Ihr Lieben, ich möchte Euch in diesen traurigen Tagen gern einfach mal alle virtuell in den Arm nehmen. Mir war gestern so hundeelend, dass ich erstmal eine Nacht über alles schlafen wollte und vielleicht auch insgeheim gehofft habe, dass ich heute aufwache und alles nur ein böser Traum war. Meine Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine und auch bei denen in Russland, von denen viele, viele, viele überhaupt nicht wollen, was da passiert. Das ist nicht Russlands Krieg. Das ist Putins Krieg.
Die UEFA hat gerade das Champions-League-Endspiel von St. Petersburg nach Paris verlegt.
Der internationale Ski-Verband FIS hat sein Snowcross-Weltcup-Rennen in Russland fürs Wochenende NICHT abgesagt. Soeben war die Quali - mit rein russischer Beteiligung. Alle anderen Verbände haben zurückgezogen.
Der EBU hat Russland trotz einer entsprechenden Bitte aus der Ukraine bisher noch nicht vom ESC ausgeschlossen. Der ESC sei ein nichtpolitisches kulturelles Event, man werde die Lage aber weiter genau beobachten. Glücklicherweise gab es schon die ersten Proteste dagegen (zB aus Schweden), weitere werden hoffentlich folgen. Der EBU könnte etwas Ähnliches blühen wie der FIS und sie kommt hoffentlich mit ihrer derzeitigen Haltung nicht durch!
Ich hab es hier schon verschiedentlich geschrieben, und auch im Brief des ukrainischen Senders steht es zu lesen: Der ESC wurde nach dem zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen, um Europa in einem friedlichen Wettstreit zu vereinen. Ein Land, das in dieser Weise das Völkerrecht verletzt (und dann auch noch gegen ein anderes EBU-Mitglied), hat bei diesem Wettstreit nichts verloren. Der ESC war nie unpolitisch, auch wenn die EBU das immer so gern behauptet. Man kann nicht über Dinge singen, die einen bewegen, und dabei die Politik komplett außer acht lassen, und das passiert auch und gerade in den letzten Jahren immer weniger. Dass man nicht Tür und Tor aufmacht, damit jeder jeden munter diffamieren kann, ist eine begrüßenswerte Haltung. Aber mit dem Einmarsch Russlands in und den Angriffen auf die Ukraine wurde eine Grenze überschritten.
Hier muss die EBU eine klare Kante zeigen und den russischen Sender bis auf weiteres ausschließen. Damit ist dann auch eine Teilnahme am Eurovision Song Contest nicht möglich.
Es heißt bei der Punktevergabe nicht "...and 12 points go to Artist XY", sondern "12 points go to Russia". Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Egal, wie der teilnehmende Künstler zu dem steht, was die Regierung seines Landes da tut, er würde damit gemein gemacht. Da ist eigentlich so gut wie niemandem zuzumuten, der nicht gerade Kreml-Hardliner ist. Und einen solchen wollen wir in Turin auf der Bühne ohnehin nicht sehen, denn dann können wir davon ausgehen, dass der ESC für lustige Propaganda missbraucht wird und der Kreml sich mal wieder als Gewinner fühlt. Anderswo wird der Wettbewerb um einiges ernster genommen als bei uns, und ich bin mir sicher, man hätte im Kreml nichts dagegen, die EBU mal eine Runde am Gängelband durch die Arena zu führen.
Natürlich ist es nur ein Song Contest, und außerhalb der Bubble interessiert das wahrscheinlich gerade kaum jemanden. Dennoch wäre ein Ausschluss Russlands ein Zeichen dafür, dass man sich zu den Werten bekennt, auf deren Basis der ESC einst ins Leben gerufen wurde. Ein Nichtausschluss würde wohl eher auf das Gegenteil hindeuten ...
Ich hoffe inständig, dass die Frage "kommt Russland zum ESC oder nicht" uns in der nächsten Zeit überhaupt noch interessiert und nicht von viel schlimmeren und drängenderen Dingen überlagert wird.
5 Kommentare:
Hmm, Georgien konnte man für "We Don't Wanna Put In" die Teilnahme versagen, Russland aber wegen eines Angriffkrieges auf ein anderes EBU-Mitglied nicht?
Manchmal ist denen echt nicht zu helfen.
Ich denke, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Finnen haben gerade angekündigt, dass sie zurückziehen, wenn Russland nicht suspendiert wird. Und ich denke, sie werden nicht die Einzigen bleiben.
And done...
EBU statement regarding the participation of Russia in the Eurovision Song Contest 2022
Jupp. Da hamwer uns gekreuzt.
Ich kann all das, was Du geschrieben hast, liebe Tamara, absolut nachvollziehen.
Die EBU hat, spät, aber doch, richtig gehandelt.
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