Möglicherweise der beste und aussichtsreichste Song, den San Marino je geschickt hat, die Quetschkommode ist supereingängig, und den Refrain kann sofort jeder mitsingen (die Meinung hab ich allerdings in unserer Runde exklusiv, die Kinder finden alles schrecklich - aber was wissen die schon?). 12 Punkte aus Italien können sie schon mal einplanen. Allerdings, und jetzt kommt die Kehrseite der Medaille: Sängerisch sowie in Sachen Tonabmischung und Inszenierung muss bis zum ESC noch was passieren. Wenn sie das in den Griff kriegen, könnte (und wird) es San Marinos bestes Ergebnis beim ESC werden - trotz der Tatsache, dass wir hier einen DJ-Beitrag haben, die es beim ESC meistens sehr schwer haben.

Chancen aufs Finale: Nach allen geltenden Eurovisionsgesetzen muss das zwingend ins Finale. Ich hoffe, sie stehen sich nicht wieder selbst im Weg.

Serravalle 2026: Das halte ich dann doch für zu hoch gegriffen.

8/10 (Kinder 3,5 und 4,5)

Dienstag, 1. April 2025

Eurovisionsklasse 2025, Teil 2

5. Ukraine: Ziferblat - Bird of Pray

Das ESC-Powerhouse mal ganz, ganz anders. Der Song ist megaspannend, aber nix für zum Nebenbeihören. Wir haben gleich am Anfang sehr hohen Gesang, wie man ihn sonst unter anderem von Frau Steczkowska kennt. Dazu kommt ein wilder Ritt durch die Harmonien, was sich eigentlich normalerweise eher die Georgier leisten, die damit bis dato noch jedes einzelne Mal abgeschmiert sind. Es wird sehr spannend werden, wie die Ukraine damit fährt. Im Gegensatz zu allen anderen Beiträgen, die sie bisher geschickt haben, hat dieser nicht die Absicht, schnell und leicht ins Ohr zu gehen. Immer wenn man denkt, jetzt hat sich der Song eingegroovt, kommt wieder was Neues. Es ist sehr besonders, wir sind uns nur noch nicht sicher, ob es auch gut besonders ist. Künstlerisch ist es auf jeden Fall sehr hochwertig und ein maximaler Kontrast zu den Esten davor. Das dürfte "Birds of Pray" strahlen lassen. Und: Die Blumenwiese finde ich entzückend und möchte sie auch in Basel sehen!

Chancen aufs Finale? Ukraine kommt immer ins Finale, wird aber in diesem Semi zu kämpfen haben, um in die obere Hälfte der Top 5 zu kommen. Oder sie schaffen ein solches Momentum, dass sie das Semi gewinnen. Ach, ich weiß es doch auch nicht.

Kyiv 2026? Nun, ich fürchte, egal, was kommt, Kyiv wird es auf keinen Fall aus bekannten Gründen. Aber vermutlich wird man sich keinen Kopf machen müssen, wer für Kyiv einspringt.

6/10 (Kinder 5,5 und 6,75)


6. Schweden: KAJ - Bara bada bastu

Es gibt so Beiträge, da weißt du ab dem ersten Ton, dass das großartig ist. So einen Beitrag haben wir hier. Drei Kerls braten Würstchen vorm Feuer, einer hat eine Quetschkommode, und dann singen sie ein frisches, lustiges Loblied auf die Sauna, yksi, kaksi, kolme inklusive. Ich verstehe zwar kein Wort, denn zum ersten Mal seit 1998 singt Schweden wieder in Landessprache. Allein das muss man schon feiern ohne Ende. Zum Refrain kommen vier Leute in Holzfällerhemden dazu, und es wird um den Holzstapel getanzt. Trotz mangelnder Schwedischkenntnisse kann man sofort mitsingen. Zur zweiten Strophe wird der Stapel umgekippt und zur Saunabank umfunktioniert, und zum zweiten Refrain haben die Holzfäller ihre Hemden gegen Saunatücher getauscht. Das macht einfach von der ersten bis zur letzten Sekunde Spaß. Obwohl wir normalerweise nicht schwedophil sind, hätten wir das gerne als Sieger, danke, nächstes Jahr dann wieder in Sverige!

Chancen aufs Finale? Es würde mich extrem wundern, wenn das das Semi nicht gewinnt.

