Dienstag, 12. April 2022

ESC 2022: Erste Hälfte der ersten Hälfte des zweiten Semis

Liebe Freunde,

1000x Entschuldigung, dass wir hier so eine lange Pause gemacht haben - manchmal schlägt das Real Life zu, manchmal die Unlust, bei uns wars beides. But now we are back. Wir haben in den letzten Tagen den Rest vom Fest durchgehört, was, soviel darf ich schon mal verraten, weiß Gott nicht immer pläsierlich war. Nach erfolgter Notengebung kommen nun meine ausführlichen Eindrücke, und ich hoffe, Ihr habt Spaß beim Lesen.

Off we go!


Aserbaidschan: Nadir Rustamli - Fade To Black

Hab ich da ein Duduk gehört? Beziehungsweise das aserbaidschanische Pendant? Wenn ja, wäre das so ziemlich das einzige Eigenständige in diesem Beitrag, der ansonsten eine .... äh ... wie sag ich das jetzt nett? ... 1:1-Hommage an "Tout l'Universe" ist. Ja, is irgendwie schön, aber auch irgendwie sehr langweilig. Ach Azedaze. Wir würden ja so gern mal was von Eurer eigenen Kultur kennenlernen (über das Azeri-Duduk hinaus!), gern auch in Eurer eigenen Sprache. Aber an dem Tag, an dem Aserbaidschan mal was wirklich Eigenständiges zum ESC schickt, wird Buttermilch vom Himmel fallen, werden Milch und Honig fließen und die AfD sich sofort freiwillig auflösen. Das ist gewisslich wahr.

Chancen aufs Finale? Wahrscheinlich schon.

Baku 2023? Ach was.

5/10 (allerdings mit gewaltigem Schönhörpotenzial. Kinder: 3 und  5-)


Australien: Sheldon Riley - Not The Same

Australien entwickelt neuerdings ein Faible für die ganz große Extravaganza. Nach Montaigne jetzt Sheldon, der eine zugegebenermaßen herausragend gute Stimme hat, aber das Lied geht mir entschieden zu sehr ins Jammerige. Vor allem aber verstört mich die Optik auf allen möglichen denkbaren Ebenen. Fingernägel, für die Edward mit den Scherenhänden einen Mord begehen würde. Ein Tüllgebamsel, für das Conchita einen Mord begehen würde. Und ein Strassgebamsel vorm Gesicht, für das ich einen Mord begehen würde (allerdings würde ich das nicht vorm Gesicht tragen, sondern auseinanderbauen und zu was Vernünftigem verarbeiten, aber das nur nebenbei). Nervt das eigentlich nicht? Mich würd das nerven, allerdings lassen sich damit höggschd dramatische Choreo-Ideen umsetzen. Am Ende kommt das Strassgebamsel weg, und wir sehen einen gar nicht mal unhübschen Kerl mit Strasslidschatten (ach, schon wieder Strass!), der leider immer noch rumjammert. Ist bestimmt große Kunschd, aber uns erreicht das ja mal grad so gaaaar nicht.

Chancen aufs Finale? Knapp.

Somewhere in Europe 2023? Ja, schon. Aber bestimmt nicht, weil das hier gewonnen hat.

3/10 (Kinder: 3  und 3-4)


Finnland: The Rasmus - Jezebel

Ha, auf die Finnen ist doch Verlass! Endlich mal ein bisschen Radau inne Hütte. Der Song kann auch wirklich was. Sonst hängen sich ja immer alle an den Vorjahressieger dran, aber damit siehts in diesem Jahr verhältnismäßig mau aus. Da ist man als Fan von Radau fast jeder Couleur schon froh, wenn es überhaupt mal jemand macht. Apropos Couleur: The Rasmus are sponsored by UHU, Borussia Dortmund und der Biene Maja. Schwarzgelb aller Orten, sogar bei den Saiten des Basses. Da ist man konsequent. Optisch ist das eher die dunkle Saite, pardon, Seite von GlamRock, das fängt bei der Frise des Leadsängers an (Bienenfresserflügel? Irgendwie hängt doch alles mit allem zusammen) und hört beim Abwurf seines knallgelben Kunstpelzmantels noch lange nicht auf. Dass er da am Ende oberkörperfrei rumsteht, macht die Sache nicht besser, aber anscheinend muss das bei Glamrock so. Liebe Finnen, das üben wir bitte noch. Aber: Der Song ist gut.

Chancen aufs Finale? Ja, aber sischer dat! 

Helsinki 2023? Eher nicht so.

7/10 (Kinder: 6 und 6)


Georgien: Circus Mircus - Lock Me In

Hei jei jei, die kaukasische Wundertüte macht diesem Spitznamen mal wieder alle Ehre. Wenn sich ein Act schon "Circus Mircus" nennt, dann kann man ja auch Wunderdinge erwarten kann. Wie genau die aussehen, wissen wir allerdings noch nicht, denn die Truppe hat aus Protest gegen den russischen Einmarsch in der Ukraine ihr offizielles Video rausgenommen und den "Video unavailable"-Bildschirm mit dem Text "This artist condemns russia's invasion of Ukraine" versehen. Musikalisch ist das auf jeden Fall wieder Wundertüte aus der Reihe "Wie packe ich möglichst viele Akkorde in einen Song?". Leider fehlt dem Ganzen komplett die Struktur. Ich fürchte, das schneidet so ab wie die beiden anderen Akkordwundertüten-Songs von 2014 und 2018. (Immer im Vier-Jahres-Takt? Zufall?)

Chancen aufs Finale? Siehe oben. Es sei denn, die Performance ist ein derartiger Burner, dass man nicht anders kann, als dafür abzustimmen. Am Song wird es aber nicht liegen.

Tbilisi 2023? Öh ... wie meinen bitte?

5/10 (Kinder: 3-4 und 4)


Israel: Michael Ben David - I.M.

Ich frage mich, wie ich das Gesamtpaket wohl fände, wenn ich nur den akustischen Eindruck kennen würde. Wahrscheinlich besser. Das offizielle Video buhlt doch schon SEHR um die Kernzielgruppe es Wettbewerbs, zu der ich nun mal einfach schon qua Geschlecht nicht gehöre. Auf solche Art ausgeschlossen zu werden missfällt mir, und den Song mag ich auch nicht. Dennoch wünsche ich Michael nur das Beste, denn wie esckompakt heute vermeldete, wäre seine Teilnahme in Turin nach aktuellem Stand aufgrund eines Streiks im israelischen Außenministerium nicht möglich. Es gibt zwar das Backup-Tape, so dass Israel vermutlich dennoch teilnehmen könnte, aber das wünscht man keinem der Künstler. Ich hoffe für Michael, dass die Situation sich bis in drei Wochen so entspannt hat, dass er nach Turin reisen kann!

Chancen aufs Finale? Wahrscheinlich schon.

Tel Aviv 2023? Die waren doch erst da.

2/10 (Kinder: 5 und 2)

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