Donnerstag, 16. April 2020

Lass Dich überraschen, Teil 6

Norwegen: Ulrikke Brandstorp – Attention

Am Anfang dachte ich noch, das könnte was Tolles werden, dieser Streicherauftakt ist wirklich wunderschön. Aber dann kommt Ulrikke (nein, keine Wortspiele mit "Zicke"! Keine!) ins Bild, und der Beitrag hat ein sehr ernsthaftes Problem. Wenn Ihr dachtet, Leonora Colmer Jepsen wäre eine ehrgeizige Streberleiche gewesen, think again. Ulrikke guckt derartig verkniffen und angestrengt in die Kamera, dass man sich unwillkürlich fragt, was ihr da eigentlich in welcher Körperregion gerade quer sitzt. Mehr kann ich aus Rücksicht auf meine mitlesenden Kinder nicht schreiben, but you get the picture. Ich weiß nicht, ob es ihre Physiognomie oder ihre Mimik ist, aber bitte, WAS ist da gerade so anstrengend? Das Singen? Na ja, singen kann sie ja, aber sonst? Der Fummel, den sie da an hat, ist vielleicht auch ein ganz bisschen suboptimal.

Das wär ihr Preis gewesen: Natürlich ist das Juryfutter vom Feinsten. Dürfte in etwa ein Ergebnis wie Lake Malawi im letzten Jahr einfahren, vor allem bei den Einzelvotings. Der von Ulrikke im ESC-Kompakt-Interview für möglich gehaltene ESC-Sieg wäre es wohl nicht geworden.

6/10 (Kinder: 4,5 und 5)


Österreich: Vincent Bueno – Alive

Hui, Vincent ist wirklich ein Hübscher, und wenn er anfängt zu singen, schreckt man sofort aus dem Sekundenschlaf wieder hoch. Der Song, den er da am Start hat, erfindet das Rad zwar nicht neu, lässt sich aber gut anhören. Die Zielgruppe bin aber eh nicht ich, die dürfte um einiges jünger sein als ich. Bewegen kann er sich auch, kann man nix gegen sagen. Nicht so stark wie vieles aus der letzten Vergangenheit, aber stark genug, um nach einem Jahr Pause wieder zweimal zu singen.

Das wär sein Preis gewesen: Wie gesagt: Zwei Auftritte. Für was es dann beim zweiten gereicht hätte? Aucune idee. Mittig, denk ich mal.

7/10 (Kinder: 6 und 8)


Polen: Alicja Szemplińska – Empires

Und hier jetzt das krasse Kontrastprogramm. Wir haben eine junge Dame ganz in weiß, die im Gesicht aussieht wie die kleine Schwester von Anja Nissen. Sie steht da ganz in weiß hinter ihrem Mikrofon und bewegt sich ungefähr soviel wie Jurijus aus Litauen letztes Jahr. Muss sie im Gegensatz zu ihm bei ihrer Ballade (alles so schön dramatisch hier) zum Glück aber auch nicht. Denn ihre Stimmfarbe ist zwar ußergewöhnlich, schön rumjodeln kann sie auch, aber jetzt kommt leider das große Manko. Ihre Bewegungen wirken einstudiert (wie gesagt, glücklicherweise tanzt sie nicht), und sie hat NULL Bühnenpräsenz. That screams "Castingshowgewinnerin" auf hundert Meter Entfernung. Die Sorte Castingshow, wo alle gleich singen und gleich aussehen. Meine Kinder wollten es ja nicht glauben, aber ich hab es nachgeschaut: Es is so. Und den Schluss hat sie leider auch verkackt. Bis auf die Stimme ist da leider nicht so richtig viel.

Das wär ihr Preis gewesen: Ich glaub, das wäre sehr eng geworden mit dem Finale. In einem Jahrgang mit so vielen Balladen braucht man schon ein bisschen mehr als nur eine gute Stimme.

6/10 (Kinder: 5 und 6)


Portugal: Elisa – Medo de Sentir

Oh-kay. Nach jetzigem Stand der Ermittlungen hätte Portugal in diesem Jahr auf jeden Fall klar gewonnen. Zwar nur beim Barbara-Dex-Award, aber well - was gewonnen is was gewonnen, Mylords'n'ladies! Mein Gott, wie kann man so eine schöne Frau in klamottiger Hinsicht nur so verunstalten? Und die am Klavier ist ja kaum besser angezogen. Na ja, hätte man ja noch nachbessern können. Der Aufbau mit den beiden Sängerinnen und die Zartheit des Ganzen erinnerte uns stellenweise ein wenig an "O Jardim". Leider gereicht das dem Ganzen nicht unbedingst zum Vorteil, denn am Schluss, wo es dramatischer wird, fehlt es der süßen Elisa eindeutig an Stimme. Da müsste mehr kommen. Oder vielleicht gerade auch nicht. Ach, was weiß denn ich.

Das wär ihr Preis gewesen: So hübsch das ist: Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir das zweimal gesehen hätten.

6/10 (Kinder: 5,5 und 6)


Rumänien: Roxen - Alcohol You

Roxen hat sich Strasstränchen ins Gesicht geklebt, damit auch der letzte Depp mitbekommt, dass sie traurig ist. Das ist auch nötig, an der Sprache ihres Songs (meistverwendete Sprache in der Eurovision? Nein, es ist nicht Englisch. Es ist schlechtes Englisch) hätten wir es nämlich naturgemäß nicht erkannt. Es kann aber auch sein, dass das am alkoholbedingten Nuscheln enthält. Darum geht der Song nämlich: Was macht man, wenn man Liebeskummer hat? Is klar, oder? Man knallt sich die Hucke voll und ruft den Liebsten an. Das "Alcohol you" klingt bei ihr wie "I ca-hall you", und dann macht der ganze Text auf einmal Sinn. Großartiges Wortspiel großartig umgesetzt, das muss man mal neidlos anerkennen.

Das wär ihr Preis gewesen: Ich geh mal davon aus, dass die letzten beiden Jahre Ausrutscher waren. In diesem Jahr wäre Rumänien wieder ins Finale gekommen und je nach Inszenierung auch in die vordere Hälfte.

5/10 (Kinder: 6,5 und 6,5)

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