Stockholm 2026? Ach, Stockholm hatten wir doch schon dreimal. Malmö auch, die wollen nach letztem Jahr ja eh nicht mehr. Wie wärs für nächstes Jahr mit Göteborg? Mit Sundsvall? Mit Uppsala? 

10/10 (Kinder 9 und 8,5)


7. Portugal: NAPA - Deslocado

"Deslocado" heißt übersetzt "Fehl am Platz", zumindest wenn man der allwissenden Müllhalde glauben darf. Und dieser Songtitel hat schon fast was Prophetisches, denn nach Schweden hat dieser Beitrag amtlich die A-Karte gezogen. Dabei finden wir den Song echt schön. Kommt sehr balladig daher und ist vermutlich leider viel zu unauffällig, um was zu reißen. Anscheinend gab es in der portugiesischen VE Besseres bzw Spektakuläreres, das kann ich nicht beurteilen, weil ich die VE nicht gesehen habe. Aber nun ist es, wie es ist. Da es auf Portugiesisch ist, verstehen wir kein Wort. Trotzdem kann ich mir das besser anhören als so einiges andere. Nur das übertriebene Grimassieren sollte der Sänger noch einstellen (Kerl, Du bist doch kein Breitmaulfrosch!), und über die Bühnenklamotten sollte man auch nochmal reden.

Chancen aufs Finale? Vermutlich keine. Leider.

Lissabon 2026? Nein.

8/10 (Kinder 7,5 und 7,5)



Eurovisionsklasse 2025, Teil 1

1. Island: Væb - Róa

Na, das geht ja schon gut los. Am Anfang fühlt man sich ein wenig an den Stil von Santiano erinnert, zumindest, bis der Gesang einsetzt. Dann übernimmt eine fünfköpfige Boygroup mit Sonnenbrillen in Outfits, die aus einem Stoff geschneidert sind, der wohl von irgendwelchen Kostümpartys übriggeblieben ist und daselbst für Raumanzüge oder sowas verwendet wurde. Sie singen einen sehr eingängigen 4-Chord-Song, den wir jetzt nicht sooo schlimm finden (an den Stellen mit dem Gefiedel sogar ziemlich gut) und hüpfen stellenweise wie eine Ladung Flummis, aber es passt halt nichts zusammen. Wir haben eine gewaltige Bild-Ton-Schere, und der wilde und reichlich unpassende Backdrop hilft dabei nicht. Da ist dann noch irgendwie ein Schiff im Spiel (und da sind wir dann wieder bei Santiano), und die Herrschaften in den Raumanzugsresten werden mit Meeresgetier beworfen. Wir sind verwirrt. Vielleicht werde ich einfach langsam zu alt hierfür.

Chancen aufs Finale? Wenn, dann nur sehr, sehr knapp.

Reykjavik 2026? Ach was.

5/10 (Kinder 5 und 5)


2. Polen: Justyna Steczkowska - Gaja

Justyna, die mit 52 immer noch aussieht wie 25, will es 30 Jahre nach ihrem ersten Eurovisionsauftritt nochmal wissen. Sie haut mich nicht nur mit ihrer Optik und Stimme (ja, sie kanns noch!) aus den Schuhen, sondern auch mit ihrer Beweglichkeit. Das konnte ich in dem Alter nicht. Der Song heißt Gaja und bezieht sich vermutlich auf die gleichnamige Göttin [Edit: Nachgeguckt, ja, tut er]. Der Song ist nicht schlecht, aber sehr anstrengend und beinhaltet mir persönlich auch zu viel Geschrei. Da hätte ich dann doch lieber die hohen Töne von "Sama" von vor 30 Jahren gehabt, auch wenn dann alle Hunde in der Nachbarschaft durchgedreht wären. Die Inszenierung finden wir auch etwas seltsam - haben sich die Tänzer ihre Outfits von Nebulossa letztes Jahr geborgt? Anyway, es ist irgendwie schon wertig, aber uns zu anstrengend. Und irgendwie auch zu aggressiv.

Chancen aufs Finale? Auch hier wird es vermutlich knapp.

Warschau 2026? Nope.

