Dienstag, 12. Mai 2020

Lass Dich überraschen, Teil 7

Russland: Little Big - Uno

Oh mein Gott, was ist DAS? Das ist so bekloppt und over the top, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Herren mit Frisuren, für die Homens de la Luta sich weiland in Grund und Boden geschämt hätten, mit durchsichtigen Hemden über bemalten Oberkörpern (bitte sagt mir, dass das keine Tattoos sind!), die Damen mit Stimmen, für die die Sängerin von Aqua sich aus dem Fenster gestürzt hätte, und noch der eine oder andere Make-Up-Unfall. Dazu noch der eigentliche Star der Performance: Ein kleiner dicker sehr beweglicher Tänzer im Jogginganzug, für den in Rotterdam wohl einer der anderen hätte zuhause bleiben müssen - der Tänzer hätte zwingend mit gemusst! Das ganze ist scheußlich und im Grunde nichtssagend, aber eingängig wie Hölle. Ich hatte nach dem Hören definitive Verka-Serduchka-Vibes.

Das wär ihr Preis gewesen: Ich sag das ja jetzt echt nicht gern aber … "Ladies and Gentlemen, the winner of the Eurovision Song Contest 2020 iiiiiiiiis: RASCHA!"

 2/10  (Kinder: 0,5 und 1)


San Marino: Senhit - Freaky

Ach, San Marino. Nur, weil man behauptet, freaky zu sein und jede Menge lustiger Freunde mitgebracht hat, die sich allesamt gebärden, als wären sie 15 Jahre jünger, ist man noch nicht freaky, freaky, freaky. Da kann man das noch so oft sagen. Wir sind jung, wir sind cool, wir haben uns lustig verkleidet, und wir können auch sehr schön rumhopsen. So ungefähr. Aber ich hab schlechte Neuigkeiten für Euch, Leute. Man schämt sich eher ganz leicht fremd, weil diese wunderbare Scheißegal-Komponente, die zB Serhat hatte, bei Euch fehlt. Zudem stammt die Musi aus einer längst vergangenen Epoche. Okay, das tat die von "Amor pelos dois" auch, aber Senhit ist nicht Salvador, und San Marino ist nicht Portugal. Obwohl, wie war das mit Portugal vor und nach dem Salvador-Jahr? Ach, egal, nicht aufgeben, San Marino, irgendwann platzt sogar bei Euch der Knoten.

Das wär ihr Preis gewesen: Fernsehabend. Samstag. Und Donnerstag am besten auch, den Song braucht echt kein Mensch.

4/10 (Kinder:  4 und 5)


Schweden: The Mamas - Move

Die Mamas sind zurück, und dieses Mal sind sie allein. In dieser Formation sind sie genauso anbetungswürdig wie letztes Jahr mit John Lundvik. Ihr fröhlicher Gospelsong ist zugegebenermaßen nicht der stärkste im Feld, aber solides Handwerk, und man ist ja schon für so wenig dankbar in diesem Jahr. Sie machen das mit einer Verve und Stimmgewalt, dass man gar nicht anders kann, als ihnen zu Füßen zu liegen. Da sieht man auch über das nicht so gelungene Outfit der Mama mit den rötlichen Haaren locker hinweg. Die Schweden könnens halt einfach.

Das wär ihr Preis gewesen: Sichere Top 10 am Samstag mit Kratzen an der Top 5.

7/10 (Kinder: 6 und 8)


Schweiz: Gjon’s Tears - Répondez-moi

Der bessere französische Song kommt in diesem Jahr aus der Schweiz, und er wird auch besser abschneiden als Frankreich. Gjon wirkt, als würde er die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern tragen (von daher: passender Künstlername!). Der Song ist keine leichte Kost, er wirkt da sehr zerrissen, was durch den permanenten Regen im (schwarz-weißen) Video noch trefflich unterstrichen wird. Geht unter die Haut, der Song. Stimmlich ist das ganz großes Tennis, er muss da sehr hoch singen und kann das ohne Probleme stemmen. Chapeau, Schwiiz, da habt Ihr was Tolles aufgefahren!

Das wär sein Preis gewesen: Final Top 10 auf jeden Fall möglich!

8/10 (Kinder: 8 und 8)


Serbien: Hurricane - Hasta la vista

Liebe Serben, vor noch gar nicht so langer Zeit wart Ihr der zuverlässigste Qualitätslieferant des Balkans. Was habt Ihr uns nicht schon für tolle Beiträge beschert; das ging direkt mit einem Sieg am Anfang los und ließ dann auch lange nicht nach. In diesem Jahr nun schickt man ein paar ausgemusterte Bachelor-Kandidatinnen (oder wars Love Island? Egal!), deren Outfits jeder Dame käuflicher Zuneigung zur Ehre gereicht hätten. Sex sells? Mag sein. Billig sells aber hoffentlich nicht. Und das IST billig. Auch der Song. Das ist nicht mehr mein Serbien! Hasta la vista, aber zackig!

Das wär ihr Preis gewesen: Mit nem Tritt in den Allerwertesten nach Hause am Donnerstag, in die Ecke stellen und eine Woche lang keinen Nachtisch!

0/10 (Kinder: 0 und 0)


Slowenien: Ana Soklič - Voda

Sehr schöne dunkle Stimme, klassisch beginnende Ballade. Allerdings kommt die einfach nicht aus dem Quark, es dauert geschlagene anderthalb Minuten, bis der erste Refrain kommt. Das ist schon schön anzuhören, aber eben leider ein sehr plätscherndes Wasser. Da hätte ich mir dann zum Ende hin dann schon gern den reißenden Gebirgsbach gewünscht. Da hilft auch die gute Sängerin nichts mehr.

Das wär ihr Preis gewesen: Keine Chance aufs Finale. Sorry, Ana.

6/10 (Kinder: 6 und 5)


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