oder One Minute in the stars, next minute lying on your face.
Man hätte es wissen können: Manche Eurovisionsgesetze ändern sich einfach nie. Startnummer 2 gewinnt genauso wenig wie Startnummer 16. Die Ukraine macht aus Sch**** immer Gold. San Marino wird niemals die Final-Top-20 knacken. Armenien bekommt aus Aserbaidschan keine Punkte.
Und in Deutschland gewinnt die Wildcard.
Nun gut, es war nur eine halbe Wildcard, aber es scheint kein Weg dran vorbei zu gehen: Wenn es irgendwas gibt, was entfernt nach Wildcard aussieht, dann gewinnt das. Selbst wenn manchmal der wirkliche Gewinner erst seinen Platz räumen muss wie vor vier Jahren.
Dabei hatte alles so schön angefangen. Meine Kinder und ich haben uns seit Wochen auf einen schönen Mädelsabend gefreut. Die Vorberichterstattung klang recht vielversprechend. Es gab drei bis vier Songs, die man sich in Tel Aviv richtig gut vorstellen mochte, da musste es doch möglich sein, eine gute Wahl zu treffen.
Denkste.
Aber der Reihe nach. Die von mir sehr verehrte Babsi nach einem Jahr Pause wieder als Moderatorin an Bord. Linda Zervakis hat das Ganze vor einem Jahr offensichtlich so viel Spaß gemacht, dass sie es dieses Jahr nochmal machen wollte. Die Damen machten das dann auch sehr solide, wobei das größte Faszinosum eindeutig die "Kunschd" an Babsis linkem Oberarm war (nich anpacken!). Man wusste, was man bekommt, und genau das hat man bekommen. Linda hätte ich jetzt nicht zwingend gebraucht, aber sie störte mich auch nicht und lieferte immerhin den Sidekick für ein paar nette Schöneberger-Pointen. Anders war das mit den beiden Herren in der Runde. Dass ich weder Urban- noch Schultefreundin bin, dürfte jeder Leser dieses Blogs irgendwann mal mitbekommen haben. Was DAS sollte, weiß ich nicht, wobei mich der Michel in der Kommentatorenkabine wesentlich weniger genervt hat als der Urban.
Apropos Michel: Nach dem Vorjahresergebnis war das wohl unvermeidlich. Da ist mir erstmal aufgefallen, dass wir unsere Loserinnen der letzten Jahre nie im Folgejahr in die Show eingeladen haben. Eigentlich schon schäbig. Haste Erfolg, darfste kommen. Biste der Loser, wirste abgeschossen. Immerhin, Schultes neuen Song fand ich um einiges besser als seinen ESC-Beitrag.
Das Pausenprogramm mit Revolverheld, Udo Lindenberg (der sich das unsägliche Lou-Reed-Cover besser gespart hätte) und Andreas Bourani war arg in die Länge gezogen, da hätte es auch weniger getan. Als die Beiträge um kurz vor halb zehn alle durch waren, habe ich mich gefragt, womit man eigentlich den Rest des Abends füllen will. War die Auszählung / Entscheidung wirklich so umständlich, dass man das nicht ein bisschen hätte kürzen können?
Toll dagegen der Auftritt von Lovely Lena. Von ihr hätte ich tatsächlich gern noch mehr gehört, Das fand wohl auch das (sowieso großartige) Publikum, das sie frenetisch feierte.
Ob es diese Dreiteilung im Abstimmungsverfahren braucht, sei mal dahingestellt. Es hätte letztlich an der Ticketvergabe nichts geändert. Die Einbindung der 20 Experten finde ich trotzdem gut, so kommt man endlich mal aus diesem Im-eigenen-Saft-schmoren raus. Die Meinung der 100 Eurovisionsbegeisterten waren insofern interessant, als sie ganz anders war als die Publikumsmeinung. Aber warum um alles in der Welt hat man ausgerechnet William Lee Adams als eine der beiden Spokespersons auserkoren? Nach der Sache in Rumänien letztes Wochenende war das mindestens mal mutig. Man hätte ihn einfach im Hintergrund lassen und jemand anderen als Sprecher wählen können. Nun gut.
Kommen wir zu den Beiträgen.
1. Gregor Hägele - Let me go
Im Vorfeld hatte ich ja schon ein bisschen Bedenken. Wenn es von jemandem heißt, dass er auf der Bühne lieber Wohnzimmeratmosphäre hat, dann kommen Erinnerungen an einen gewissen Vorfall 2015 hoch. Aber das hatte sich schnell erledigt, es war schnell klar, dass Gregor keine Chance haben wird. Sein Lied war schön, mutete etwas schulte-esk an, aber Gregor hat bei seiner Verabredung mit den Tönen leider nicht allzu viele getroffen. Das war zu wenig. Eine schöne Sache gab es dennoch: In der (wie auch alle anderen viel zu langen) Postkarte war der Chinesische Garten in Stuttgart zu sehen. Falls Ihr mal hier seid: Geht hin! Es ist wunderschön dort und kostet obendrein keinen Eintritt!