5/10 (Kinder 5 und 5,5)


3. Slowenien: Klemen - How Much Time Do We Have Left?

Was hab ich mich gefreut, als es hieß, Klemen Slakonja versucht es für Slowenien. Der Mann ist ein begnadeter Komiker (guckt mal hier), deshalb hatte ich mir erhofft, dass auch was in der Richtung in seinem ESC-Beitrag durchscheint. Das Gegenteil ist indes der Fall: Er hat ein tieftrauriges Lied für seine schwerkranke Frau geschrieben. Die Inszenierung ist schlicht bis auf den Gimmick, dass er in der Mitte des Songs für eine Weile mit dem Kopf nach unten an Seilen hängt und das Lied in dieser Position weitersingt. Ansonsten ist die Musik eher lahm und der Text ziemlich in your face - für meinen Geschmack zu viel. Bekanntlich hab ich es nicht so gern, wenn man mir mit dem Holzhammer auf die Tränendrüsen kloppen will, da bin ich sofort raus. Ich würde es aufgrund der persönlichen Geschichte von Klemen gern schätzen, aber sorry: Nee. (Vielleicht kommt das ja noch.)

Chancen aufs Finale? Wenn kein Wunder geschieht, ist nach dem Semi Schluss.

Ljubljana 2026? Er darf dann gern wieder die EMA moderieren.

4/10 (Kinder 3 und 4)


4. Estland: Tommy Cash - Espresso Macchiato

Und schon wieder eine Holzhammer-Nummer, wenn auch auf ganz andere Weise. Ein reichlich unsympathisches (und in meinen bescheidenen Augen auch nicht besonders attraktives, aber was weiß ich schon) Kerlchen haut uns einen seltsamen Text in überschaubarem Italienisch um die Ohren, wo es hauptsächlich "mi amore, mi amore, espresso macchiato macchiato macchiato" heißt und noch das eine oder andere Italienklischee verbraten wird, was die Stiefellandbewohner gar nicht mal so witzig finden. Nun ist diese Idee ja nicht wirklich neu, einem ähnlichen Prinzip hatte die Gruppe "Schrott nach 8" 1984 ihren einzigen kleinen Hit zu verdanken - Nomen est in diesem Falle Omen, und "Schrott hoch 8" wäre als Name auch nicht unpassend gewesen. Aber ich schweife ab. Als Italiener*in wäre ich vielleicht auch angefressen, wenn mein Land auf derart unoriginelle, unwitzige Weise durch den Kakao gezogen wird. Andererseits: Viel Kakao, viel Ehr. Über Estland hat sich noch nie jemand unlustig lustig gemacht. Trotzdem - die Nummer ist, allem Schönhörpotenzial zum Trotze (bei den Kindern hat das Schönhören bereits eingesetzt) völlig verzichtbar. Werden wir wohl zweimal hören, aber es wird im Finale ähnlich abschneiden wie der Vorjahresbeitrag. Was diesem gegenüber eine absolute Frechheit ist, aber was willste machen ...

Chancen aufs Finale? Wie gesagt: Das hören wir zweimal.

Tallinn 2026? Um Himmels Willen, bloß nicht!

5/10 (Kinder 7 und 6)

Neue Saison, neues Glück!

Schon wieder ein Jahr rum. Die Zeit fliegt aber auch, je älter man wird, und ich bin offen gesagt froh, dass wir in all dem bekloppten Weltwahnsinn derzeit noch eine kleine Oase haben, wo man sich über so unwichtige Sachen aufregen kann wie zB warum der eigene Favorit aus Land XY mal wieder genau null Punkte bekommen hat und wie geschmacksbefreit die da alle sind. Die kleine Oase hat ja im letzten Jahr bekanntlich einiges an Federn lassen müssen, so dass man sich über vieles aufgeregt und um vieles gebangt hat, nur eben nicht um die eigenen Favoriten. Ich hoffe inständig, dass das dieses Jahr wieder anders wird, dass das im Vordergrund steht, was da hingehört, nämlich die Beiträge, und dass es das große europäische und darüber hinausgehende Völkerverbindungsfest wird, das es eigentlich sein soll. 

Trotz der hier bereits besprochenen Vorfälle ist der ESC immer noch viel, viel größer als die Egos Einzelner. Deshalb haben wir uns auch den Spaß daran nicht verderben lassen und uns wieder mit dem diesjährigen Liedangebot auseinandergesetzt. Wir wünschen allen viel Vergnügen beim Lesen, und nun rein in selbiges!