Donnerstag, 21. Juli 2011

Isle of Bella Rus’ 1956

Da ich an sämtlichen drei Terminen des heurigen eurovisionären Bardenbewerbes höchstselbst am Orte war und somit die Fernsehübertragungen lediglich hinterher am Rande mitbekam, blieb mir selbstredend auch der Großteil der üblichen dummen Kommentare erspart, mit denen Peter Ur-„Gestein“-Ban stets freigiebig um sich wirft. (Aber es sei ihm verziehen, es geht ja noch schlimmer, wie uns Steven Gätjen bewies.)
Hängen blieb mir jedoch der Kommentar bezüglich des heurigen weißrussischen Beitrages, wo Urban sinngemäß von sich gab, was wir wohl davon halten müßten, wenn nun jedes Land daherkäme und einen Sänger entsandte, der in seinem Liede die Vorzüge seiner Heimat lobpreiste. Nun, wahrscheinlich wäre dies dann der letzte Rest Individualität in einem Felde amerikanisierten Radiodudels mit „englischen“ Texten. Dabei war doch schon er allererste Grand-Prix-Beitrag von solcher Art, und er war weißgott nicht der letzte vor dem weißrussischen des Jahres 2011. Hier zunächst das Corpus delicti:



Nun zu den historischen Vorbildern: Bereits 1956 in Lugano wurde mit Jetty Paerls Liedlein „De vogels van Holland“ (muß man das noch übersetzen?) der Grundstein selbstbezogener Beiträge gelegt: Die Vögel von Holland (also nicht den gesamten Niederlanden, wohlgemerkt!) seien die bei weitem musikalischsten, weil nirgendwo die Pfützen so blau und das Gras so saftig wäre wie eben in Holland. Von den Vorzügen der Würmer, Insekten und diversen Vogelbeeren hingegen wird geschwiegen, obwohl das die vogels van Holland wohl weitaus mehr interessiert als irgendwelches Grünzeug. Wen es interessiert, wie dieses Loblied auf die Ornithologie in der niederländischen Provinz klingt, drücke auf Start:




Die Niederlande waren jedoch nicht alleine mit landesbezogener Lyrik; auch der Nachbar Belgien tat sich damit hervor. Jedoch wurden hier nicht die Vorzüge Belgiens besungen (was zu peinlicher Kürze des Liedes geführt hätte), sondern vielmehr die Hauptstadt des benachbarten Frankreich zum Orte der Trübsal herabgewürdigt: „Messieurs les noyés de la Seine“ (die Herren Etrunkenen der Seine), dargeboten vom kürzlich verstorbenen Fud Leclerc, läßt eine Reihe Männer Revue passieren, die das Leben in der angeblichen Stadt der Liebe satt haben, weil ihre Liebe nicht erwidert wird und sie daher den Gang ins Wasser wählen. Ob die französische Jury dies zu würdigen wußte, ist leider nicht bekannt, da sämtliche Ergebnisse des 1956er Wettbewerbs unter Verschluß gehalten wurden. Wer jedoch Lust auf einen Schuß Suizid im Hochsommer hat, drücke auf den Abspielknopf:


Keine Kommentare: