Donnerstag, 10. März 2011

Aus der Reihe: Was uns vorenthalten wurde. 2011er-Spezialausgabe Teil 3

Munter weiter im traurigen Vorspiel zum Grand Prix in Düsseldorf:

Israel geht wie Deutschland auf Nummer sicher und entsendet eine ehemalige Siegerin nach Düsseldorf: Die erschreckend gealterte und nur noch durch kiloweise Spachtelmasse zusammengehaltene Dana International (bekannt durch ihren 98er Sieg mit „Diva“ sowie so ziemlich sämtliche großstädtische CSD danach) darf uns im Mai mit „Ding Dong“ (bekannt durch die EAV) beglücken, und der debile Titel hält wirklich, was Dana verspricht. Nun erwartet niemand, daß aus der schon damals reichlich stimmlabilen Dana plötzlich über Nacht eine Soulröhre erster Kajüte herangewachsen wäre, ebenso wenig wie man irgendwelche stimmlichen Maßstäbe konservativer Art einer Lena oder Jedward anlegen darf. Jedoch paßt man einer Lena eben entsprechend das Liedgut an ihre wie auch immer gelagerten Fähigkeiten an und verpaßt Jedward kräftige Chorknaben, damit man wenigstens erahnen kann, wie das Lied klingen soll, aber für Dana trifft weder das eine noch das andere so richtig zu: Zwar ist ihr Lied ein schäbiger 90er-Jahre-Billigstampfer und somit bestens geeignet, von Nichtstimmchen geträllert zu werden, aber selbst das bißchen, was sie hatte, hat sich die großenteils 39jährige weggeraucht. Und Unterstützung vom immerhin fünfköpfigen aber erschreckend schwachstimmigen Chor hat sie auch nicht zu erwarten. Aber was soll es, die „Sieger will ich immer wieder“-Fraktion unter den ESC-Fans darf ihrem Kulte weiterfrönen, derweil der Rest der Menschheit feststellen darf, daß Dana eines der schwächsten Lieder eines ohnehin schon schwachen Kdam hatte.
Eine schöne Alternative wäre dagegen der zottelfrisurige Michael Greylsummer nebst Gattin Shimrit gewesen, deren Titel „Tu du du“ auf den ersten Blick zwar genauso schwachmatisch daherkommt wie Danas Dingdong, sich aber dann als ein überraschend angenehmes Stück Weltmusik in einer Mischung aus Französisch und Hebräisch herausstellt. Wen das offenkundige Unvermögen israelischer Tontechniker nicht schrecken kann, drücke nun auf den Startknopf:





Immer mindestens eines folgender drei Dinge läßt sich in schöner Regelmäßigkeit bei den Siegern der Vorentscheide in Litauen feststellen:
1. Litauer können nicht singen
2. Litauer können kein Englisch
3. Litauer können keine Musik
Dieses Jahr waren es mal wieder Punkte zwei und drei, denn Evelina Sašenko kann durchaus singen, nur leider ist es ein sterbenslangweiliger Musical-B-Seiten-Song, der auch durch seine neckische französische Titelzeile „C’est ma vie“ (Das ist mein Leben) nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß für diesen Schmachtfetzen kein anständiger Musicalautor je ein Notenblatt befleckt hätte. Folglich steht Litauen einmal mehr schon bei den Wettquoten am unteren Ende, und man möchte schadenfroh zurufen: „Selber schuld!“ Denn es gibt durchaus Beiträge in litauischen Vorentscheiden, wo es nur an Punkt zwei hapert, und selbst das müßte nicht sein, denn schließlich werden Litauer nicht gezwungen, Englisch zu singen, nicht so wie früher, als man sie noch zwang, Russisch zu parlieren. Aber andererseits haben mangelnde Englischkenntnisse auch Länder wie die Ukraine oder Rußland nicht am Sieg gehindert.
Ein schönes Beispiel für verpaßte Chancen der Litauer ist ein Dauergast der dortigen Vorentscheide namens Mino. Dieses Jahr reichte er seine durchaus ansprechende Single „Angelai“ (Engel) ein, die er leider für den Wettbewerb verenglischte und daraus „Don’t Go“ (Geh nicht) machte. Die Darbietung mit Violinensaiten auf dem Rücken weißgewandeter, wohlgeformter Damen war schon beinahe eurovisionsreif, nur leider sind es die Litauer nicht, die den Barden gleich in der ersten von drei Vorrunden auf Platz 7 von 14 aus dem Rennen werfen. Nun denn, wir können uns auf ein weiteres litauenfreies Finale freuen und so lange Minos Auftritt genießen:



Ein abschreckendes Beispiel, was dabei herauskommt, wenn Juryhörigkeit, Englischgläubigkeit, Generation Klingelton sowie Abstimmung allein nach landsmannschaftlichen Gesichtspunkten zusammentreffen, hat heuer Österreich geliefert. In Nadine Beilers melodiefreier Gruselschmonzette „The Secret is Love“ vereinen sich so ziemlich alle Attribute, für die der ESC belächelt und verspottet wird, und das mit Recht: „Ballade“ in sog. „Englisch“ von irgendeiner noch frisch im Gedächtnis haftender Castingmaus aus einem Bundesland, das mit Vorliebe sich selbst und alle seine Ausgeburten für am besten hält (Tirol, so eine Art Bayern Österreichs). Ja, natürlich ist das im Vergleich zu den Poiers und Global Kryners der jüngsten Vergangenheit der „würdigere“ (oder halt langweiligere) Beitrag, aber seit wann geht Österreich beim ESC den Weg des geringsten Widerstandes? Zumal im Superfinale zwei überaus chancenreiche Alternativen waren.
Da wären zum einen Klimmstein aus der Steiermark, die sich für ihren eindeutig mehrdeutigen Titel „Paris Paris“ internationale Verstärkung in Form von Joe Sumner (Sohn von Heulboje Sting) holten und in drei Sprachen (Englisch, Steirisch, versuchtes Französisch) drauflosrockten sowie den größten Favoriten, den Trackshittaz, die im oberösterreichischem Dialekt zum Tanzen aufforderten. Und während Nadine sich im Semifinale erst mal an der direkten Konkurrenz aus der Slowakei (moderner), Ukraine (ostiger) und Slowenien (attraktiver) abarbeiten muß, können wir weiterhin darüber fabulieren, wo die Schluchtenscheißer mit den konkurrenzfreien Tonspurscheißern gelandet wären:



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