2. Aly Ryan - Wear your love
Ja, doch. Attraktive und kompetente Sängerin, Kostümwechsel in der ersten Minute, der doch recht deutlich von Zypern 2018 inspirierte Song ist zwar nicht zwingend my Cup of Tea, wäre aber keine schlechte Wahl gewesen. Meine Kinder fühlten sich etwas an Iveta Mukuchyan erinnert, wobei Aly an deren Bühnenpräsenz nicht ganz rankommt. Alles in allem eigentlich keine schlechte Sache, wäre da nicht die völlig übertriebene Lightshow gewesen, die vermutlich als der letzte Schrei rüberkommen sollte, zumindest mich aber einfach nur abgelenkt und irgendwann auch genervt hat. So hässlich ist Aly doch nun wirklich nicht, dass man ständig ihr Gesicht verdunkeln muss. Das hat dem Beitrag wohl leider alle Chancen geraubt. Vielen Dank auch, Lichttechnik.
3. Makeda - The day I loved you most
(Ich will die ganze Zeit Miriam Makeba schreiben). Wie man es besser macht, konnte man eine Startnummer dahinter bewundern. Makeda hat jede Menge Bühnenerfahrung, and it showed. Dazu kann diese Frau richtig, richtig gut singen. Sehr reduzierte Inszenierung mit voller Konzentration auf Makeda, ganz in Gold. Sie holte aus ihrer sehr, sehr klassischen Ballade alles raus, was rauszuholen war.
4. BB Thomaz - Demons
Wer hat denn diese Startreihenfolge ausgeklöppelt? Ausgerechnet die beiden sich optisch am ähnlichsten sehenden Damen hintereinander starten zu lassen war aber nicht nett. BB Thomaz wurde dann auch von Makeda vor ihr und vor allem von Lilly hinter ihr pulverisiert. Von ihrem Auftritt ist mir kaum noch was in Erinnerung außer den beiden "Dämonen". Mit Treppen hat Schland ja schon mal eine sehr böse Erfahrung gemacht, und da war der Song bedeutend besser.
5. Lilly among Clouds - Surprise
Alle, die mit mir zusammen geschaut haben, waren sich einig: Das muss nach Tel Aviv. Tolle Frau, tolle Stimme außergewöhnlicher Song, gewagte Performance. Das stach so dermaßen aus dem restlichen Feld raus, dass wir uns sicher waren: Das fährt nach Tel Aviv. Meine Freunde fragten mich, ob ich glaube, dass das in Tel Aviv gewinnen kann. Das nicht zwingend, aber ein Achtungserfolg wäre dringewesen, und im Zweifelsfall sollte mein Land lieber mit Grandezza untergehen als mit Langeweile. Leider war der Song wohl zu ungewöhnlich für den schnöden Pöbel, auch waren die Ausschnitte in den Schnelldurchläufen nicht optimal. Ewig schade drum.
6. Linus Bruhn - Our City
Sehr gefällig. Linus ist ein Hübscher und der Song war durchaus okay. Klang ein bisschen wie direkt aus Schweden importiert. Damit hätten wir uns sicher nicht blamiert und auch keinen letzten Platz eingefahren. Als er von den Experten die ersten beiden 12er bekam, dachte ich bei mir "Na gut, von mir aus, wenn's denn muss". Tja. Wäre das entschieden kleinere Übel gewesen.
7. S!sters - Sister
Boah, ich war mir so sicher gewesen! So sicher, dass das Letzter wird - oder zumindest vor Gregor Hägele Vorletzter! Die Klamotten: Grausam. Der Song: Plastik, das vorher schon zusammengeschustert wurde, bevor klar war, wer den singt. Die kurz vorher zusammengecasteten Sängerinnen: Hysterische Castinghühner, nicht mal sympathisch. Alle anderen Beiträge waren wie aus einem Guss, dieser hier nicht. Die Drehscheibe war ganz nett, aber das wars auch. Dass die internationalen Experten das aus Versehen ganz nach vorne setzen, mag noch ein Unfall gewesen sein. Aber, "liebe" deutsche Fernsehzuschauer: WAS? SOLLTE? DAS?
Oh Mann. Das muss man erstmal hinkriegen. Lilly wärs gewesen. Von mir aus auch Makeda, Aly (mit anderer Lightshow) oder zur Not auch Linus. Aber dieses beliebige Liedchen?
Nun gut, es ist wie es ist. Den letztjährigen deutschen Beitrag hab ich immerhin noch leidenschaftlich gehasst. Dieser hier ist mir einfach nur - scheißegal. HMPF.
Dann hoffe ich mal, dass irgendeins der anderen Länder was hat, das mich begeistert. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Anyway, ich wünsche Euch allen eine pläsierliche Saison!
Samstag, 23. Februar 2019
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2 Kommentare:
Yay! Ein neuer Post!
Und ganz zufällig bringst du da genau meine Meinung auf den Punkt, außer dass mir auch Linus nicht so gefiel. Mit Aly und Makeda hätte ich gut leben können, aber Lily wäre einfach ein Hammer gewesen.
Tja, wir sind in Deutschland, und das ARD-Publikum wird nie aussterben. Meiner Mama gefielen die S!sters am besten, auch wenn sie sie ebenfalls nicht sehr sympathisch oder echt fand...
Na, was soll's. Ich fiebere dieses Jahr mit Australien und Tschechien mit und hoffe, dass wenigstens einer von beiden das Finale erreicht. Und es kommen ja auch noch Massen an Songs...
Tsünische Tsunge, diese Stuttgarterin.
Aber dafür liebe ich sie.
Danke, liebe Tami, für Deine großartigen Zeilen.
Und ich will Dir Hoffnung machen:
Die S!sters, sympathisch oder nicht, waren keine üble Wahl.
Ich rechne mit einer ähnlichen Platzierung wie bei Michael Schulte.
Fingers crossed!
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